Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

Scheiben-Messung.
dings-weis gesetzet/ also daß/ wann schon die Bedingung unmöglich wäre/ dannoch daraus
etwas gewiß könnte geschlossen werden/ wie zum Exempel Euclides aus dem falschen und
unmöglichen Satz/ Daß einer Vierung Durchmesser mit ihrer Seite einerley Maas
haben könne
/ unfehlbar zu folgen beweiset/ daß eine gerade Zahl einer ungeraden gleich
seyn könne.
Gesetzet nun/ daß keine Kreiß-Lini eine gleiche gerade in der Natur hätte/ so
bliebe doch ewiglich waar/ und/ dem Beweiß Archimedis nach/ unfehlbar/ daß/ wann ein
Dreyekk könte gefunden werden/ dessen Höhe dem Halbmesser einer Scheibe/ die Grundlini
aber ihrem Umbkreiß gleich wäre/ solches Dreyekk nohtwendig seiner Fläche nach bemeldter
Scheibe gleich seyn würde. Hier möchte aber der kunstliebende Leser versetzen; Wann ge-
dachter Lehrsatz Archimedis schon tausendmal waar wäre/ so würde er doch (im fall die Kreiß-
Lini keine gleiche unter denen geraden hätte) unnutzlich/ und Archimedes vergeblich/ oder
auch nicht gar klüglich/ mit desselben Beweiß bemühet seyn. Darauf gebe ich zur Antwort
dieses: Erstlich/ wann schon keine einige gerade Lini keiner einigen Kreiß-Lini gleichete/ so
ist doch solches nicht bewust oder von jemand bewiesen/ sondern von denen meisten jederzeit
noch das Gegenteihl für glaubwürdig geachtet worden; also daß Archimedes gleichwol durch
diesen Beweiß sein gebührend Lob verdienet hätte/ wegen Hoffnung des herrlichen Nutzens/
welchen diese seine Erfindung bringen könnte/ im fall etwan ein tiefsinniger Kopf die verlangete
und für möglich geachtete Gleichheit einer Kreiß- und einer geraden Lini an den Tag bringen
würde. Darnach wann auch Archimedes gleich gewiß gewust hätte/ daß keine gerade Lini
könnte kunstrichtig und unfehlbar einer Kreiß Lini gleich gemachet oder gefunden werden/
so hätte er dennoch mit diesem seinem Lehrsatz ein unsterbliches Lob verdienet/ in dem er dar-
durch aufs wenigste lehrete/ wie einer jeden gegebenen Scheibe ein gleiches Dreyekk könte ge-
funden werden/ ob schon nicht ganz kunstrichtig und Geometrisch/ dannoch ohne einigen/ auch
denen allersubtilesten Sinnen/ merklichen Fehler; durch Beyhülf nehmlich einer andern schö-
nen Erfindung/ durch welche er zeiget den Weg einer jeden gegebenen Kreiß-Lini eine andere
gerade so gleich zu machen/ daß es nicht umb ein Härlein oder einiges begreiffliches Bißlein
fehle: Welches dann dieses seines Büchleins einiger Zwekk/ und (wie wir am End desselben
zeigen wollen) in der Meßkunst und dem gemeinen Wesen höchst-nutzlich und ersprießlich ist.
Endlich/ damit wir der ganzen Sache auf einmal abhelfen (dann alles bißher-gesagtes ist
nicht aus Roht/ sondern nur mehrer Erläuterungs halben fürgebracht worden) so hat Archi-
medes
selbsten schon klar und deutlich genug bewiesen/ daß jede Kreiß-Lini ein gerade habe/
welche ihr ganz richtig und unfehlbar gleich sey; nehmlich in seinem/ bald hernach folgenden/
Buch vor denen Schnekken-Lineen/ und zwar in desselben XVIII. und XIX. Lehrsatz/ wie
wir zu seiner Zeit mit mehrern sehen werden.

Der II. Lehrsatz/
Oder
Die Andere Betrachtung.

