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Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670.

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Archimedis Erstes Buch

So können auch über dieses in Erläuterung solcher allgemeinen Aufgaben und Lehrsätze
die Zifferzahlen/ Lineen/ etc. wie leichtlich zu erachten/ auch keine Statt finden; und werden
deßwegen an ihrer Stelle gebrauchet die Buchstaben/ a, b, c, &c. welche man für eine jede
Zahl/ Lini/ Fläche/ etc. nach Belieben setzen kan/ also daß/ was hernachmals von diesen allge-
meinen Zeichen bewiesen wird/ nohtwendig von allen denen jenigen Dingen/ worfür sie gesetzet
seyn/ unfehlbar waar und gültig seyn muß. Welches alles/ weil es ohne allen Zweiffel (be-
nebenst der Art und Weise/ obige allgemeine Zeichen zusamm zu setzen (zu addiren) vonein-
ander abzuziehen (zu subtrahiren) ineinander zu führen (zu multipliciren) etc. zum wenigsten/
so viel hieher nöhtig ist) dem kunstliebenden Leser schon bekandt ist/ fernerer Erinnerung nicht
benöhtiget ist. Schreite demnach zur Sache selbsten/ und giesse obigen Lehrsatz in nachfolgende
allgemeine Form:

Wann zwey ganze Dinge/ jedes in zwey Teihl/ (das eine/ zum Exempel in
a und b, das andere in c und d) gleichverhaltend geteihlet werden/ also daß des
ersten erster Teihl gegen seinem andern
(a gegen b) sich verhalte/ wie des an-
dern erster Teihl gegen seinem andern
(wie c gegen d;) so ist das kommende
(das product) von beyden ganzen so groß als (1) das was kommt aus beyder
ersten Teihlen
(a und b) sambt (2) dem was wird aus dem andern Teihl des
ersten in den ersten Teihl des andern
(aus b in c) und (3) dem was der andere
Teihl des ersten/ durch das andere ganz
(b durch c+d) geführet/ hervor
bringet.

Beweiß.

Weil a der erste und b der andere Teihl des ersten ganzen ist/ so muß das ganze selbst seyn
a+b. Und eben also/ weil c der erste und d der andere Teihl des andern ganzen ist/ so ist das
andere ganze selbst c+d. Wann ich nun denen Bedingungen des obigen Lehrsatzes nachgehe
[Formel 1] Wann ich ferner führe (1) a in c, so kommt ac. (2) b in c, so kommt bc; (3) b in c+d, so
kommt bc+bd, also daß die ganze Summ dieser dreyer ist ac+2.bc+bd. Nun soll
diese Summ der obigen gleich seyn/ welches also erhellet: ac und bc und bd finden sich zu
beyden Seiten. Jst also noch zu beweisen/ daß ad, welches dorten/ und bc, welches hier über-
bleibet/ auch einander gleich seyen. Solches ist nun offenbar daher/ weil/ obigem Satz nach/
a gegen b sich verhält/ wie c gegen d, und also nohtwendig das/ was wird aus a in d (nehmlich
ad) dem kommenden aus b in c (nehmlich bo) gleich seyn muß/ vermög des 16den im VI.
Buch Euclidis.

Weilen aber dieser angezogene Lehrsatz bey dem Euclides nicht allgemein (wie es wol seyn
solte) sondern nur von denen gleichverhaltenden Lineen erwiesen ist/ können wir uns desselben
mit Recht noch nicht bedienen/ biß er seinen allgemeinen Beweiß auch bekomme/ den wir ihme
dann bald hernach auch zueignen/ und bey solcher Gelegenheit auch das/ sonst schwäre/ V.
Buch Euclidis auf gleiche Weise mit sehr leichten und augenscheinlichen/ und dannoch auch
allgemeinen Beweißtuhmen/ gar kurz ausfertigen wollen.

