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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Erleichterung Jesu bey seinem Todesgange.
Dienst aufgenommen worden? Da versprach ich dir auf
das heiligste, daß ich unter deinem Panier, wider die Sün-
de, die Welt und den Satan tapfer kämpfen, und bis
an mein Ende als ein getreuer Streiter dir treu bleiben woll-
te. Wie wenig habe ich bisher dieser Verbindlichkeit ei-
ne Genüge gethan! Statt mich in der Verläugnung und
in den beschwerlichen Pflichten des Christenthums zu üben,
habe ich die Belustigungen der Sinne erwählt. Statt
mich zu den Leiden zu bequemen, welche mir deine Hand
auflegte, habe ich bey den geringsten Züchtigungen gegen
dich gemurret, und deine Hand verworfen. Statt meine
Lüste zu kreuzigen, habe ich denselben begierigst nachgehän-
get. Ach, möchte doch deine Hand so viel Gewalt über
meine Seele haben, daß ich mit Freuden dir auch unter dem
Leiden nachfolgte! Stärke mich nur, mein Gott, daß ich
fähig seyn möge, alles was du über mich verhängst, wil-
lig zu tragen. Ziehe mich durch diese Seile der Liebe im-
mer mehr von der Welt ab, und näher zu dir. Wollte
ich nicht das geringste von Elend fühlen, da mein Jesus
die ganze Bitterkeit der Leiden empfunden hat! Waren
meine vorigen Sündenwege nicht auch mit manchen Dor-
nen durchflochten gewesen: warum wollte ich nicht auf
dem Wege der Gottseligkeit einige Trübsalen übernehmen?
Jesus will ja die kleinste Last, die ich trage, nicht unvergol-
ten lassen. Für meine kleine Mühe wird der Segen des
Kreuzes auf meine Kinder kommen, so wie die Söhne des
Simons von Cyrene, von der Treue ihres Vaters gegen
Jesum, lange nachher einen Segen einerndteten. Und
wenn mir auch diese Belohnung fehlte, so wird doch die
Ewigkeit mir alles ersetzen, was ich hier aufopfern, verläug-
nen oder dulden muß. Meine Trübsal, die zeitlich und
leicht ist, schaffet eine ewige und über alle Maasse wichtige
Herrlichkeit. Dorthin will ich dann mein Auge richten,

an
J 3

Erleichterung Jeſu bey ſeinem Todesgange.
Dienſt aufgenommen worden? Da verſprach ich dir auf
das heiligſte, daß ich unter deinem Panier, wider die Sün-
de, die Welt und den Satan tapfer kämpfen, und bis
an mein Ende als ein getreuer Streiter dir treu bleiben woll-
te. Wie wenig habe ich bisher dieſer Verbindlichkeit ei-
ne Genüge gethan! Statt mich in der Verläugnung und
in den beſchwerlichen Pflichten des Chriſtenthums zu üben,
habe ich die Beluſtigungen der Sinne erwählt. Statt
mich zu den Leiden zu bequemen, welche mir deine Hand
auflegte, habe ich bey den geringſten Züchtigungen gegen
dich gemurret, und deine Hand verworfen. Statt meine
Lüſte zu kreuzigen, habe ich denſelben begierigſt nachgehän-
get. Ach, möchte doch deine Hand ſo viel Gewalt über
meine Seele haben, daß ich mit Freuden dir auch unter dem
Leiden nachfolgte! Stärke mich nur, mein Gott, daß ich
fähig ſeyn möge, alles was du über mich verhängſt, wil-
lig zu tragen. Ziehe mich durch dieſe Seile der Liebe im-
mer mehr von der Welt ab, und näher zu dir. Wollte
ich nicht das geringſte von Elend fühlen, da mein Jeſus
die ganze Bitterkeit der Leiden empfunden hat! Waren
meine vorigen Sündenwege nicht auch mit manchen Dor-
nen durchflochten geweſen: warum wollte ich nicht auf
dem Wege der Gottſeligkeit einige Trübſalen übernehmen?
Jeſus will ja die kleinſte Laſt, die ich trage, nicht unvergol-
ten laſſen. Für meine kleine Mühe wird der Segen des
Kreuzes auf meine Kinder kommen, ſo wie die Söhne des
Simons von Cyrene, von der Treue ihres Vaters gegen
Jeſum, lange nachher einen Segen einerndteten. Und
wenn mir auch dieſe Belohnung fehlte, ſo wird doch die
Ewigkeit mir alles erſetzen, was ich hier aufopfern, verläug-
nen oder dulden muß. Meine Trübſal, die zeitlich und
leicht iſt, ſchaffet eine ewige und über alle Maaſſe wichtige
Herrlichkeit. Dorthin will ich dann mein Auge richten,

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[133/0155] Erleichterung Jeſu bey ſeinem Todesgange. Dienſt aufgenommen worden? Da verſprach ich dir auf das heiligſte, daß ich unter deinem Panier, wider die Sün- de, die Welt und den Satan tapfer kämpfen, und bis an mein Ende als ein getreuer Streiter dir treu bleiben woll- te. Wie wenig habe ich bisher dieſer Verbindlichkeit ei- ne Genüge gethan! Statt mich in der Verläugnung und in den beſchwerlichen Pflichten des Chriſtenthums zu üben, habe ich die Beluſtigungen der Sinne erwählt. Statt mich zu den Leiden zu bequemen, welche mir deine Hand auflegte, habe ich bey den geringſten Züchtigungen gegen dich gemurret, und deine Hand verworfen. Statt meine Lüſte zu kreuzigen, habe ich denſelben begierigſt nachgehän- get. Ach, möchte doch deine Hand ſo viel Gewalt über meine Seele haben, daß ich mit Freuden dir auch unter dem Leiden nachfolgte! Stärke mich nur, mein Gott, daß ich fähig ſeyn möge, alles was du über mich verhängſt, wil- lig zu tragen. Ziehe mich durch dieſe Seile der Liebe im- mer mehr von der Welt ab, und näher zu dir. Wollte ich nicht das geringſte von Elend fühlen, da mein Jeſus die ganze Bitterkeit der Leiden empfunden hat! Waren meine vorigen Sündenwege nicht auch mit manchen Dor- nen durchflochten geweſen: warum wollte ich nicht auf dem Wege der Gottſeligkeit einige Trübſalen übernehmen? Jeſus will ja die kleinſte Laſt, die ich trage, nicht unvergol- ten laſſen. Für meine kleine Mühe wird der Segen des Kreuzes auf meine Kinder kommen, ſo wie die Söhne des Simons von Cyrene, von der Treue ihres Vaters gegen Jeſum, lange nachher einen Segen einerndteten. Und wenn mir auch dieſe Belohnung fehlte, ſo wird doch die Ewigkeit mir alles erſetzen, was ich hier aufopfern, verläug- nen oder dulden muß. Meine Trübſal, die zeitlich und leicht iſt, ſchaffet eine ewige und über alle Maaſſe wichtige Herrlichkeit. Dorthin will ich dann mein Auge richten, an J 3

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/155>, abgerufen am 24.11.2024.