Einer jeden Scheiben Umbkreiß ist so groß als ihr Durch-
messer dreymal genommen/ sambt noch einem Stükklein/ wel-
ches zwar kleiner ist als ein Sieben-Teihl/ grösser aber als zehen
Ein-und-Siebenzigteihligen des Durchmessers.

Erläuterung.

Es sey zum Exempel eine Scheibe oder eine Kreiß-Lini und deroselben
Durchmesser AC; eine den Kreiß berührende Lini CLF, und der Mittelpunct
des Kreisses E. Soll nun obiges beydes bewiesen werden; Nehmlich 1. Daß
die Kreiß-Lini ihren Durchmesser dreymal in sich begreiffe/ und noch etwas
wenigers als den siebenden Teihl desselben. 2. Daß eben dieselbe Kreiß-Lini/

wie ge-
X iij

Scheiben-Meſſung.
dings-weis geſetzet/ alſo daß/ wann ſchon die Bedingung unmoͤglich waͤre/ dannoch daraus
etwas gewiß koͤnnte geſchloſſen werden/ wie zum Exempel Euclides aus dem falſchen und
unmoͤglichen Satz/ Daß einer Vierung Durchmeſſer mit ihrer Seite einerley Maas
haben koͤnne
/ unfehlbar zu folgen beweiſet/ daß eine gerade Zahl einer ungeraden gleich
ſeyn koͤnne.
Geſetzet nun/ daß keine Kreiß-Lini eine gleiche gerade in der Natur haͤtte/ ſo
bliebe doch ewiglich waar/ und/ dem Beweiß Archimedis nach/ unfehlbar/ daß/ wann ein
Dreyekk koͤnte gefunden werden/ deſſen Hoͤhe dem Halbmeſſer einer Scheibe/ die Grundlini
aber ihrem Umbkreiß gleich waͤre/ ſolches Dreyekk nohtwendig ſeiner Flaͤche nach bemeldter
Scheibe gleich ſeyn wuͤrde. Hier moͤchte aber der kunſtliebende Leſer verſetzen; Wann ge-
dachter Lehrſatz Archimedis ſchon tauſendmal waar waͤre/ ſo wuͤrde er doch (im fall die Kreiß-
Lini keine gleiche unter denen geraden haͤtte) unnutzlich/ und Archimedes vergeblich/ oder
auch nicht gar kluͤglich/ mit deſſelben Beweiß bemuͤhet ſeyn. Darauf gebe ich zur Antwort
dieſes: Erſtlich/ wann ſchon keine einige gerade Lini keiner einigen Kreiß-Lini gleichete/ ſo
iſt doch ſolches nicht bewuſt oder von jemand bewieſen/ ſondern von denen meiſten jederzeit
noch das Gegenteihl fuͤr glaubwuͤrdig geachtet worden; alſo daß Archimedes gleichwol durch
dieſen Beweiß ſein gebuͤhrend Lob verdienet haͤtte/ wegen Hoffnung des herꝛlichen Nutzens/
welchen dieſe ſeine Erfindung bringen koͤnnte/ im fall etwan ein tiefſinniger Kopf die verlangete
und fuͤr moͤglich geachtete Gleichheit einer Kreiß- und einer geraden Lini an den Tag bringen
wuͤrde. Darnach wann auch Archimedes gleich gewiß gewuſt haͤtte/ daß keine gerade Lini
koͤnnte kunſtrichtig und unfehlbar einer Kreiß Lini gleich gemachet oder gefunden werden/
ſo haͤtte er dennoch mit dieſem ſeinem Lehrſatz ein unſterbliches Lob verdienet/ in dem er dar-
durch aufs wenigſte lehrete/ wie einer jeden gegebenen Scheibe ein gleiches Dreyekk koͤnte ge-
funden werden/ ob ſchon nicht ganz kunſtrichtig und Geometriſch/ dannoch ohne einigen/ auch
denen allerſubtileſten Sinnen/ merklichen Fehler; durch Beyhuͤlf nehmlich einer andern ſchoͤ-
nen Erfindung/ durch welche er zeiget den Weg einer jeden gegebenen Kreiß-Lini eine andere
gerade ſo gleich zu machen/ daß es nicht umb ein Haͤrlein oder einiges begreiffliches Bißlein
fehle: Welches dann dieſes ſeines Buͤchleins einiger Zwekk/ und (wie wir am End deſſelben
zeigen wollen) in der Meßkunſt und dem gemeinen Weſen hoͤchſt-nutzlich und erſprießlich iſt.
Endlich/ damit wir der ganzen Sache auf einmal abhelfen (dann alles bißher-geſagtes iſt
nicht aus Roht/ ſondern nur mehrer Erlaͤuterungs halben fuͤrgebracht worden) ſo hat Archi-
medes
ſelbſten ſchon klar und deutlich genug bewieſen/ daß jede Kreiß-Lini ein gerade habe/
welche ihr ganz richtig und unfehlbar gleich ſey; nehmlich in ſeinem/ bald hernach folgenden/
Buch vor denen Schnekken-Lineen/ und zwar in deſſelben XVIII. und XIX. Lehrſatz/ wie
wir zu ſeiner Zeit mit mehrern ſehen werden.