Jndessen müssen wir an statt des vorigen Beweises/ unserm unterhanden habenden Lehr-
satz einen andern verschaffen/ der zu seiner Bekräfftigung keines andern bedürfe/ sondern für sich
selbsten offenbar für Augen lige/ nehmlich diesen:

Weil die beyde gegebene ganze Dinge gleichverhaltend geteihlet sind/ so können wir ihrer
Teihle Verhältnis/ sie sey wie sie wolle/ andeuten mit einem/ nach Belieben erkieseten/ Buch-
staben/ zum Exempel mit e; also daß/ wann ich den ersten Teihl des ersten a nenne/ der andere
seyn wird ea; und wann der erste Teihl des andern heisset b, der andere heissen muß eb; dann
also werden a, ea, b, eb, gleichverhaltende Teihle seyn/ aus welchen also entspringen die
Nahmen derer ganzen/ nehmlich des ersten a+ea und des andern b+eb. Jezt führe man

erstlich
Archimedis Erſtes Buch

So koͤnnen auch uͤber dieſes in Erlaͤuterung ſolcher allgemeinen Aufgaben und Lehrſaͤtze
die Zifferzahlen/ Lineen/ ꝛc. wie leichtlich zu erachten/ auch keine Statt finden; und werden
deßwegen an ihrer Stelle gebrauchet die Buchſtaben/ a, b, c, &c. welche man fuͤr eine jede
Zahl/ Lini/ Flaͤche/ ꝛc. nach Belieben ſetzen kan/ alſo daß/ was hernachmals von dieſen allge-
meinen Zeichen bewieſen wird/ nohtwendig von allen denen jenigen Dingen/ worfuͤr ſie geſetzet
ſeyn/ unfehlbar waar und guͤltig ſeyn muß. Welches alles/ weil es ohne allen Zweiffel (be-
nebenſt der Art und Weiſe/ obige allgemeine Zeichen zuſamm zu ſetzen (zu addiren) vonein-
ander abzuziehen (zu ſubtrahiren) ineinander zu fuͤhren (zu multipliciren) ꝛc. zum wenigſten/
ſo viel hieher noͤhtig iſt) dem kunſtliebenden Leſer ſchon bekandt iſt/ fernerer Erinnerung nicht
benoͤhtiget iſt. Schreite demnach zur Sache ſelbſten/ und gieſſe obigen Lehrſatz in nachfolgende
allgemeine Form:

Wann zwey ganze Dinge/ jedes in zwey Teihl/ (das eine/ zum Exempel in
a und b, das andere in c und d) gleichverhaltend geteihlet werden/ alſo daß des
erſten erſter Teihl gegen ſeinem andern
(a gegen b) ſich verhalte/ wie des an-
dern erſter Teihl gegen ſeinem andern
(wie c gegen d;) ſo iſt das kommende
(das product) von beyden ganzen ſo groß als (1) das was kommt aus beyder
erſten Teihlen
(a und b) ſambt (2) dem was wird aus dem andern Teihl des
erſten in den erſten Teihl des andern
(aus b in c) und (3) dem was der andere
Teihl des erſten/ durch das andere ganz
(b durch c+d) gefuͤhret/ hervor
bringet.

Beweiß.

Weil a der erſte und b der andere Teihl des erſten ganzen iſt/ ſo muß das ganze ſelbſt ſeyn
a+b. Und eben alſo/ weil c der erſte und d der andere Teihl des andern ganzen iſt/ ſo iſt das
andere ganze ſelbſt c+d. Wann ich nun denen Bedingungen des obigen Lehrſatzes nachgehe
[Formel 1] Wann ich ferner fuͤhre (1) a in c, ſo kommt ac. (2) b in c, ſo kommt bc; (3) b in c+d, ſo
kommt bc+bd, alſo daß die ganze Summ dieſer dreyer iſt ac+2.bc+bd. Nun ſoll
dieſe Summ der obigen gleich ſeyn/ welches alſo erhellet: ac und bc und bd finden ſich zu
beyden Seiten. Jſt alſo noch zu beweiſen/ daß ad, welches dorten/ und bc, welches hier uͤber-
bleibet/ auch einander gleich ſeyen. Solches iſt nun offenbar daher/ weil/ obigem Satz nach/
a gegen b ſich verhaͤlt/ wie c gegen d, und alſo nohtwendig das/ was wird aus a in d (nehmlich
ad) dem kommenden aus b in c (nehmlich bo) gleich ſeyn muß/ vermoͤg des 16den im VI.
Buch Euclidis.

