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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
jene auffallend grosse Quantität einstweilen die Bemerkung
Olshausen's genügen, dass das Übermass natürlicher Aus-
druck der Verehrung jener Männer für Jesum gewesen
sei. Im vierten Evangelium vollziehen nun gleich nach
der Kreuzabnahme die beiden Männer die Einbalsamirung
nach jüdischer Sitte, indem sie den Leichnam mit den
Specereien in Leintücher wickeln; bei Lukas sorgen die
Frauen nach ihrer Heimkehr vom Grabe Jesu für Spece-
reien und Salben, um nach dem Sabbat die Einbalsami-
rung vorzunehmen (23, 56. 24, 1.); bei Markus kaufen sie
die aromata erst nach Verfluss des Sabbats (16, 1.); bei
Matthäus aber ist von einer Einbalsamirung des Leichnams
Jesu gar nicht, sondern nur von Einwickelung in reine
Leinwand die Rede (27, 59.).

Hier hat man zuerst die Differenz zwischen Markus
und Lukas in Bezug auf die Zeit des Einkaufs der Spe-
cereien dadurch ausgleichen zu können gemeint, dass man
den einen von beiden Referenten auf die Seite des andern
herüberzog. Am leichtesten schien Markus nach Lukas
umgedeutet werden zu können, durch die Annahme einer
enallage temporum, indem sein vom Tag nach dem Sab-
bat gesagtes egorasan, als Plusquamperfectum genommen,
dasselbe zu sagen schien, wie des Lukas Angabe, dass die
Frauen schon vom Begräbnissabend her die Specereien in
Bereitschaft gehabt haben 6). Allein gegen diese Ausglei-
chung ist bereits vom Wolfenbüttler Fragmentisten mit
siegreichem Unwillen bemerkt worden, dass der zwischen
eine Zeitbestimmung und die Angabe eines Zwecks hin-
eingestellte Aorist unmöglich etwas Anderes, als das um
jene Zeit zu diesem Zweck Geschehene, also hier das zwi-
schen diagenomenou tou sabbatou und ina elthousai aleipsosin
auton gestellte egorasan aromata nur einen nach Verfluss
des Sabbats vorgenommenen Einkauf bedeuten könne 7).

6) So Grotius; Less, Auferstehungsgeschichte, S. 165.
7) s. das fünfte Fragment, in Lessing's viertem Beitrag zur Ge-

Dritter Abschnitt.
jene auffallend groſse Quantität einstweilen die Bemerkung
Olshausen's genügen, daſs das Übermaſs natürlicher Aus-
druck der Verehrung jener Männer für Jesum gewesen
sei. Im vierten Evangelium vollziehen nun gleich nach
der Kreuzabnahme die beiden Männer die Einbalsamirung
nach jüdischer Sitte, indem sie den Leichnam mit den
Specereien in Leintücher wickeln; bei Lukas sorgen die
Frauen nach ihrer Heimkehr vom Grabe Jesu für Spece-
reien und Salben, um nach dem Sabbat die Einbalsami-
rung vorzunehmen (23, 56. 24, 1.); bei Markus kaufen sie
die ἀρώματα erst nach Verfluſs des Sabbats (16, 1.); bei
Matthäus aber ist von einer Einbalsamirung des Leichnams
Jesu gar nicht, sondern nur von Einwickelung in reine
Leinwand die Rede (27, 59.).

Hier hat man zuerst die Differenz zwischen Markus
und Lukas in Bezug auf die Zeit des Einkaufs der Spe-
cereien dadurch ausgleichen zu können gemeint, daſs man
den einen von beiden Referenten auf die Seite des andern
herüberzog. Am leichtesten schien Markus nach Lukas
umgedeutet werden zu können, durch die Annahme einer
enallage temporum, indem sein vom Tag nach dem Sab-
bat gesagtes ἠγόρασαν, als Plusquamperfectum genommen,
dasselbe zu sagen schien, wie des Lukas Angabe, daſs die
Frauen schon vom Begräbniſsabend her die Specereien in
Bereitschaft gehabt haben 6). Allein gegen diese Ausglei-
chung ist bereits vom Wolfenbüttler Fragmentisten mit
siegreichem Unwillen bemerkt worden, daſs der zwischen
eine Zeitbestimmung und die Angabe eines Zwecks hin-
eingestellte Aorist unmöglich etwas Anderes, als das um
jene Zeit zu diesem Zweck Geschehene, also hier das zwi-
schen διαγενομένου τοῦ σαββάτου und ἵνα ἐλϑοῦσαι ἀλείψωσιν
αὐτὸν gestellte ἠγόρασαν ἀρώματα nur einen nach Verfluſs
des Sabbats vorgenommenen Einkauf bedeuten könne 7).

6) So Grotius; Less, Auferstehungsgeschichte, S. 165.
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[576/0595] Dritter Abschnitt. jene auffallend groſse Quantität einstweilen die Bemerkung Olshausen's genügen, daſs das Übermaſs natürlicher Aus- druck der Verehrung jener Männer für Jesum gewesen sei. Im vierten Evangelium vollziehen nun gleich nach der Kreuzabnahme die beiden Männer die Einbalsamirung nach jüdischer Sitte, indem sie den Leichnam mit den Specereien in Leintücher wickeln; bei Lukas sorgen die Frauen nach ihrer Heimkehr vom Grabe Jesu für Spece- reien und Salben, um nach dem Sabbat die Einbalsami- rung vorzunehmen (23, 56. 24, 1.); bei Markus kaufen sie die ἀρώματα erst nach Verfluſs des Sabbats (16, 1.); bei Matthäus aber ist von einer Einbalsamirung des Leichnams Jesu gar nicht, sondern nur von Einwickelung in reine Leinwand die Rede (27, 59.). Hier hat man zuerst die Differenz zwischen Markus und Lukas in Bezug auf die Zeit des Einkaufs der Spe- cereien dadurch ausgleichen zu können gemeint, daſs man den einen von beiden Referenten auf die Seite des andern herüberzog. Am leichtesten schien Markus nach Lukas umgedeutet werden zu können, durch die Annahme einer enallage temporum, indem sein vom Tag nach dem Sab- bat gesagtes ἠγόρασαν, als Plusquamperfectum genommen, dasselbe zu sagen schien, wie des Lukas Angabe, daſs die Frauen schon vom Begräbniſsabend her die Specereien in Bereitschaft gehabt haben 6). Allein gegen diese Ausglei- chung ist bereits vom Wolfenbüttler Fragmentisten mit siegreichem Unwillen bemerkt worden, daſs der zwischen eine Zeitbestimmung und die Angabe eines Zwecks hin- eingestellte Aorist unmöglich etwas Anderes, als das um jene Zeit zu diesem Zweck Geschehene, also hier das zwi- schen διαγενομένου τοῦ σαββάτου und ἵνα ἐλϑοῦσαι ἀλείψωσιν αὐτὸν gestellte ἠγόρασαν ἀρώματα nur einen nach Verfluſs des Sabbats vorgenommenen Einkauf bedeuten könne 7). 6) So Grotius; Less, Auferstehungsgeschichte, S. 165. 7) s. das fünfte Fragment, in Lessing's viertem Beitrag zur Ge-

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/595>, abgerufen am 22.11.2024.