Der II. Lehrſatz/
Oder
Die Andere Betrachtung.

Einer jeden Scheiben Umbkreiß iſt ſo groß als ihr Durch-
meſſer dreymal genommen/ ſambt noch einem Stuͤkklein/ wel-
ches zwar kleiner iſt als ein Sieben-Teihl/ groͤſſer aber als zehen
Ein-und-Siebenzigteihligen des Durchmeſſers.

Erlaͤuterung.

Es ſey zum Exempel eine Scheibe oder eine Kreiß-Lini und deroſelben
Durchmeſſer AC; eine den Kreiß beruͤhrende Lini CLF, und der Mittelpunct
des Kreiſſes E. Soll nun obiges beydes bewieſen werden; Nehmlich 1. Daß
die Kreiß-Lini ihren Durchmeſſer dreymal in ſich begreiffe/ und noch etwas
wenigers als den ſiebenden Teihl deſſelben. 2. Daß eben dieſelbe Kreiß-Lini/

wie ge-
X iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0193" n="165"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Scheiben-Me&#x017F;&#x017F;ung.</hi></fw><lb/>
dings-weis ge&#x017F;etzet/ al&#x017F;o daß/ wann &#x017F;chon die Bedingung unmo&#x0364;glich wa&#x0364;re/ dannoch daraus<lb/>
etwas gewiß ko&#x0364;nnte ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden/ wie zum Exempel <hi rendition="#fr">Euclides</hi> aus dem fal&#x017F;chen und<lb/>
unmo&#x0364;glichen Satz/ <hi rendition="#fr">Daß einer Vierung Durchme&#x017F;&#x017F;er mit ihrer Seite einerley Maas<lb/>
haben ko&#x0364;nne</hi>/ unfehlbar zu folgen bewei&#x017F;et/ <hi rendition="#fr">daß eine gerade Zahl einer ungeraden gleich<lb/>
&#x017F;eyn ko&#x0364;nne.</hi> Ge&#x017F;etzet nun/ daß keine Kreiß-Lini eine gleiche gerade in der Natur ha&#x0364;tte/ &#x017F;o<lb/>
bliebe doch ewiglich waar/ und/ dem Beweiß <hi rendition="#fr">Archimedis</hi> nach/ unfehlbar/ daß/ wann ein<lb/>
Dreyekk ko&#x0364;nte gefunden werden/ de&#x017F;&#x017F;en Ho&#x0364;he dem Halbme&#x017F;&#x017F;er einer Scheibe/ die Grundlini<lb/>
aber ihrem Umbkreiß gleich wa&#x0364;re/ &#x017F;olches Dreyekk nohtwendig &#x017F;einer Fla&#x0364;che nach bemeldter<lb/>
Scheibe gleich &#x017F;eyn wu&#x0364;rde. Hier mo&#x0364;chte aber der kun&#x017F;tliebende Le&#x017F;er ver&#x017F;etzen; Wann ge-<lb/>
dachter Lehr&#x017F;atz <hi rendition="#fr">Archimedis</hi> &#x017F;chon tau&#x017F;endmal waar wa&#x0364;re/ &#x017F;o wu&#x0364;rde er doch (im fall die Kreiß-<lb/>
Lini keine gleiche unter denen geraden ha&#x0364;tte) unnutzlich/ und <hi rendition="#fr">Archimedes</hi> vergeblich/ oder<lb/>
auch nicht gar klu&#x0364;glich/ mit de&#x017F;&#x017F;elben Beweiß bemu&#x0364;het &#x017F;eyn. Darauf gebe ich zur Antwort<lb/>
die&#x017F;es: Er&#x017F;tlich/ wann &#x017F;chon keine einige gerade Lini keiner einigen Kreiß-Lini gleichete/ &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t doch &#x017F;olches nicht bewu&#x017F;t oder von jemand bewie&#x017F;en/ &#x017F;ondern von denen mei&#x017F;ten jederzeit<lb/>
