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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Erstes Kapitel. §. 111.
ser Erklärung schon diess, die grosse Kluft, welche der-
selben zufolge zwischen 25, 30. und 31. stattfinden müsste,
durch ein einfaches de bezeichnet zu sehen. Dann aber
wird hiebei nicht nur das von Sonnen- und Mondsfinster-
nissen, Erdbeben, und herabfallenden Sternen Gesagte als
blosses Bild für den Untergang des jüdischen Staats und
Cultus erklärt, sondern, dass 24, 31. vom Messias gesagt
ist, er werde auf den Wolken kommen, das soll heis-
sen: unsichtbar; mit Macht, das heisse: nur durch seine
Wirkungen bemerkbar; mit vieler Herrlichkeit, d. h. mit
einer solchen, die aus jenen Wirkungen werde erschlossen
werden können; die alle Völker zusammentrompetenden
aggeloi aber sollen die predigenden Apostel sein 6).

Fällt hiemit der Versuch, von hinten herein gehend
bei 25, 30. abzutheilen, durch die Unfähigkeit, das weiter
vorwärts Liegende zu erklären, in sich selbst zusammen:
so lag es nahe, von vorneherein zu sehen, bis wohin die
Beziehung auf die nächste Zukunft nothwendig festzuhal-
ten sei, und da ergab sich der erste Ruhepunkt hinter
24, 28; denn was bis dahin von Krieg und andrer Noth,
vom Gräuel im Tempel, von der Nothwendigkeit schleuni-
ger Flucht, um beispiellosem Elend zu entgehen, gesagt
ist, das kann aus der Beziehung zur Zerstörung Jerusa-
lems ohne die grösste Gewalt nicht gerissen werden; was
aber folgt, vom Erscheinen des Menschensohns in den Wol-
ken u. s. f., erheischt eben so dringend eine Beziehung auf
die lezten Dinge 7). Hiebei jedoch scheint es zuvörderst unbe-
greiflich, wie man den ungeheuren Zeitraum, welcher auch
bei dieser Erklärung zwischen den einen und andern Theil
der Rede fällt, gerade zwischen zwei Verse hineinlegen
kann, welche Matthäus durch eine Partikel der kürzesten

6) So namentlich Jahn, in der angeführten Abh.
7) So Storr, Opusc. acad. 3, S. 34 ff. Paulus, exeg. Handb.
3, a, S. 346 f. 402 f.

Erstes Kapitel. §. 111.
ser Erklärung schon dieſs, die groſse Kluft, welche der-
selben zufolge zwischen 25, 30. und 31. stattfinden müſste,
durch ein einfaches δὲ bezeichnet zu sehen. Dann aber
wird hiebei nicht nur das von Sonnen- und Mondsfinster-
nissen, Erdbeben, und herabfallenden Sternen Gesagte als
bloſses Bild für den Untergang des jüdischen Staats und
Cultus erklärt, sondern, daſs 24, 31. vom Messias gesagt
ist, er werde auf den Wolken kommen, das soll heis-
sen: unsichtbar; mit Macht, das heiſse: nur durch seine
Wirkungen bemerkbar; mit vieler Herrlichkeit, d. h. mit
einer solchen, die aus jenen Wirkungen werde erschlossen
werden können; die alle Völker zusammentrompetenden
ἄγγελοι aber sollen die predigenden Apostel sein 6).

Fällt hiemit der Versuch, von hinten herein gehend
bei 25, 30. abzutheilen, durch die Unfähigkeit, das weiter
vorwärts Liegende zu erklären, in sich selbst zusammen:
so lag es nahe, von vorneherein zu sehen, bis wohin die
Beziehung auf die nächste Zukunft nothwendig festzuhal-
ten sei, und da ergab sich der erste Ruhepunkt hinter
24, 28; denn was bis dahin von Krieg und andrer Noth,
vom Gräuel im Tempel, von der Nothwendigkeit schleuni-
ger Flucht, um beispiellosem Elend zu entgehen, gesagt
ist, das kann aus der Beziehung zur Zerstörung Jerusa-
lems ohne die gröſste Gewalt nicht gerissen werden; was
aber folgt, vom Erscheinen des Menschensohns in den Wol-
ken u. s. f., erheischt eben so dringend eine Beziehung auf
die lezten Dinge 7). Hiebei jedoch scheint es zuvörderst unbe-
greiflich, wie man den ungeheuren Zeitraum, welcher auch
bei dieser Erklärung zwischen den einen und andern Theil
der Rede fällt, gerade zwischen zwei Verse hineinlegen
kann, welche Matthäus durch eine Partikel der kürzesten

6) So namentlich Jahn, in der angeführten Abh.
7) So Storr, Opusc. acad. 3, S. 34 ff. Paulus, exeg. Handb.
3, a, S. 346 f. 402 f.
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[349/0368] Erstes Kapitel. §. 111. ser Erklärung schon dieſs, die groſse Kluft, welche der- selben zufolge zwischen 25, 30. und 31. stattfinden müſste, durch ein einfaches δὲ bezeichnet zu sehen. Dann aber wird hiebei nicht nur das von Sonnen- und Mondsfinster- nissen, Erdbeben, und herabfallenden Sternen Gesagte als bloſses Bild für den Untergang des jüdischen Staats und Cultus erklärt, sondern, daſs 24, 31. vom Messias gesagt ist, er werde auf den Wolken kommen, das soll heis- sen: unsichtbar; mit Macht, das heiſse: nur durch seine Wirkungen bemerkbar; mit vieler Herrlichkeit, d. h. mit einer solchen, die aus jenen Wirkungen werde erschlossen werden können; die alle Völker zusammentrompetenden ἄγγελοι aber sollen die predigenden Apostel sein 6). Fällt hiemit der Versuch, von hinten herein gehend bei 25, 30. abzutheilen, durch die Unfähigkeit, das weiter vorwärts Liegende zu erklären, in sich selbst zusammen: so lag es nahe, von vorneherein zu sehen, bis wohin die Beziehung auf die nächste Zukunft nothwendig festzuhal- ten sei, und da ergab sich der erste Ruhepunkt hinter 24, 28; denn was bis dahin von Krieg und andrer Noth, vom Gräuel im Tempel, von der Nothwendigkeit schleuni- ger Flucht, um beispiellosem Elend zu entgehen, gesagt ist, das kann aus der Beziehung zur Zerstörung Jerusa- lems ohne die gröſste Gewalt nicht gerissen werden; was aber folgt, vom Erscheinen des Menschensohns in den Wol- ken u. s. f., erheischt eben so dringend eine Beziehung auf die lezten Dinge 7). Hiebei jedoch scheint es zuvörderst unbe- greiflich, wie man den ungeheuren Zeitraum, welcher auch bei dieser Erklärung zwischen den einen und andern Theil der Rede fällt, gerade zwischen zwei Verse hineinlegen kann, welche Matthäus durch eine Partikel der kürzesten 6) So namentlich Jahn, in der angeführten Abh. 7) So Storr, Opusc. acad. 3, S. 34 ff. Paulus, exeg. Handb. 3, a, S. 346 f. 402 f.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/368>, abgerufen am 25.11.2024.