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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
len liess. Endlich bei der Erscheinung am galiläischen
See stand Jesus in der Morgendämmerung, unerkannt von
den im Schiff befindlichen Jüngern, am Ufer, fragte sie
um ein Gericht Fische, und wurde hierauf an dem reichen
Fischzug, den er ihnen gewährte, von Johannes erkannt,
doch so, dass die an's Land gestiegenen Jünger nicht wag-
ten, ihn zu fragen, ob er es wirklich sei. Hierauf v er-
theilte er Brot und Fische unter sie, wovon er ohne Zwei-
fel selbst auch mitgenoss, und hatte hernach mit Johannes
und Petrus eine Unterredung 2).

2) Von demjenigen Theil dieser Unterredung, welcher den Jo-
hannes betrifft, ist schon oben die Rede gewesen. Den Pe-
trus anlangend bezieht sich die dreimal wiederholte Frage
Jesu: agapas oder phileis me; der gewöhnlichen Ansicht nach
auf seine Verleugnung; dem ote es neoteros, ezonnues seau-
ton kai periepateis opou etheles; otan de gerases, ekteneis tas
kheiras sou kai allos se zosei kai oisei opouou theleis (V. 18 f.)
aber wird vom Evangelisten selbst die Deutung gegeben, Je-
sus habe es zu Petrus gesprochen, semainon, poio thanato
doxasei ton theon. Diess müsste auf die Kreuzigung gehen,
was der kirchlichen Sage zufolge (Tertull. de praescr. haer.
36. Euseb. H. E. 2, 25.) die Todesart des Petrus war, und
auf welche im Sinne des Evangelisten auch das akolouthei moi
V. 20 und 22. (d. h. folge mir in der gleichen Todesart)
hinzuweisen scheint. Allein gerade der Hauptzug bei dieser
Deutung, das ekteneis tas kheiras, ist hier so gestellt, dass
die Beziehung auf die Kreuzigung unmöglich wird, nämlich
vor die Abführung, wohin man nicht will; umgekehrt das Gür-
ten, was doch nur das Binden zum Behuf der Abführung bedeu-
ten kann, sollte vor dem Ausstrecken der Hände am Kreuze
stehen. Sieht man von der Deutung ab, welche der Refe-
rent, wie auch Lücke (S. 703.) zugesteht, ex eventu, den
Worten Jesu giebt: so scheinen diese nichts als den Ge-
meinplaz von der Hülflosigkeit des Alters im Gegensaz zu
der Rüstigkeit der Jugend zu enthalten, worüber auch das
oisei opou outheleis nicht hinausgeht. Der Verf. von Joh. 21.
aber, dem die Worte, sei es als Ausspruch Jesu, oder wie

Dritter Abschnitt.
len lieſs. Endlich bei der Erscheinung am galiläischen
See stand Jesus in der Morgendämmerung, unerkannt von
den im Schiff befindlichen Jüngern, am Ufer, fragte sie
um ein Gericht Fische, und wurde hierauf an dem reichen
Fischzug, den er ihnen gewährte, von Johannes erkannt,
doch so, daſs die an's Land gestiegenen Jünger nicht wag-
ten, ihn zu fragen, ob er es wirklich sei. Hierauf v er-
theilte er Brot und Fische unter sie, wovon er ohne Zwei-
fel selbst auch mitgenoſs, und hatte hernach mit Johannes
und Petrus eine Unterredung 2).