noch das Gegenteihl fu&#x0364;r glaubwu&#x0364;rdig geachtet worden; al&#x017F;o daß <hi rendition="#fr">Archimedes</hi> gleichwol durch<lb/>
die&#x017F;en Beweiß &#x017F;ein gebu&#x0364;hrend Lob verdienet ha&#x0364;tte/ wegen Hoffnung des her&#xA75B;lichen Nutzens/<lb/>
welchen die&#x017F;e &#x017F;eine Erfindung bringen ko&#x0364;nnte/ im fall etwan ein tief&#x017F;inniger Kopf die verlangete<lb/>
und fu&#x0364;r mo&#x0364;glich geachtete Gleichheit einer Kreiß- und einer geraden Lini an den Tag bringen<lb/>
wu&#x0364;rde. Darnach wann auch <hi rendition="#fr">Archimedes</hi> gleich gewiß gewu&#x017F;t ha&#x0364;tte/ daß keine gerade Lini<lb/>
ko&#x0364;nnte kun&#x017F;trichtig und unfehlbar einer Kreiß Lini gleich gemachet oder gefunden werden/<lb/>
&#x017F;o ha&#x0364;tte er dennoch mit die&#x017F;em &#x017F;einem Lehr&#x017F;atz ein un&#x017F;terbliches Lob verdienet/ in dem er dar-<lb/>
durch aufs wenig&#x017F;te lehrete/ wie einer jeden gegebenen Scheibe ein gleiches Dreyekk ko&#x0364;nte ge-<lb/>
funden werden/ ob &#x017F;chon nicht ganz kun&#x017F;trichtig und Geometri&#x017F;ch/ dannoch ohne einigen/ auch<lb/>
denen aller&#x017F;ubtile&#x017F;ten Sinnen/ merklichen Fehler; durch Beyhu&#x0364;lf nehmlich einer andern &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nen Erfindung/ durch welche er zeiget den Weg einer jeden gegebenen Kreiß-Lini eine andere<lb/>
gerade &#x017F;o gleich zu machen/ daß es nicht umb ein Ha&#x0364;rlein oder einiges begreiffliches Bißlein<lb/>
fehle: Welches dann die&#x017F;es &#x017F;eines Bu&#x0364;chleins einiger Zwekk/ und (wie wir am End de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
zeigen wollen) in der Meßkun&#x017F;t und dem gemeinen We&#x017F;en ho&#x0364;ch&#x017F;t-nutzlich und er&#x017F;prießlich i&#x017F;t.<lb/>
Endlich/ damit wir der ganzen Sache auf einmal abhelfen (dann alles bißher-ge&#x017F;agtes i&#x017F;t<lb/>
nicht aus Roht/ &#x017F;ondern nur mehrer Erla&#x0364;uterungs halben fu&#x0364;rgebracht worden) &#x017F;o hat <hi rendition="#fr">Archi-<lb/>
medes</hi> &#x017F;elb&#x017F;ten &#x017F;chon klar und deutlich genug bewie&#x017F;en/ daß jede Kreiß-Lini ein gerade habe/<lb/>
welche ihr ganz richtig und unfehlbar gleich &#x017F;ey; nehmlich in &#x017F;einem/ bald hernach folgenden/<lb/>
Buch vor denen Schnekken-Lineen/ und zwar in de&#x017F;&#x017F;elben <hi rendition="#aq">XVIII.</hi> und <hi rendition="#aq">XIX.</hi> Lehr&#x017F;atz/ wie<lb/>
wir zu &#x017F;einer Zeit mit mehrern &#x017F;ehen werden.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="2">
