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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Zehntes Kapitel. §. 104.
rien nach Judäa gehabt hätte, und wir werden am besten
thun, mit unbefangenen Exegeten hier eine Abweichung
der synoptischen Evangelien anzuerkennen 5). Erst gegen das
Ende des Weges Jesu vereinigen sie sich wieder, indem
laut ihres übereinstimmenden Berichts Jesus nach Jerusa-
lem von Jericho her gekommen ist (Matth. 20, 29. parall.),
ein Ort, welcher übrigens mehr dem über Peräa, als dem durch
Samarien gekommenen Galiläer auf der geraden Strasse lag.

Ist auf diese Weise unter den Synoptikern zwar in
Rücksicht auf den von Jesu eingeschlagenen Weg ein Streit,
aber doch in Bezug auf den Ausgangspunkt und das lezte
Stück des Wegs Übereinstimmung: so weicht der johan-
neische Bericht in beiden Hinsichten von ihnen ab. Ihm
zufolge nämlich ist es gar nicht Galiläa, von wo Jesus zur
lezten Paschareise aufbricht, sondern schon vor dem Laub-
hüttenfest des vorigen Jahrs hatte er jene Provinz, zum
leztenmal, wie es scheint, verlassen (7, 1. 10.); dass er zwi-
schen diesem und dem Fest der Tempelweihe (10, 22.) wie-
der dahin gekommen wäre, wird wenigstens nicht gesagt;
nach diesem Feste aber begab er sich nach Peräa und blieb
daselbst (10, 40.), bis ihn die Krankheit und der Tod des
Lazarus nach Judäa, und in die nächste Nähe Jerusalems,
nach Bethanien, rief (11, 8 ff.). Der Nachstellungen seiner
Feinde wegen zog er sich von hier bald wieder zurück,
doch, weil er das bevorstehende Pascha besuchen wollte,
nur bis in das Städtchen Ephraim, unweit der Wüste (11,
54.), von wo aus er dann, ohne dass eines Aufenthalts in
Jericho gedacht würde, das auch von Ephraim aus, wie
man dessen Lage gewöhnlich bestimmt, nicht im Wege lag,
nach Jerusalem zum Feste sich begab.

5) Fritzsche, in Marc. p. 415: Marcus Matthaei 19, 1. se au-
ctoritati h. 1. adstringit, dicitque, Jesum e Galilaea (cf. 9,
33.) profectum esse per Peraeam. Sed auctore Luca 17, 11.
in Judaeam contendit per Samariam itinere brevissimo.

Zehntes Kapitel. §. 104.
rien nach Judäa gehabt hätte, und wir werden am besten
thun, mit unbefangenen Exegeten hier eine Abweichung
der synoptischen Evangelien anzuerkennen 5). Erst gegen das
Ende des Weges Jesu vereinigen sie sich wieder, indem
laut ihres übereinstimmenden Berichts Jesus nach Jerusa-
lem von Jericho her gekommen ist (Matth. 20, 29. parall.),
ein Ort, welcher übrigens mehr dem über Peräa, als dem durch
Samarien gekommenen Galiläer auf der geraden Straſse lag.

Ist auf diese Weise unter den Synoptikern zwar in
Rücksicht auf den von Jesu eingeschlagenen Weg ein Streit,
aber doch in Bezug auf den Ausgangspunkt und das lezte
Stück des Wegs Übereinstimmung: so weicht der johan-
neische Bericht in beiden Hinsichten von ihnen ab. Ihm
zufolge nämlich ist es gar nicht Galiläa, von wo Jesus zur
lezten Paschareise aufbricht, sondern schon vor dem Laub-
hüttenfest des vorigen Jahrs hatte er jene Provinz, zum
leztenmal, wie es scheint, verlassen (7, 1. 10.); daſs er zwi-
schen diesem und dem Fest der Tempelweihe (10, 22.) wie-
der dahin gekommen wäre, wird wenigstens nicht gesagt;
nach diesem Feste aber begab er sich nach Peräa und blieb
daselbst (10, 40.), bis ihn die Krankheit und der Tod des
Lazarus nach Judäa, und in die nächste Nähe Jerusalems,
nach Bethanien, rief (11, 8 ff.). Der Nachstellungen seiner
Feinde wegen zog er sich von hier bald wieder zurück,
doch, weil er das bevorstehende Pascha besuchen wollte,
nur bis in das Städtchen Ephraim, unweit der Wüste (11,
54.), von wo aus er dann, ohne daſs eines Aufenthalts in
Jericho gedacht würde, das auch von Ephraim aus, wie
man dessen Lage gewöhnlich bestimmt, nicht im Wege lag,
nach Jerusalem zum Feste sich begab.

5) Fritzsche, in Marc. p. 415: Marcus Matthaei 19, 1. se au-
ctoritati h. 1. adstringit, dicitque, Jesum e Galilaea (cf. 9,
33.) profectum esse per Peraeam. Sed auctore Luca 17, 11.
in Judaeam contendit per Samariam itinere brevissimo.
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[277/0296] Zehntes Kapitel. §. 104. rien nach Judäa gehabt hätte, und wir werden am besten thun, mit unbefangenen Exegeten hier eine Abweichung der synoptischen Evangelien anzuerkennen 5). Erst gegen das Ende des Weges Jesu vereinigen sie sich wieder, indem laut ihres übereinstimmenden Berichts Jesus nach Jerusa- lem von Jericho her gekommen ist (Matth. 20, 29. parall.), ein Ort, welcher übrigens mehr dem über Peräa, als dem durch Samarien gekommenen Galiläer auf der geraden Straſse lag. Ist auf diese Weise unter den Synoptikern zwar in Rücksicht auf den von Jesu eingeschlagenen Weg ein Streit, aber doch in Bezug auf den Ausgangspunkt und das lezte Stück des Wegs Übereinstimmung: so weicht der johan- neische Bericht in beiden Hinsichten von ihnen ab. Ihm zufolge nämlich ist es gar nicht Galiläa, von wo Jesus zur lezten Paschareise aufbricht, sondern schon vor dem Laub- hüttenfest des vorigen Jahrs hatte er jene Provinz, zum leztenmal, wie es scheint, verlassen (7, 1. 10.); daſs er zwi- schen diesem und dem Fest der Tempelweihe (10, 22.) wie- der dahin gekommen wäre, wird wenigstens nicht gesagt; nach diesem Feste aber begab er sich nach Peräa und blieb daselbst (10, 40.), bis ihn die Krankheit und der Tod des Lazarus nach Judäa, und in die nächste Nähe Jerusalems, nach Bethanien, rief (11, 8 ff.). Der Nachstellungen seiner Feinde wegen zog er sich von hier bald wieder zurück, doch, weil er das bevorstehende Pascha besuchen wollte, nur bis in das Städtchen Ephraim, unweit der Wüste (11, 54.), von wo aus er dann, ohne daſs eines Aufenthalts in Jericho gedacht würde, das auch von Ephraim aus, wie man dessen Lage gewöhnlich bestimmt, nicht im Wege lag, nach Jerusalem zum Feste sich begab. 5) Fritzsche, in Marc. p. 415: Marcus Matthaei 19, 1. se au- ctoritati h. 1. adstringit, dicitque, Jesum e Galilaea (cf. 9, 33.) profectum esse per Peraeam. Sed auctore Luca 17, 11. in Judaeam contendit per Samariam itinere brevissimo.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/296>, abgerufen am 25.11.2024.