Weilen aber dieſer angezogene Lehrſatz bey dem Euclides nicht allgemein (wie es wol ſeyn
ſolte) ſondern nur von denen gleichverhaltenden Lineen erwieſen iſt/ koͤnnen wir uns deſſelben
mit Recht noch nicht bedienen/ biß er ſeinen allgemeinen Beweiß auch bekomme/ den wir ihme
dann bald hernach auch zueignen/ und bey ſolcher Gelegenheit auch das/ ſonſt ſchwaͤre/ V.
Buch Euclidis auf gleiche Weiſe mit ſehr leichten und augenſcheinlichen/ und dannoch auch
allgemeinen Beweißtuhmen/ gar kurz ausfertigen wollen.

Jndeſſen muͤſſen wir an ſtatt des vorigen Beweiſes/ unſerm unterhanden habenden Lehr-
ſatz einen andern verſchaffen/ der zu ſeiner Bekraͤfftigung keines andern beduͤrfe/ ſondern fuͤr ſich
ſelbſten offenbar fuͤr Augen lige/ nehmlich dieſen:

Weil die beyde gegebene ganze Dinge gleichverhaltend geteihlet ſind/ ſo koͤnnen wir ihrer
Teihle Verhaͤltnis/ ſie ſey wie ſie wolle/ andeuten mit einem/ nach Belieben erkieſeten/ Buch-
ſtaben/ zum Exempel mit e; alſo daß/ wann ich den erſten Teihl des erſten a nenne/ der andere
ſeyn wird ea; und wann der erſte Teihl des andern heiſſet b, der andere heiſſen muß eb; dann
alſo werden a, ea, b, eb, gleichverhaltende Teihle ſeyn/ aus welchen alſo entſpringen die
Nahmen derer ganzen/ nehmlich des erſten a+ea und des andern b+eb. Jezt fuͤhre man

