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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Neun und zwanzigste Betrachtung.
die stärkste Ermunterung erhalten, auch selbst für die Lei-
den, die weise und gütige Vorsehung meines Gottes zu
preisen, und den Kreuzkelch mit willigem Herzen aus sei-
nen Händen annehmen.

Allein welche Verschiedenheit findet sich unter diesen
Umständen, zwischen Jesu und dem Simon von Cyrene!
Beyde tragen das Kreuz: allein beyde auf verschiedene Art.
Unser Heiland nahm es mit willigem und freudigem Her-
zen auf seinen Rücken: er ließ sich nicht erst von einer hö-
hern Macht dazu nöthigen. Simon übernahm es aus
Zwang. Durch dieses verschiedene Verhalten wird uns
das Betragen der Kreuzträger abgebildet. Wahre Chri-
sten tragen ihr Kreuz mit Freuden, die Weltkinder mit
Unlust. Wer unter der Kreuzeslast alle Augenblicke
erliegt, dieselbe als ein beklagenswürdiges Schicksal be-
trachtet, und überhaupt mit unwilligem und mürrischem
Herzen sich dazu bequemt, der ist von der Nachfolge
Jesu noch weit entfernt. Statt daß dieses Kreuz sol-
chen Menschen auf dem Wege der Seligkeit zu einer
Beförderung und Aufmunterung gereichen sollte, so ist
ihnen dasselbe vielmehr ein Hinderniß und eine Gelegen-
heit zum Aufenthalt. Es bleibt daher kein sichereres
Mittel, um zur Vereinigung mit seinem Heiland, und
zu der ewigen Seligkeit zu gelangen, als daß man sein
Kreuz freywillig auf sich nehme, es geduldig ertrage, und
seinem Erlöser dasjenige zu einem willigen Opfer dar-
bringe, was an und vor sich selbst eine unveränderliche
Nothwendigkeit ist.

Ich will, ich will, mein theurester Jesu, auch im
Leiden dir ähnlich werden. Lege nur die Last, die mir
zugedacht ist, auf meinen Rücken; ich will mich nicht wei-
gern, sie zu ertragen. Welche feyerliche Verbindungen
habe ich in meiner Taufe eingegangen da ich zuerst in deinen

Dienst

Neun und zwanzigſte Betrachtung.
die ſtärkſte Ermunterung erhalten, auch ſelbſt für die Lei-
den, die weiſe und gütige Vorſehung meines Gottes zu
preiſen, und den Kreuzkelch mit willigem Herzen aus ſei-
nen Händen annehmen.

Allein welche Verſchiedenheit findet ſich unter dieſen
Umſtänden, zwiſchen Jeſu und dem Simon von Cyrene!
Beyde tragen das Kreuz: allein beyde auf verſchiedene Art.
Unſer Heiland nahm es mit willigem und freudigem Her-
zen auf ſeinen Rücken: er ließ ſich nicht erſt von einer hö-
hern Macht dazu nöthigen. Simon übernahm es aus
Zwang. Durch dieſes verſchiedene Verhalten wird uns
das Betragen der Kreuzträger abgebildet. Wahre Chri-
ſten tragen ihr Kreuz mit Freuden, die Weltkinder mit
Unluſt. Wer unter der Kreuzeslaſt alle Augenblicke
erliegt, dieſelbe als ein beklagenswürdiges Schickſal be-
trachtet, und überhaupt mit unwilligem und mürriſchem
Herzen ſich dazu bequemt, der iſt von der Nachfolge
Jeſu noch weit entfernt. Statt daß dieſes Kreuz ſol-
chen Menſchen auf dem Wege der Seligkeit zu einer
Beförderung und Aufmunterung gereichen ſollte, ſo iſt
ihnen daſſelbe vielmehr ein Hinderniß und eine Gelegen-
heit zum Aufenthalt. Es bleibt daher kein ſichereres
Mittel, um zur Vereinigung mit ſeinem Heiland, und
zu der ewigen Seligkeit zu gelangen, als daß man ſein
Kreuz freywillig auf ſich nehme, es geduldig ertrage, und
ſeinem Erlöſer dasjenige zu einem willigen Opfer dar-
bringe, was an und vor ſich ſelbſt eine unveränderliche
Nothwendigkeit iſt.

Ich will, ich will, mein theureſter Jeſu, auch im
Leiden dir ähnlich werden. Lege nur die Laſt, die mir
zugedacht iſt, auf meinen Rücken; ich will mich nicht wei-
gern, ſie zu ertragen. Welche feyerliche Verbindungen
habe ich in meiner Taufe eingegangen da ich zuerſt in deinen

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[132/0154] Neun und zwanzigſte Betrachtung. die ſtärkſte Ermunterung erhalten, auch ſelbſt für die Lei- den, die weiſe und gütige Vorſehung meines Gottes zu preiſen, und den Kreuzkelch mit willigem Herzen aus ſei- nen Händen annehmen. Allein welche Verſchiedenheit findet ſich unter dieſen Umſtänden, zwiſchen Jeſu und dem Simon von Cyrene! Beyde tragen das Kreuz: allein beyde auf verſchiedene Art. Unſer Heiland nahm es mit willigem und freudigem Her- zen auf ſeinen Rücken: er ließ ſich nicht erſt von einer hö- hern Macht dazu nöthigen. Simon übernahm es aus Zwang. Durch dieſes verſchiedene Verhalten wird uns das Betragen der Kreuzträger abgebildet. Wahre Chri- ſten tragen ihr Kreuz mit Freuden, die Weltkinder mit Unluſt. Wer unter der Kreuzeslaſt alle Augenblicke erliegt, dieſelbe als ein beklagenswürdiges Schickſal be- trachtet, und überhaupt mit unwilligem und mürriſchem Herzen ſich dazu bequemt, der iſt von der Nachfolge Jeſu noch weit entfernt. Statt daß dieſes Kreuz ſol- chen Menſchen auf dem Wege der Seligkeit zu einer Beförderung und Aufmunterung gereichen ſollte, ſo iſt ihnen daſſelbe vielmehr ein Hinderniß und eine Gelegen- heit zum Aufenthalt. Es bleibt daher kein ſichereres Mittel, um zur Vereinigung mit ſeinem Heiland, und zu der ewigen Seligkeit zu gelangen, als daß man ſein Kreuz freywillig auf ſich nehme, es geduldig ertrage, und ſeinem Erlöſer dasjenige zu einem willigen Opfer dar- bringe, was an und vor ſich ſelbſt eine unveränderliche Nothwendigkeit iſt. Ich will, ich will, mein theureſter Jeſu, auch im Leiden dir ähnlich werden. Lege nur die Laſt, die mir zugedacht iſt, auf meinen Rücken; ich will mich nicht wei- gern, ſie zu ertragen. Welche feyerliche Verbindungen habe ich in meiner Taufe eingegangen da ich zuerſt in deinen Dienſt

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/154>, abgerufen am 24.11.2024.