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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Zweyter Abschnitt.

3. Von Jesu kann ich lernen zu schweigen, wo etwa Haß
und Stolz zu reden fertig ist, und da zu reden, wo Menschen-
furcht so leicht schweigt.

4. Gott verschafft der gekränkten Unschuld auch oft an ihren
Verfolgern eine Stütze.

5. Wie wichtig ist jedes Zeugniß von der Unschuld Jesu für
meine Ueberzeugung, daß Jesus Gottes Sohn ist!

28. Absendung Jesu an Herodem.

Vielleicht befürchteten die Juden, Pilatus möchte sich
durch das stille und gelassene Betragen, welches Jesus bey
allen ihren Beschuldigungen äusserte, zum Mitleiden gegen
ihn bewegen lassen. Daher setzten sie Pilato noch heftiger
zu, und sagten: Dieser hat das Volk durch seine
Lehren aufgewiegelt: und nicht nur hie und da hat
er seine aufrührischen Lehren ausgebreitet, sondern
er hat in dieser Absicht von Galiläa aus, wo er den
Anfang gemacht, ganz Judäa durchzogen und selbst
diese Stadt mit seinen Lehren erfüllet.
Sobald Pi-
latus Galiläam nennen hörte, so erkundigte er sich, ob et-
wa dieser Mensch ein Galiläer wäre? Als er nun er-
fuhr, daß Jesus eigentlich unter des Herodis Antipä Ge-
richtsbarkeit gehörte, so sendete er ihn an diesen König, der
sich eben jetzt zu Jerusalem aufhielt, das Osterlamm zu
feyren. Herodes war schon längst begierig gewesen, Je-
sum von Person kennen zu lernen, weil er viel Ausser-
ordentliches von ihm gehöret und sich bisher vorgestellt hat-
te, daß Jesus der Johannes seyn müßte, den er hatte ent-
haupten lassen. Er freuete sich daher nicht wenig, als er
seinen Wunsch erfüllt sahe. Er machte sich Hofnung,
Jesus würde ein Wunderwerk vor ihm verrichten; er that
daher vielerley Fragen an ihn, auf welche ihm aber Jesus
keine Antwort gab. Die Hohenpriester und Schriftge-

lehr-
Zweyter Abſchnitt.

3. Von Jeſu kann ich lernen zu ſchweigen, wo etwa Haß
und Stolz zu reden fertig iſt, und da zu reden, wo Menſchen-
furcht ſo leicht ſchweigt.

4. Gott verſchafft der gekränkten Unſchuld auch oft an ihren
Verfolgern eine Stütze.

5. Wie wichtig iſt jedes Zeugniß von der Unſchuld Jeſu für
meine Ueberzeugung, daß Jeſus Gottes Sohn iſt!

28. Abſendung Jeſu an Herodem.

Vielleicht befürchteten die Juden, Pilatus möchte ſich
durch das ſtille und gelaſſene Betragen, welches Jeſus bey
allen ihren Beſchuldigungen äuſſerte, zum Mitleiden gegen
ihn bewegen laſſen. Daher ſetzten ſie Pilato noch heftiger
zu, und ſagten: Dieſer hat das Volk durch ſeine
Lehren aufgewiegelt: und nicht nur hie und da hat
er ſeine aufrühriſchen Lehren ausgebreitet, ſondern
er hat in dieſer Abſicht von Galiläa aus, wo er den
Anfang gemacht, ganz Judäa durchzogen und ſelbſt
dieſe Stadt mit ſeinen Lehren erfüllet.
Sobald Pi-
latus Galiläam nennen hörte, ſo erkundigte er ſich, ob et-
wa dieſer Menſch ein Galiläer wäre? Als er nun er-
fuhr, daß Jeſus eigentlich unter des Herodis Antipä Ge-
richtsbarkeit gehörte, ſo ſendete er ihn an dieſen König, der
ſich eben jetzt zu Jeruſalem aufhielt, das Oſterlamm zu
feyren. Herodes war ſchon längſt begierig geweſen, Je-
ſum von Perſon kennen zu lernen, weil er viel Auſſer-
ordentliches von ihm gehöret und ſich bisher vorgeſtellt hat-
te, daß Jeſus der Johannes ſeyn müßte, den er hatte ent-
haupten laſſen. Er freuete ſich daher nicht wenig, als er
ſeinen Wunſch erfüllt ſahe. Er machte ſich Hofnung,
Jeſus würde ein Wunderwerk vor ihm verrichten; er that
daher vielerley Fragen an ihn, auf welche ihm aber Jeſus
keine Antwort gab. Die Hohenprieſter und Schriftge-

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[256/0278] Zweyter Abſchnitt. 3. Von Jeſu kann ich lernen zu ſchweigen, wo etwa Haß und Stolz zu reden fertig iſt, und da zu reden, wo Menſchen- furcht ſo leicht ſchweigt. 4. Gott verſchafft der gekränkten Unſchuld auch oft an ihren Verfolgern eine Stütze. 5. Wie wichtig iſt jedes Zeugniß von der Unſchuld Jeſu für meine Ueberzeugung, daß Jeſus Gottes Sohn iſt! 28. Abſendung Jeſu an Herodem. Vielleicht befürchteten die Juden, Pilatus möchte ſich durch das ſtille und gelaſſene Betragen, welches Jeſus bey allen ihren Beſchuldigungen äuſſerte, zum Mitleiden gegen ihn bewegen laſſen. Daher ſetzten ſie Pilato noch heftiger zu, und ſagten: Dieſer hat das Volk durch ſeine Lehren aufgewiegelt: und nicht nur hie und da hat er ſeine aufrühriſchen Lehren ausgebreitet, ſondern er hat in dieſer Abſicht von Galiläa aus, wo er den Anfang gemacht, ganz Judäa durchzogen und ſelbſt dieſe Stadt mit ſeinen Lehren erfüllet. Sobald Pi- latus Galiläam nennen hörte, ſo erkundigte er ſich, ob et- wa dieſer Menſch ein Galiläer wäre? Als er nun er- fuhr, daß Jeſus eigentlich unter des Herodis Antipä Ge- richtsbarkeit gehörte, ſo ſendete er ihn an dieſen König, der ſich eben jetzt zu Jeruſalem aufhielt, das Oſterlamm zu feyren. Herodes war ſchon längſt begierig geweſen, Je- ſum von Perſon kennen zu lernen, weil er viel Auſſer- ordentliches von ihm gehöret und ſich bisher vorgeſtellt hat- te, daß Jeſus der Johannes ſeyn müßte, den er hatte ent- haupten laſſen. Er freuete ſich daher nicht wenig, als er ſeinen Wunſch erfüllt ſahe. Er machte ſich Hofnung, Jeſus würde ein Wunderwerk vor ihm verrichten; er that daher vielerley Fragen an ihn, auf welche ihm aber Jeſus keine Antwort gab. Die Hohenprieſter und Schriftge- lehr-

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/278>, abgerufen am 22.11.2024.