            <head> <hi rendition="#b">Der <hi rendition="#aq">II.</hi> Lehr&#x017F;atz/<lb/>
Oder<lb/>
Die Andere Betrachtung.</hi> </head><lb/>
            <p>Einer jeden Scheiben Umbkreiß i&#x017F;t &#x017F;o groß als ihr Durch-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;er dreymal genommen/ &#x017F;ambt noch einem Stu&#x0364;kklein/ wel-<lb/>
ches zwar kleiner i&#x017F;t als ein Sieben-Teihl/ gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er aber als zehen<lb/>
Ein-und-Siebenzigteihligen des Durchme&#x017F;&#x017F;ers.</p><lb/>
            <div n="3">
              <head> <hi rendition="#b">Erla&#x0364;uterung.</hi> </head><lb/>
              <p>Es &#x017F;ey zum Exempel eine Scheibe oder eine Kreiß-Lini und dero&#x017F;elben<lb/>
Durchme&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">AC;</hi> eine den Kreiß beru&#x0364;hrende Lini <hi rendition="#aq">CLF,</hi> und der Mittelpunct<lb/>
des Krei&#x017F;&#x017F;es <hi rendition="#aq">E.</hi> Soll nun obiges beydes bewie&#x017F;en werden; Nehmlich 1. Daß<lb/>
die Kreiß-Lini ihren Durchme&#x017F;&#x017F;er dreymal in &#x017F;ich begreiffe/ und noch etwas<lb/>
wenigers als den &#x017F;iebenden Teihl de&#x017F;&#x017F;elben. 2. Daß eben die&#x017F;elbe Kreiß-Lini/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X iij</fw><fw place="bottom" type="catch">wie ge-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0193] Scheiben-Meſſung. dings-weis geſetzet/ alſo daß/ wann ſchon die Bedingung unmoͤglich waͤre/ dannoch daraus etwas gewiß koͤnnte geſchloſſen werden/ wie zum Exempel Euclides aus dem falſchen und unmoͤglichen Satz/ Daß einer Vierung Durchmeſſer mit ihrer Seite einerley Maas haben koͤnne/ unfehlbar zu folgen beweiſet/ daß eine gerade Zahl einer ungeraden gleich ſeyn koͤnne. Geſetzet nun/ daß keine Kreiß-Lini eine gleiche gerade in der Natur haͤtte/ ſo bliebe doch ewiglich waar/ und/ dem Beweiß Archimedis nach/ unfehlbar/ daß/ wann ein Dreyekk koͤnte gefunden werden/ deſſen Hoͤhe dem Halbmeſſer einer Scheibe/ die Grundlini aber ihrem Umbkreiß gleich waͤre/ ſolches Dreyekk nohtwendig ſeiner Flaͤche nach bemeldter Scheibe gleich ſeyn wuͤrde. Hier moͤchte aber der kunſtliebende Leſer verſetzen; Wann ge- dachter Lehrſatz Archimedis ſchon tauſendmal waar waͤre/ ſo wuͤrde er doch (im fall die Kreiß- Lini keine gleiche unter denen geraden haͤtte) unnutzlich/ und Archimedes vergeblich/ oder auch nicht gar kluͤglich/ mit deſſelben Beweiß bemuͤhet ſeyn. Darauf gebe ich zur Antwort dieſes: Erſtlich/ wann ſchon keine einige gerade Lini keiner einigen Kreiß-Lini gleichete/ ſo iſt doch ſolches nicht bewuſt oder von jemand bewieſen/ ſondern von denen meiſten jederzeit noch das Gegenteihl