unsträflichen Wandel das Gesez an unsrer Statt erfüllt (obedientia activa), theils in seinem Leiden und Tod die Strafe getragen, die uns gebührte (obedientia passiva), und vertritt uns nun fortwährend bei dem Vater; als Kö- nig endlich regiert er die Welt und insbesondre die Kirche, welche er aus den Kämpfen der Erde zur Herrlichkeit des Himmels führen, und durch Auferstehung und Weltgericht vollenden wird.
§. 142. Bestreitung der kirchlichen Lehre von Christo.
In der Lehre von der Person Christi giengen schon die Reformirten nicht so weit wie die Lutheraner mit, in- dem sie deren lezte, kühnste Folgerung aus der Vereini- gung des Göttlichen und Menschlichen in ihr, die commu- nicatio idiomatum, nicht zugaben. Die lutherischen Dog- matiker selbst liessen die Eigenschaften der menschlichen Natur sich nicht an die göttliche, und von dieser wenig- stens nicht alle Eigenschaften, wie z. B. nicht die Ewig- keit, an die menschliche sich mittheilen 1); was die Re- formirten zu der Einwendung veranlasste: die Mittheilung der Eigenschaften müsse eine gegenseitige und vollständige sein, oder sei sie gar keine; übrigens werde auch schon durch die bloss einseitige Mittheilung von Eigenschaften ei- ner unendlichen Natur an eine endliche diese nicht minder in ihrem Wesen aufgehoben, als jene, wenn sie von die- ser Eigenschaften annehmen müsste 2). Wenn sich hiege- gen die lutherischen Dogmatiker dadurch zu decken such- ten, dass sie die eine Natur die Eigenschaften der andern nur so weit mitbesitzen liessen, uti per suam indolem
1) s. die dem locus de pers. et offic. Chr. angehängte Oratio bei Gerhard, a. a. O. p. 719 ff.
2) s. Gerhard, II. th. 1, p. 685 ff. Marheineke, instit. symb. §. 71 f.
Schluſsabhandlung. §. 142.
unsträflichen Wandel das Gesez an unsrer Statt erfüllt (obedientia activa), theils in seinem Leiden und Tod die Strafe getragen, die uns gebührte (obedientia passiva), und vertritt uns nun fortwährend bei dem Vater; als Kö- nig endlich regiert er die Welt und insbesondre die Kirche, welche er aus den Kämpfen der Erde zur Herrlichkeit des Himmels führen, und durch Auferstehung und Weltgericht vollenden wird.
§. 142. Bestreitung der kirchlichen Lehre von Christo.
In der Lehre von der Person Christi giengen schon die Reformirten nicht so weit wie die Lutheraner mit, in- dem sie deren lezte, kühnste Folgerung aus der Vereini- gung des Göttlichen und Menschlichen in ihr, die commu- nicatio idiomatum, nicht zugaben. Die lutherischen Dog- matiker selbst lieſsen die Eigenschaften der menschlichen Natur sich nicht an die göttliche, und von dieser wenig- stens nicht alle Eigenschaften, wie z. B. nicht die Ewig- keit, an die menschliche sich mittheilen 1); was die Re- formirten zu der Einwendung veranlaſste: die Mittheilung der Eigenschaften müsse eine gegenseitige und vollständige sein, oder sei sie gar keine; übrigens werde auch schon durch die bloſs einseitige Mittheilung von Eigenschaften ei- ner unendlichen Natur an eine endliche diese nicht minder in ihrem Wesen aufgehoben, als jene, wenn sie von die- ser Eigenschaften annehmen müſste 2). Wenn sich hiege- gen die lutherischen Dogmatiker dadurch zu decken such- ten, daſs sie die eine Natur die Eigenschaften der andern nur so weit mitbesitzen lieſsen, uti per suam indolem
1) s. die dem locus de pers. et offic. Chr. angehängte Oratio bei Gerhard, a. a. O. p. 719 ff.
2) s. Gerhard, II. th. 1, p. 685 ff. Marheineke, instit. symb. §. 71 f.
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Schluſsabhandlung. §. 142.
unsträflichen Wandel das Gesez an unsrer Statt erfüllt
(obedientia activa), theils in seinem Leiden und Tod die
Strafe getragen, die uns gebührte (obedientia passiva),
und vertritt uns nun fortwährend bei dem Vater; als Kö-
nig endlich regiert er die Welt und insbesondre die Kirche,
welche er aus den Kämpfen der Erde zur Herrlichkeit des
Himmels führen, und durch Auferstehung und Weltgericht
vollenden wird.
§. 142.
Bestreitung der kirchlichen Lehre von Christo.
In der Lehre von der Person Christi giengen schon
die Reformirten nicht so weit wie die Lutheraner mit, in-
dem sie deren lezte, kühnste Folgerung aus der Vereini-
gung des Göttlichen und Menschlichen in ihr, die commu-
nicatio idiomatum, nicht zugaben. Die lutherischen Dog-
matiker selbst lieſsen die Eigenschaften der menschlichen
Natur sich nicht an die göttliche, und von dieser wenig-
stens nicht alle Eigenschaften, wie z. B. nicht die Ewig-
keit, an die menschliche sich mittheilen 1); was die Re-
formirten zu der Einwendung veranlaſste: die Mittheilung
der Eigenschaften müsse eine gegenseitige und vollständige
sein, oder sei sie gar keine; übrigens werde auch schon
durch die bloſs einseitige Mittheilung von Eigenschaften ei-
ner unendlichen Natur an eine endliche diese nicht minder
in ihrem Wesen aufgehoben, als jene, wenn sie von die-
ser Eigenschaften annehmen müſste 2). Wenn sich hiege-
gen die lutherischen Dogmatiker dadurch zu decken such-
ten, daſs sie die eine Natur die Eigenschaften der andern
nur so weit mitbesitzen lieſsen, uti per suam indolem
1) s. die dem locus de pers. et offic. Chr. angehängte Oratio
bei Gerhard, a. a. O. p. 719 ff.
2) s. Gerhard, II. th. 1, p. 685 ff. Marheineke, instit. symb.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/720>, abgerufen am 23.11.2024.
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