2) Von demjenigen Theil dieser Unterredung, welcher den Jo-
hannes betrifft, ist schon oben die Rede gewesen. Den Pe-
trus anlangend bezieht sich die dreimal wiederholte Frage
Jesu: ἀγαπᾷς oder φιλεῖς με; der gewöhnlichen Ansicht nach
auf seine Verleugnung; dem ὅτε ἦς νεώτερος, ἐζώννυες σεαυ-
τὸν καὶ περιεπάτεις ὅπου ἤϑελες· ὅταν δὲ γηράσῃς, ἐκτενεῖς τὰς
χεῖράς σου καὶ ἄλλος σε ζώσει καὶ οἴσει ὅπουοὐ ϑέλεις (V. 18 f.)
aber wird vom Evangelisten selbst die Deutung gegeben, Je-
sus habe es zu Petrus gesprochen, σημαίνων, ποίῳ ϑανάτῳ
δοξάσει τὸν ϑεόν. Diess müsste auf die Kreuzigung gehen,
was der kirchlichen Sage zufolge (Tertull. de praescr. haer.
36. Euseb. H. E. 2, 25.) die Todesart des Petrus war, und
auf welche im Sinne des Evangelisten auch das ἀκολοὐϑει μοι
V. 20 und 22. (d. h. folge mir in der gleichen Todesart)
hinzuweisen scheint. Allein gerade der Hauptzug bei dieser
Deutung, das ἐκτενεῖς τὰς χεῖρας, ist hier so gestellt, dass
die Beziehung auf die Kreuzigung unmöglich wird, nämlich
vor die Abführung, wohin man nicht will; umgekehrt das Gür-
ten, was doch nur das Binden zum Behuf der Abführung bedeu-
ten kann, sollte vor dem Ausstrecken der Hände am Kreuze
stehen. Sieht man von der Deutung ab, welche der Refe-
rent, wie auch Lücke (S. 703.) zugesteht, ex eventu, den
Worten Jesu giebt: so scheinen diese nichts als den Ge-
meinplaz von der Hülflosigkeit des Alters im Gegensaz zu
der Rüstigkeit der Jugend zu enthalten, worüber auch das
οἴσει ὅπου οὐϑέλεις nicht hinausgeht. Der Verf. von Joh. 21.
aber, dem die Worte, sei es als Ausspruch Jesu, oder wie
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[632/0651] Dritter Abschnitt. len lieſs. Endlich bei der Erscheinung am galiläischen See stand Jesus in der Morgendämmerung, unerkannt von den im Schiff befindlichen Jüngern, am Ufer, fragte sie um ein Gericht Fische, und wurde hierauf an dem reichen Fischzug, den er ihnen gewährte, von Johannes erkannt, doch so, daſs die an's Land gestiegenen Jünger nicht wag- ten, ihn zu fragen, ob er es wirklich sei. Hierauf v er- theilte er Brot und Fische unter sie, wovon er ohne Zwei- fel selbst auch mitgenoſs, und hatte hernach mit Johannes und Petrus eine Unterredung 2). 2) Von demjenigen Theil dieser Unterredung, welcher den Jo- hannes betrifft, ist schon oben die Rede gewesen. Den Pe- trus anlangend bezieht sich die dreimal wiederholte Frage Jesu: ἀγαπᾷς oder φιλεῖς με; der gewöhnlichen Ansicht nach auf seine Verleugnung; dem ὅτε ἦς νεώτερος, ἐζώννυες σεαυ- τὸν καὶ περιεπάτεις ὅπου ἤϑελες· ὅταν δὲ γηράσῃς, ἐκτενεῖς τὰς χεῖράς σου καὶ ἄλλος σε ζώσει καὶ οἴσει ὅπουοὐ ϑέλεις (V. 18 f.) aber wird vom Evangelisten selbst die Deutung gegeben, Je- sus habe es zu Petrus gesprochen, σημαίνων, ποίῳ ϑανάτῳ δοξάσει τὸν ϑεόν. Diess müsste auf die Kreuzigung gehen, was der kirchlichen Sage zufolge (Tertull. de praescr. haer. 36. Euseb. H. E. 2, 25.) die Todesart des Petrus war, und auf welche im Sinne des Evangelisten auch das ἀκολοὐϑει μοι V. 20 und 22. (d. h. folge mir in der gleichen Todesart) hinzuweisen scheint. Allein gerade der Hauptzug bei dieser Deutung, das ἐκτενεῖς τὰς χεῖρας, ist hier so gestellt, dass die Beziehung auf die Kreuzigung unmöglich wird, nämlich vor die Abführung, wohin man nicht will; umgekehrt das Gür- ten, was doch nur das Binden zum Behuf der Abführung bedeu- ten kann, sollte vor dem Ausstrecken der Hände am Kreuze stehen. Sieht man von der Deutung ab, welche der Refe- rent, wie auch Lücke (S. 703.) zugesteht, ex eventu, den Worten Jesu giebt: so scheinen diese nichts als den Ge- meinplaz von der Hülflosigkeit des Alters im Gegensaz zu der Rüstigkeit der Jugend zu enthalten, worüber auch das οἴσει ὅπου οὐϑέλεις nicht hinausgeht. Der Verf. von Joh. 21. aber, dem die Worte, sei es als Ausspruch Jesu, oder wie

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/651>, abgerufen am 23.11.2024.