erſtlich
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[46/0074] Archimedis Erſtes Buch So koͤnnen auch uͤber dieſes in Erlaͤuterung ſolcher allgemeinen Aufgaben und Lehrſaͤtze die Zifferzahlen/ Lineen/ ꝛc. wie leichtlich zu erachten/ auch keine Statt finden; und werden deßwegen an ihrer Stelle gebrauchet die Buchſtaben/ a, b, c, &c. welche man fuͤr eine jede Zahl/ Lini/ Flaͤche/ ꝛc. nach Belieben ſetzen kan/ alſo daß/ was hernachmals von dieſen allge- meinen Zeichen bewieſen wird/ nohtwendig von allen denen jenigen Dingen/ worfuͤr ſie geſetzet ſeyn/ unfehlbar waar und guͤltig ſeyn muß. Welches alles/ weil es ohne allen Zweiffel (be- nebenſt der Art und Weiſe/ obige allgemeine Zeichen zuſamm zu ſetzen (zu addiren) vonein- ander abzuziehen (zu ſubtrahiren) ineinander zu fuͤhren (zu multipliciren) ꝛc. zum wenigſten/ ſo viel hieher noͤhtig iſt) dem kunſtliebenden Leſer ſchon bekandt iſt/ fernerer Erinnerung nicht benoͤhtiget iſt. Schreite demnach zur Sache ſelbſten/ und gieſſe obigen Lehrſatz in nachfolgende allgemeine Form: Wann zwey ganze Dinge/ jedes in zwey Teihl/ (das eine/ zum Exempel in a und b, das andere in c und d) gleichverhaltend geteihlet werden/ alſo daß des erſten erſter Teihl gegen ſeinem andern (a gegen b) ſich verhalte/ wie des an- dern erſter Teihl gegen ſeinem andern (wie c gegen d;) ſo iſt das kommende (das product) von beyden ganzen ſo groß als (1) das was kommt aus beyder erſten Teihlen (a und b) ſambt (2) dem was wird aus dem andern Teihl des erſten in den erſten Teihl des andern (aus b in c) und (3) dem was der andere Teihl des erſten/ durch das andere ganz (b durch c+d) gefuͤhret/ hervor bringet. Beweiß. Weil a der erſte und b der andere Teihl des erſten ganzen iſt/ ſo muß das ganze ſelbſt ſeyn a+b. Und eben alſo/ weil c der erſte und d der andere Teihl des andern ganzen iſt/ ſo iſt das andere ganze ſelbſt c+d. Wann ich nun denen Bedingungen des obigen Lehrſatzes nachgehe [FORMEL] Wann ich ferner fuͤhre (1) a in c, ſo kommt ac. (2) b in c, ſo kommt bc; (3) b in c+d, ſo kommt bc+bd, alſo daß die ganze Summ dieſer dreyer iſt ac+2.bc+bd. Nun ſoll dieſe Summ der obigen gleich ſeyn/ welches alſo erhellet: ac und bc und bd finden ſich zu beyden Seiten. Jſt alſo noch zu beweiſen/ daß ad, welches dorten/ und bc, welches hier uͤber- bleibet/ auch einander gleich ſeyen. Solches iſt nun offenbar daher/ weil/ obigem Satz nach/ a gegen b ſich verhaͤlt/ wie c gegen d, und alſo nohtwendig das/ was wird aus a in d (nehmlich ad) dem kommenden aus b in c (nehmlich bo) gleich ſeyn muß/ vermoͤg des 16den im VI. Buch Euclidis. Weilen aber dieſer angezogene Lehrſatz bey dem Euclides nicht allgemein (wie es wol ſeyn ſolte) ſondern nur von denen gleichverhaltenden Lineen erwieſen iſt/ koͤnnen wir uns deſſelben mit Recht noch nicht bedienen/ biß er ſeinen allgemeinen Beweiß auch bekomme/ den wir ihme dann bald hernach auch zueignen/ und bey ſolcher Gelegenheit auch das/ ſonſt ſchwaͤre/ V. Buch Euclidis auf gleiche Weiſe mit ſehr leichten und augenſcheinlichen/ und dannoch auch allgemeinen Beweißtuhmen/ gar kurz ausfertigen wollen. Jndeſſen muͤſſen wir an ſtatt des vorigen Beweiſes/ unſerm unterhanden habenden Lehr- ſatz einen andern verſchaffen/ der zu ſeiner Bekraͤfftigung keines andern beduͤrfe/ ſondern fuͤr ſich ſelbſten offenbar fuͤr Augen lige/ nehmlich dieſen: Weil die beyde gegebene ganze Dinge gleichverhaltend geteihlet ſind/ ſo koͤnnen wir ihrer Teihle Verhaͤltnis/ ſie ſey wie ſie wolle/ andeuten mit einem/ nach Belieben erkieſeten/ Buch- ſtaben/ zum Exempel mit e; alſo daß/ wann ich den erſten Teihl des erſten a nenne/ der andere ſeyn wird ea; und wann der erſte Teihl des andern heiſſet b, der andere heiſſen muß eb; dann alſo werden a, ea, b, eb, gleichverhaltende Teihle ſeyn/ aus welchen alſo entſpringen die Nahmen derer ganzen/ nehmlich des erſten a+ea und des andern b+eb. Jezt fuͤhre man erſtlich

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Zitationshilfe: Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_kunst_1670/74>, abgerufen am 23.11.2024.