fuͤr glaubwuͤrdig geachtet worden; alſo daß Archimedes gleichwol durch dieſen Beweiß ſein gebuͤhrend Lob verdienet haͤtte/ wegen Hoffnung des herꝛlichen Nutzens/ welchen dieſe ſeine Erfindung bringen koͤnnte/ im fall etwan ein tiefſinniger Kopf die verlangete und fuͤr moͤglich geachtete Gleichheit einer Kreiß- und einer geraden Lini an den Tag bringen wuͤrde. Darnach wann auch Archimedes gleich gewiß gewuſt haͤtte/ daß keine gerade Lini koͤnnte kunſtrichtig und unfehlbar einer Kreiß Lini gleich gemachet oder gefunden werden/ ſo haͤtte er dennoch mit dieſem ſeinem Lehrſatz ein unſterbliches Lob verdienet/ in dem er dar- durch aufs wenigſte lehrete/ wie einer jeden gegebenen Scheibe ein gleiches Dreyekk koͤnte ge- funden werden/ ob ſchon nicht ganz kunſtrichtig und Geometriſch/ dannoch ohne einigen/ auch denen allerſubtileſten Sinnen/ merklichen Fehler; durch Beyhuͤlf nehmlich einer andern ſchoͤ- nen Erfindung/ durch welche er zeiget den Weg einer jeden gegebenen Kreiß-Lini eine andere gerade ſo gleich zu machen/ daß es nicht umb ein Haͤrlein oder einiges begreiffliches Bißlein fehle: Welches dann dieſes ſeines Buͤchleins einiger Zwekk/ und (wie wir am End deſſelben zeigen wollen) in der Meßkunſt und dem gemeinen Weſen hoͤchſt-nutzlich und erſprießlich iſt. Endlich/ damit wir der ganzen Sache auf einmal abhelfen (dann alles bißher-geſagtes iſt nicht aus Roht/ ſondern nur mehrer Erlaͤuterungs halben fuͤrgebracht worden) ſo hat Archi- medes ſelbſten ſchon klar und deutlich genug bewieſen/ daß jede Kreiß-Lini ein gerade habe/ welche ihr ganz richtig und unfehlbar gleich ſey; nehmlich in ſeinem/ bald hernach folgenden/ Buch vor denen Schnekken-Lineen/ und zwar in deſſelben XVIII. und XIX. Lehrſatz/ wie wir zu ſeiner Zeit mit mehrern ſehen werden. Der II. Lehrſatz/ Oder Die Andere Betrachtung. Einer jeden Scheiben Umbkreiß iſt ſo groß als ihr Durch- meſſer dreymal genommen/ ſambt noch einem Stuͤkklein/ wel- ches zwar kleiner iſt als ein Sieben-Teihl/ groͤſſer aber als zehen Ein-und-Siebenzigteihligen des Durchmeſſers. Erlaͤuterung. Es ſey zum Exempel eine Scheibe oder eine Kreiß-Lini und deroſelben Durchmeſſer AC; eine den Kreiß beruͤhrende Lini CLF, und der Mittelpunct des Kreiſſes E. Soll nun obiges beydes bewieſen werden; Nehmlich 1. Daß die Kreiß-Lini ihren Durchmeſſer dreymal in ſich begreiffe/ und noch etwas wenigers als den ſiebenden Teihl deſſelben. 2. Daß eben dieſelbe Kreiß-Lini/ wie ge- X iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_kunst_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_kunst_1670/193
Zitationshilfe: Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_kunst_1670/193>, abgerufen am 27.04.2024.