Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.Der Berg Golgatha. ihn entseelt haben würde, wenn vorher noch ein Leben inihm gewesen wäre. Sie konnten alle Anstalten zu seiner Beerdigung und zu seinem Begräbnisse selbst sehen. Alle diese Umstände konnten jeden auf das untrügliche von der Gewißheit seines Todes überzeugen. Und Gott verhängte es, um dieser Absicht willen, daß der Tod seines Soh- nes an der Gerichtsstätte der Missethäter öffentlich gesche- hen mußte. Und konnte Jesus seinen Gehorsam gegen seinen Va- phe- I 5
Der Berg Golgatha. ihn entſeelt haben würde, wenn vorher noch ein Leben inihm geweſen wäre. Sie konnten alle Anſtalten zu ſeiner Beerdigung und zu ſeinem Begräbniſſe ſelbſt ſehen. Alle dieſe Umſtände konnten jeden auf das untrügliche von der Gewißheit ſeines Todes überzeugen. Und Gott verhängte es, um dieſer Abſicht willen, daß der Tod ſeines Soh- nes an der Gerichtsſtätte der Miſſethäter öffentlich geſche- hen mußte. Und konnte Jeſus ſeinen Gehorſam gegen ſeinen Va- phe- I 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0159" n="137"/><fw place="top" type="header">Der Berg Golgatha.</fw><lb/> ihn entſeelt haben würde, wenn vorher noch ein Leben in<lb/> ihm geweſen wäre. Sie konnten alle Anſtalten zu ſeiner<lb/> Beerdigung und zu ſeinem Begräbniſſe ſelbſt ſehen. Alle<lb/> dieſe Umſtände konnten jeden auf das untrügliche von der<lb/> Gewißheit ſeines Todes überzeugen. Und Gott verhängte<lb/> es, um dieſer Abſicht willen, daß der Tod ſeines Soh-<lb/> nes an der Gerichtsſtätte der Miſſethäter öffentlich geſche-<lb/> hen mußte.</p><lb/> <p>Und konnte Jeſus ſeinen Gehorſam gegen ſeinen Va-<lb/> ter und die Gröſſe ſeiner Erniedrigung ſichtbarer offenba-<lb/> ren, als da er ſeinen Tod an dem ſchmählichſten Orte er-<lb/> duldete? Der Ort ſeiner Hinrichtung mußte die Bitter-<lb/> keit ſeines Todes vermehren. Er wurde hiedurch mit den<lb/> abſcheulichſten Miſſethätern in eine Klaſſe geſetzt; und al-<lb/> le Weiſſagungen, die ſich hierauf bezogen, giengen hier<lb/> in ihre Erfüllung. Wenn geſagt wird, daß Jeſus den<lb/> Uebelthätern gleich gerechnet werden ſollte, daß man auch<lb/> das Angeſicht vor ihm verbergen würde: wenn Moſes<lb/> weiſſagt, daß Iſrael den Fels des Heils ſo ſehr gering<lb/> achten würde, daß er von ihm als ein Aas aufgehängt wer-<lb/> den ſollte: ſo wurden bey dieſer Gelegenheit alle dieſe Weiſ-<lb/> ſagungen an Jeſu erfüllet. Vielleicht kam auch noch<lb/> dieſes hinzu, daß er durch die Art ſeines Todes das Vor-<lb/> bild der ehernen Schlange erfüllen wollte. Dieſe Schlan-<lb/> ge wurde mitten auf dem Felde aufgerichtet, wo ſo viele<lb/> Iſraeliten durch die giftigen Schlangenbiſſe getödtet wor-<lb/> den waren. Jeſus wollte daher auf der Schädelſtätte und<lb/> gleichſam über den Todtengebeinen ſterben. Er wollte mit<lb/> dem Tode an demjenigen Orte kämpfen, wo der Tod ſeine<lb/> Siegeszeichen aufgerichtet und alles verſammlet hatte, um<lb/> ſeine Angriffe fürchterlich und bitter zu machen. Auf dem<lb/> Wahlplatze des Todes ſteckte hier der Fürſt des Lebens ſei-<lb/> ne Siegesfahne auf, und erfüllte den Ausſpruch des Pro-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">I 5</fw><fw place="bottom" type="catch">phe-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [137/0159]
Der Berg Golgatha.
ihn entſeelt haben würde, wenn vorher noch ein Leben in
ihm geweſen wäre. Sie konnten alle Anſtalten zu ſeiner
Beerdigung und zu ſeinem Begräbniſſe ſelbſt ſehen. Alle
dieſe Umſtände konnten jeden auf das untrügliche von der
Gewißheit ſeines Todes überzeugen. Und Gott verhängte
es, um dieſer Abſicht willen, daß der Tod ſeines Soh-
nes an der Gerichtsſtätte der Miſſethäter öffentlich geſche-
hen mußte.
Und konnte Jeſus ſeinen Gehorſam gegen ſeinen Va-
ter und die Gröſſe ſeiner Erniedrigung ſichtbarer offenba-
ren, als da er ſeinen Tod an dem ſchmählichſten Orte er-
duldete? Der Ort ſeiner Hinrichtung mußte die Bitter-
keit ſeines Todes vermehren. Er wurde hiedurch mit den
abſcheulichſten Miſſethätern in eine Klaſſe geſetzt; und al-
le Weiſſagungen, die ſich hierauf bezogen, giengen hier
in ihre Erfüllung. Wenn geſagt wird, daß Jeſus den
Uebelthätern gleich gerechnet werden ſollte, daß man auch
das Angeſicht vor ihm verbergen würde: wenn Moſes
weiſſagt, daß Iſrael den Fels des Heils ſo ſehr gering
achten würde, daß er von ihm als ein Aas aufgehängt wer-
den ſollte: ſo wurden bey dieſer Gelegenheit alle dieſe Weiſ-
ſagungen an Jeſu erfüllet. Vielleicht kam auch noch
dieſes hinzu, daß er durch die Art ſeines Todes das Vor-
bild der ehernen Schlange erfüllen wollte. Dieſe Schlan-
ge wurde mitten auf dem Felde aufgerichtet, wo ſo viele
Iſraeliten durch die giftigen Schlangenbiſſe getödtet wor-
den waren. Jeſus wollte daher auf der Schädelſtätte und
gleichſam über den Todtengebeinen ſterben. Er wollte mit
dem Tode an demjenigen Orte kämpfen, wo der Tod ſeine
Siegeszeichen aufgerichtet und alles verſammlet hatte, um
ſeine Angriffe fürchterlich und bitter zu machen. Auf dem
Wahlplatze des Todes ſteckte hier der Fürſt des Lebens ſei-
ne Siegesfahne auf, und erfüllte den Ausſpruch des Pro-
phe-
I 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern:
Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |