Immer indess bleibt doch die merkwürdige Thatsache von den falschen Propheten, die das Volk in die Wüste lock- ten, und ungenau wohl auch als pseudokhrisoi bezeichnet werden konnten; das peribalousi kharaka behält seine Rich- tigkeit, da ja vor dem Mauerbau wirklich khomata aufge- führt worden waren; die auf mehreren Seiten von den Feinden umlagerte Stadt konnte wohl kukloumene upo sra- topedon heissen; der Stadt wird wenigstens bei Lukas, wenn man die 21, 20. ihr gedrohte eremosis mit dem eda- phiousi se kai ouk aphesousin en soi lithon epi litho 19, 44. vergleicht, offenbar die wirkliche Zerstörung vorhergesagt, und dass der bei Matthäus und Markus, wenn auch nur dem Tempel, gedrohte Untergang doch in der bestimmten Frist erfolgte, ist ein auffallendes Zusammentreffen: so dass, Alles zusammengenommen, geurtheilt werden muss, ohne sonstige Hülfe, als verständige Combination der Umstände, wäre Jesus in seiner Zeit nicht im Stande gewesen, eine so bestimmte Voraussage mit solcher Sicherheit zu geben.
Eine solche Hülfe soll nun aber die jüdische Zeitvor- stellung von den Umständen gewesen sein, welche der An- kunft des Messias vorausgehen würden. Falsche Prophe- ten und Messiase, Krieg, Theurung und Seuchen, Erdbe- ben und Bewegungen am Himmel, überhandnehmende Sit- tenlosigkeit, galten als die nächsten Vorboten des Messias- reichs: daher, sagt man, finden wir sie auch hier voraus- gesagt, und dürfen nicht kleinlich von jedem Zuge die Er- füllung in der Geschichte auffinden wollen 13). Wirklich finden sich nun bei den Propheten in Bezug auf die Tage des Kommens Jehova's (Jes. 13, 9 ff. Joel 2, 11. 4, 15. Zeph. 1, 14 ff. Hagg. 2, 7. Zach. 14, 1 ff. Mal. 3, 1 ff.) so analoge Beschreibungen der demselben vorangehenden und es begleitenden Drangsale, und ohnehin in späteren jüdischen Schriften Aussprüche, welche mit diesen evan-
13)Fritzsche, in Matth. p. 699 ff.
Dritter Abschnitt.
Immer indeſs bleibt doch die merkwürdige Thatsache von den falschen Propheten, die das Volk in die Wüste lock- ten, und ungenau wohl auch als ψευδόχριςοι bezeichnet werden konnten; das περιβαλοῦσι χάρακα behält seine Rich- tigkeit, da ja vor dem Mauerbau wirklich χώματα aufge- führt worden waren; die auf mehreren Seiten von den Feinden umlagerte Stadt konnte wohl κυκλουμένη ὑπὸ ςρα- τοπέδων heiſsen; der Stadt wird wenigstens bei Lukas, wenn man die 21, 20. ihr gedrohte ἐρήμωσις mit dem ἐδα- φιοῦσί σε καὶ ουκ ἀφήσουσιν ἐν σοὶ λίϑον ἐπὶ λίϑῳ 19, 44. vergleicht, offenbar die wirkliche Zerstörung vorhergesagt, und daſs der bei Matthäus und Markus, wenn auch nur dem Tempel, gedrohte Untergang doch in der bestimmten Frist erfolgte, ist ein auffallendes Zusammentreffen: so daſs, Alles zusammengenommen, geurtheilt werden muſs, ohne sonstige Hülfe, als verständige Combination der Umstände, wäre Jesus in seiner Zeit nicht im Stande gewesen, eine so bestimmte Voraussage mit solcher Sicherheit zu geben.
Eine solche Hülfe soll nun aber die jüdische Zeitvor- stellung von den Umständen gewesen sein, welche der An- kunft des Messias vorausgehen würden. Falsche Prophe- ten und Messiase, Krieg, Theurung und Seuchen, Erdbe- ben und Bewegungen am Himmel, überhandnehmende Sit- tenlosigkeit, galten als die nächsten Vorboten des Messias- reichs: daher, sagt man, finden wir sie auch hier voraus- gesagt, und dürfen nicht kleinlich von jedem Zuge die Er- füllung in der Geschichte auffinden wollen 13). Wirklich finden sich nun bei den Propheten in Bezug auf die Tage des Kommens Jehova's (Jes. 13, 9 ff. Joël 2, 11. 4, 15. Zeph. 1, 14 ff. Hagg. 2, 7. Zach. 14, 1 ff. Mal. 3, 1 ff.) so analoge Beschreibungen der demselben vorangehenden und es begleitenden Drangsale, und ohnehin in späteren jüdischen Schriften Aussprüche, welche mit diesen evan-
13)Fritzsche, in Matth. p. 699 ff.
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Dritter Abschnitt.
Immer indeſs bleibt doch die merkwürdige Thatsache von
den falschen Propheten, die das Volk in die Wüste lock-
ten, und ungenau wohl auch als ψευδόχριςοι bezeichnet
werden konnten; das περιβαλοῦσι χάρακα behält seine Rich-
tigkeit, da ja vor dem Mauerbau wirklich χώματα aufge-
führt worden waren; die auf mehreren Seiten von den
Feinden umlagerte Stadt konnte wohl κυκλουμένη ὑπὸ ςρα-
τοπέδων heiſsen; der Stadt wird wenigstens bei Lukas,
wenn man die 21, 20. ihr gedrohte ἐρήμωσις mit dem ἐδα-
φιοῦσί σε καὶ ουκ ἀφήσουσιν ἐν σοὶ λίϑον ἐπὶ λίϑῳ 19, 44.
vergleicht, offenbar die wirkliche Zerstörung vorhergesagt,
und daſs der bei Matthäus und Markus, wenn auch nur
dem Tempel, gedrohte Untergang doch in der bestimmten
Frist erfolgte, ist ein auffallendes Zusammentreffen: so daſs,
Alles zusammengenommen, geurtheilt werden muſs, ohne
sonstige Hülfe, als verständige Combination der Umstände,
wäre Jesus in seiner Zeit nicht im Stande gewesen, eine
so bestimmte Voraussage mit solcher Sicherheit zu geben.
Eine solche Hülfe soll nun aber die jüdische Zeitvor-
stellung von den Umständen gewesen sein, welche der An-
kunft des Messias vorausgehen würden. Falsche Prophe-
ten und Messiase, Krieg, Theurung und Seuchen, Erdbe-
ben und Bewegungen am Himmel, überhandnehmende Sit-
tenlosigkeit, galten als die nächsten Vorboten des Messias-
reichs: daher, sagt man, finden wir sie auch hier voraus-
gesagt, und dürfen nicht kleinlich von jedem Zuge die Er-
füllung in der Geschichte auffinden wollen 13). Wirklich
finden sich nun bei den Propheten in Bezug auf die Tage
des Kommens Jehova's (Jes. 13, 9 ff. Joël 2, 11. 4, 15.
Zeph. 1, 14 ff. Hagg. 2, 7. Zach. 14, 1 ff. Mal. 3, 1 ff.)
so analoge Beschreibungen der demselben vorangehenden
und es begleitenden Drangsale, und ohnehin in späteren
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13) Fritzsche, in Matth. p. 699 ff.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/381>, abgerufen am 25.11.2024.
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