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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Der Berg Golgatha.
schlossen hätte. Gott würde ohnstreitig seinen Sohn selbst
im Tode verherrlichet haben, wenn er seine Hinrichtung
in der Hauptstadt des jüdischen Landes und an dem aller-
heiligsten Orte verhängt hätte. Allein Gottes Gedanken
sind auch in diesem Stück nicht unsre Gedanken. Nach
der Anzeige Pauli Ebr. 13, 11. 12. 13. mußten die Opfer,
welche sonst auf dem Altar im Vorhofe verbrannt wurden,
am grossen Versöhnungstage ausser dem Lager zu Asche ver-
brannt werden. Hierinn lag etwas vorbildendes. Es
sollte dadurch angezeigt werden, daß Jesus, als das Ge-
genbild des israelitischen Versohnungsopfers, aus der Ge-
meinschaft der Menschen verstossen werden würde. Die-
ses geschah, als sein Tod ausserhalb den Thoren Jerusa-
lems erfolgte. Durch diesen Umstand wurden wir beleh-
ret, daß nun alle Opfer im Tempel geändiget wären, und
daß Gott von nun an, an keinem Opfer ein Wohlgefallen
hätte, nachdem er das Opfer seines Sohnes angenommen.
Indem er bey der Erdultung seines Todes hinausgieng vor
das Thor, so sollten wir erinnert werden, daß die Wohl-
thaten seines Todes nicht an die Kinder Israel eingeschlos-
sen bleiben, sondern über die ganze Welt ausgebreitet
werden sollten. Daher beruhet auf uns die Verbindlich-
keit, mit ihm ausser dem Lager zu gehen und seine Schmach
zu tragen. Nun müsse uns nicht mehr der Umfang des
levitischen Gesetzes verbinden. Nun müsse es unsre vor-
nehmste Sorge seyn, wie wir des von Jesu dargebrach-
ten Opfers theilhaftig werden mögen. Nun müsse uns
nichts abhalten, die in der Nachfolge Jesu uns treffenden
Leiden zu erdulden. Hier haben wir keine bleibende Stät-
te, sondern die zukünftige suchen wir, in welche alle aufge-
nommen werden sollen, die Christo nachgefolget sind.

Jesus mußte auf dem Berge Golgatha sterben Die-
ser Berg ist in aller Absicht merckwürdig. Er machte ei-

nen
I 4

Der Berg Golgatha.
ſchloſſen hätte. Gott würde ohnſtreitig ſeinen Sohn ſelbſt
im Tode verherrlichet haben, wenn er ſeine Hinrichtung
in der Hauptſtadt des jüdiſchen Landes und an dem aller-
heiligſten Orte verhängt hätte. Allein Gottes Gedanken
ſind auch in dieſem Stück nicht unſre Gedanken. Nach
der Anzeige Pauli Ebr. 13, 11. 12. 13. mußten die Opfer,
welche ſonſt auf dem Altar im Vorhofe verbrannt wurden,
am groſſen Verſöhnungstage auſſer dem Lager zu Aſche ver-
brannt werden. Hierinn lag etwas vorbildendes. Es
ſollte dadurch angezeigt werden, daß Jeſus, als das Ge-
genbild des iſraelitiſchen Verſohnungsopfers, aus der Ge-
meinſchaft der Menſchen verſtoſſen werden würde. Die-
ſes geſchah, als ſein Tod auſſerhalb den Thoren Jeruſa-
lems erfolgte. Durch dieſen Umſtand wurden wir beleh-
ret, daß nun alle Opfer im Tempel geändiget wären, und
daß Gott von nun an, an keinem Opfer ein Wohlgefallen
hätte, nachdem er das Opfer ſeines Sohnes angenommen.
Indem er bey der Erdultung ſeines Todes hinausgieng vor
das Thor, ſo ſollten wir erinnert werden, daß die Wohl-
thaten ſeines Todes nicht an die Kinder Iſrael eingeſchloſ-
ſen bleiben, ſondern über die ganze Welt ausgebreitet
werden ſollten. Daher beruhet auf uns die Verbindlich-
keit, mit ihm auſſer dem Lager zu gehen und ſeine Schmach
zu tragen. Nun müſſe uns nicht mehr der Umfang des
levitiſchen Geſetzes verbinden. Nun müſſe es unſre vor-
nehmſte Sorge ſeyn, wie wir des von Jeſu dargebrach-
ten Opfers theilhaftig werden mögen. Nun müſſe uns
nichts abhalten, die in der Nachfolge Jeſu uns treffenden
Leiden zu erdulden. Hier haben wir keine bleibende Stät-
te, ſondern die zukünftige ſuchen wir, in welche alle aufge-
nommen werden ſollen, die Chriſto nachgefolget ſind.

Jeſus mußte auf dem Berge Golgatha ſterben Die-
ſer Berg iſt in aller Abſicht merckwürdig. Er machte ei-

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[135/0157] Der Berg Golgatha. ſchloſſen hätte. Gott würde ohnſtreitig ſeinen Sohn ſelbſt im Tode verherrlichet haben, wenn er ſeine Hinrichtung in der Hauptſtadt des jüdiſchen Landes und an dem aller- heiligſten Orte verhängt hätte. Allein Gottes Gedanken ſind auch in dieſem Stück nicht unſre Gedanken. Nach der Anzeige Pauli Ebr. 13, 11. 12. 13. mußten die Opfer, welche ſonſt auf dem Altar im Vorhofe verbrannt wurden, am groſſen Verſöhnungstage auſſer dem Lager zu Aſche ver- brannt werden. Hierinn lag etwas vorbildendes. Es ſollte dadurch angezeigt werden, daß Jeſus, als das Ge- genbild des iſraelitiſchen Verſohnungsopfers, aus der Ge- meinſchaft der Menſchen verſtoſſen werden würde. Die- ſes geſchah, als ſein Tod auſſerhalb den Thoren Jeruſa- lems erfolgte. Durch dieſen Umſtand wurden wir beleh- ret, daß nun alle Opfer im Tempel geändiget wären, und daß Gott von nun an, an keinem Opfer ein Wohlgefallen hätte, nachdem er das Opfer ſeines Sohnes angenommen. Indem er bey der Erdultung ſeines Todes hinausgieng vor das Thor, ſo ſollten wir erinnert werden, daß die Wohl- thaten ſeines Todes nicht an die Kinder Iſrael eingeſchloſ- ſen bleiben, ſondern über die ganze Welt ausgebreitet werden ſollten. Daher beruhet auf uns die Verbindlich- keit, mit ihm auſſer dem Lager zu gehen und ſeine Schmach zu tragen. Nun müſſe uns nicht mehr der Umfang des levitiſchen Geſetzes verbinden. Nun müſſe es unſre vor- nehmſte Sorge ſeyn, wie wir des von Jeſu dargebrach- ten Opfers theilhaftig werden mögen. Nun müſſe uns nichts abhalten, die in der Nachfolge Jeſu uns treffenden Leiden zu erdulden. Hier haben wir keine bleibende Stät- te, ſondern die zukünftige ſuchen wir, in welche alle aufge- nommen werden ſollen, die Chriſto nachgefolget ſind. Jeſus mußte auf dem Berge Golgatha ſterben Die- ſer Berg iſt in aller Abſicht merckwürdig. Er machte ei- nen I 4

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/157>, abgerufen am 24.11.2024.