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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Vier und zwanzigste Betrachtung.
ist das Blut des Sohnes Gottes, und nicht eines gemei-
nen Menschen gewesen. Wie unerforschlich sind die We-
ge der göttlichen Vorsehung! Durch das Aergerniß des
Kreuzes, und die mancherley geringen Umstände seiner Er-
niedrigung, liessen sich die Weisen, die Edlen, die
Mächtigen der Welt von der Annahme des Glaubens
abhalten. Allein dieses wider das Christenthum gefaßte
Vorurtheil gereichte bald zum Vortheil desselben. Als
man die Mörder Jesu mit so merkwürdigen und ausseror-
dentlichen Strafen heimgesucht sahe, so fieng man an, die
überschwengliche Würde der leidenden Person und das
unendliche Verdienst seiner Leiden zu erkennen.

Allein zu welcher gerechten Furcht vor allen derglei-
chen Versündigungen, welche den Zorn Gottes über ein-
zelne Personen und ganze Länder bringen, muß uns das
Schicksal der Juden antreiben? Hat die beliebteste Nation
auf Erden, das auserwählte Volk Gottes, durch seine
Sünden alle Vorrechte, alle Huld und allen Schutz sei-
nes Gottes verlohren: was haben wir für Versicherung,
daß wir durch den Mißbrauch und die Verachtung eben
der Gnadenbezeugungen, nicht eben die Gerichte erfahren
müssen? Kann nicht das Reich Gottes, dessen wir un-
würdig sind, von uns genommen, und einem Volke ge-
geben werden, das bessere Früchte bringt? Ach, niemand
verläugne seinen Herrn, der ihn erkauft hat! Niemand
kreuzige ihn aufs neue, oder halte seine Lehre für Spott!
Wurden die Juden so schrecklich gestraft: wie viel ärgere
Strafen werden die Christen erfahren, wenn sie wider ihre
Ueberzeugung den Sohn Gottes mit Füssen treten, und
das Blut des Testamentes unrein achten, durch welches
sie geheiliget sind!

Heiliges Blut meines Mittlers! sey mir gesegnet!
Du sollst ewig mein Ruhm, meine Freude und mein Trost

seyn.

Vier und zwanzigſte Betrachtung.
iſt das Blut des Sohnes Gottes, und nicht eines gemei-
nen Menſchen geweſen. Wie unerforſchlich ſind die We-
ge der göttlichen Vorſehung! Durch das Aergerniß des
Kreuzes, und die mancherley geringen Umſtände ſeiner Er-
niedrigung, lieſſen ſich die Weiſen, die Edlen, die
Mächtigen der Welt von der Annahme des Glaubens
abhalten. Allein dieſes wider das Chriſtenthum gefaßte
Vorurtheil gereichte bald zum Vortheil deſſelben. Als
man die Mörder Jeſu mit ſo merkwürdigen und auſſeror-
dentlichen Strafen heimgeſucht ſahe, ſo fieng man an, die
überſchwengliche Würde der leidenden Perſon und das
unendliche Verdienſt ſeiner Leiden zu erkennen.

Allein zu welcher gerechten Furcht vor allen derglei-
chen Verſündigungen, welche den Zorn Gottes über ein-
zelne Perſonen und ganze Länder bringen, muß uns das
Schickſal der Juden antreiben? Hat die beliebteſte Nation
auf Erden, das auserwählte Volk Gottes, durch ſeine
Sünden alle Vorrechte, alle Huld und allen Schutz ſei-
nes Gottes verlohren: was haben wir für Verſicherung,
daß wir durch den Mißbrauch und die Verachtung eben
der Gnadenbezeugungen, nicht eben die Gerichte erfahren
müſſen? Kann nicht das Reich Gottes, deſſen wir un-
würdig ſind, von uns genommen, und einem Volke ge-
geben werden, das beſſere Früchte bringt? Ach, niemand
verläugne ſeinen Herrn, der ihn erkauft hat! Niemand
kreuzige ihn aufs neue, oder halte ſeine Lehre für Spott!
Wurden die Juden ſo ſchrecklich geſtraft: wie viel ärgere
Strafen werden die Chriſten erfahren, wenn ſie wider ihre
Ueberzeugung den Sohn Gottes mit Füſſen treten, und
das Blut des Teſtamentes unrein achten, durch welches
ſie geheiliget ſind!

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Du ſollſt ewig mein Ruhm, meine Freude und mein Troſt

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[110/0132] Vier und zwanzigſte Betrachtung. iſt das Blut des Sohnes Gottes, und nicht eines gemei- nen Menſchen geweſen. Wie unerforſchlich ſind die We- ge der göttlichen Vorſehung! Durch das Aergerniß des Kreuzes, und die mancherley geringen Umſtände ſeiner Er- niedrigung, lieſſen ſich die Weiſen, die Edlen, die Mächtigen der Welt von der Annahme des Glaubens abhalten. Allein dieſes wider das Chriſtenthum gefaßte Vorurtheil gereichte bald zum Vortheil deſſelben. Als man die Mörder Jeſu mit ſo merkwürdigen und auſſeror- dentlichen Strafen heimgeſucht ſahe, ſo fieng man an, die überſchwengliche Würde der leidenden Perſon und das unendliche Verdienſt ſeiner Leiden zu erkennen. Allein zu welcher gerechten Furcht vor allen derglei- chen Verſündigungen, welche den Zorn Gottes über ein- zelne Perſonen und ganze Länder bringen, muß uns das Schickſal der Juden antreiben? Hat die beliebteſte Nation auf Erden, das auserwählte Volk Gottes, durch ſeine Sünden alle Vorrechte, alle Huld und allen Schutz ſei- nes Gottes verlohren: was haben wir für Verſicherung, daß wir durch den Mißbrauch und die Verachtung eben der Gnadenbezeugungen, nicht eben die Gerichte erfahren müſſen? Kann nicht das Reich Gottes, deſſen wir un- würdig ſind, von uns genommen, und einem Volke ge- geben werden, das beſſere Früchte bringt? Ach, niemand verläugne ſeinen Herrn, der ihn erkauft hat! Niemand kreuzige ihn aufs neue, oder halte ſeine Lehre für Spott! Wurden die Juden ſo ſchrecklich geſtraft: wie viel ärgere Strafen werden die Chriſten erfahren, wenn ſie wider ihre Ueberzeugung den Sohn Gottes mit Füſſen treten, und das Blut des Teſtamentes unrein achten, durch welches ſie geheiliget ſind! Heiliges Blut meines Mittlers! ſey mir geſegnet! Du ſollſt ewig mein Ruhm, meine Freude und mein Troſt ſeyn.

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/132>, abgerufen am 24.11.2024.