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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Viertes Kapitel. §. 135.

Dadurch wird übrigens die Stelle aus dem ersten Ko-
rintherbrief nicht erschüttert, welcher, unzweifelhaft ächt,
etwa um das Jahr 59 nach Christo, mithin noch keine 30
Jahre nach seiner Auferstehung, geschrieben ist 18). Die-
ser Nachricht müssen wir das glauben, dass viele zur Zeit
der Abfassung des Briefs noch lebende Mitglieder der er-
sten Gemeinde, namentlich die Apostel, überzengt waren,
Erscheinungen des auferstandenen Christus gehabt zu haben.
Da jedoch Paulus keine dieser Erscheinungen näher beschreibt,
so ist aus ihm über die Abweichung der Evangelisten, nament-
lich in Hinsicht der Lokalität, keine Entscheidung zu ent-
nehmen.

§. 135.
Die Qualität des Leibs und Wandels Jesu nach der Auferstehung.

Wie haben wir uns nun aber diese Fortsetzung des
Lebens Jesu nach der Auferstehung, und namentlich die
Beschaffenheit seines Leibes in dieser Periode, vorzustel-
len? Zu dem Ende müssen wir die einzelnen Erzählun-
gen von den Erscheinungen des Auferstandenen noch ein-
mal durchsehen. Nach Matthäus begegnet (apentesen) Je-
sus am Auferstehungsmorgen den vom Grabe zurückeilen-
den Weibern, sie erkennen ihn, umfassen verehrungsvoll
seine Füsse, worauf er zu ihnen spricht. Bei der zweiten
Zusammenkunft auf dem galiläischen Berge sehen ihn die
Jünger (idontes), doch zweifeln einige noch, und auch hier
spricht Jesus zu ihnen. Von der Art, wie er kam und
gieng, wird hier nichts Näheres gesagt. Bei Lukas gesellt
sich Jesus zu zwei Jüngern, die auf dem Weg von Jeru-
salem in das benachbarte Dorf Emmaus waren (eggisas
suneporeueto autois); diese erkennen ihn unterwegs nicht,
was Lukas einem durch höhere Einwirkung in ihnen her-

18) de Wette, Einl. in das N. T. §. 132.
Viertes Kapitel. §. 135.

Dadurch wird übrigens die Stelle aus dem ersten Ko-
rintherbrief nicht erschüttert, welcher, unzweifelhaft ächt,
etwa um das Jahr 59 nach Christo, mithin noch keine 30
Jahre nach seiner Auferstehung, geschrieben ist 18). Die-
ser Nachricht müssen wir das glauben, daſs viele zur Zeit
der Abfassung des Briefs noch lebende Mitglieder der er-
sten Gemeinde, namentlich die Apostel, überzengt waren,
Erscheinungen des auferstandenen Christus gehabt zu haben.
Da jedoch Paulus keine dieser Erscheinungen näher beschreibt,
so ist aus ihm über die Abweichung der Evangelisten, nament-
lich in Hinsicht der Lokalität, keine Entscheidung zu ent-
nehmen.

§. 135.
Die Qualität des Leibs und Wandels Jesu nach der Auferstehung.

Wie haben wir uns nun aber diese Fortsetzung des
Lebens Jesu nach der Auferstehung, und namentlich die
Beschaffenheit seines Leibes in dieser Periode, vorzustel-
len? Zu dem Ende müssen wir die einzelnen Erzählun-
gen von den Erscheinungen des Auferstandenen noch ein-
mal durchsehen. Nach Matthäus begegnet (ἀπήντησεν) Je-
sus am Auferstehungsmorgen den vom Grabe zurückeilen-
den Weibern, sie erkennen ihn, umfassen verehrungsvoll
seine Füſse, worauf er zu ihnen spricht. Bei der zweiten
Zusammenkunft auf dem galiläischen Berge sehen ihn die
Jünger (ἰδόντες), doch zweifeln einige noch, und auch hier
spricht Jesus zu ihnen. Von der Art, wie er kam und
gieng, wird hier nichts Näheres gesagt. Bei Lukas gesellt
sich Jesus zu zwei Jüngern, die auf dem Weg von Jeru-
salem in das benachbarte Dorf Emmaus waren (ἐγγίσας
συνεπορεύετο αὐτοῖς); diese erkennen ihn unterwegs nicht,
was Lukas einem durch höhere Einwirkung in ihnen her-

18) de Wette, Einl. in das N. T. §. 132.
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[629/0648] Viertes Kapitel. §. 135. Dadurch wird übrigens die Stelle aus dem ersten Ko- rintherbrief nicht erschüttert, welcher, unzweifelhaft ächt, etwa um das Jahr 59 nach Christo, mithin noch keine 30 Jahre nach seiner Auferstehung, geschrieben ist 18). Die- ser Nachricht müssen wir das glauben, daſs viele zur Zeit der Abfassung des Briefs noch lebende Mitglieder der er- sten Gemeinde, namentlich die Apostel, überzengt waren, Erscheinungen des auferstandenen Christus gehabt zu haben. Da jedoch Paulus keine dieser Erscheinungen näher beschreibt, so ist aus ihm über die Abweichung der Evangelisten, nament- lich in Hinsicht der Lokalität, keine Entscheidung zu ent- nehmen. §. 135. Die Qualität des Leibs und Wandels Jesu nach der Auferstehung. Wie haben wir uns nun aber diese Fortsetzung des Lebens Jesu nach der Auferstehung, und namentlich die Beschaffenheit seines Leibes in dieser Periode, vorzustel- len? Zu dem Ende müssen wir die einzelnen Erzählun- gen von den Erscheinungen des Auferstandenen noch ein- mal durchsehen. Nach Matthäus begegnet (ἀπήντησεν) Je- sus am Auferstehungsmorgen den vom Grabe zurückeilen- den Weibern, sie erkennen ihn, umfassen verehrungsvoll seine Füſse, worauf er zu ihnen spricht. Bei der zweiten Zusammenkunft auf dem galiläischen Berge sehen ihn die Jünger (ἰδόντες), doch zweifeln einige noch, und auch hier spricht Jesus zu ihnen. Von der Art, wie er kam und gieng, wird hier nichts Näheres gesagt. Bei Lukas gesellt sich Jesus zu zwei Jüngern, die auf dem Weg von Jeru- salem in das benachbarte Dorf Emmaus waren (ἐγγίσας συνεπορεύετο αὐτοῖς); diese erkennen ihn unterwegs nicht, was Lukas einem durch höhere Einwirkung in ihnen her- 18) de Wette, Einl. in das N. T. §. 132.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/648>, abgerufen am 23.11.2024.