legousin, oti Elian dei elthein proton (Matth. V. 10.); so klingt diess ganz, wie wenn etwas vorangegangen wäre, woraus sie hätten abnehmen müssen, Elias werde nicht er- scheinen, und gar nicht, wie wenn sie eben von einer Er- scheinung desselben herkämen, da sie in diesem Falle nicht unbefriedigt fragen, sondern zufriedengestellt sagen muss- ten: eikotos oun oi grammateis legousin k. t. l. 5). Daher wird denn die Frage der Jünger von den Erklärern so ge- deutet, als ob sie nicht eine Elias-Erscheinung überhaupt, sondern an der eben gehabten nur ein gewisses Merkmal vermisst hätten, das nämlich, dass nach der Ansicht der Schriftgelehrten Elias bei seinem Auftritt wirksam und re- formatorisch in das Leben der Nation eingreifen sollte, wo- gegen er bei der eben gehabten Erscheinung ohne weitere Wirksamkeit sogleich wieder verschwunden war 6). Diese Erklärung wäre zulässig, wenn das apokatasesei panta in der Frage der Jünger stünde: statt dessen aber steht es bei beiden Referenten (Matth. V. 11. Marc. V. 12.) nur in der Antwort Jesu, so dass die Jünger auf äusserst verkehrte Weise das, was sie eigentlich vermissten, das apokathisanein, verschwiegen, und nur das erkhesthai ge- nannt haben müssten, was sie nach der gehabten Erschei- nung nicht vermissen konnten. Wie aber die Frage der Jünger keine gehabte Elias-Erscheinung, vielmehr das Ge- fühl des Mangels einer solchen voraussezt: so auch die Ant- wort, welche ihnen Jesus giebt. Denn wenn er erwie- dert: wohl haben die Schriftgelehrten recht, wenn sie sa- gen, Elias müsse vor dem Messias kommen; diess ist aber kein Grund gegen meine Messianität, da mir bereits ein
5) s. Rau im angef. Programm, bei Gabler, neuest. theol. Jour- nal 1, 3, S. 506.
6)Fritzsche, in Matth. p. 553; Olshausen, 1, S. 541. Noch weniger genügende Auskünfte bei Gabler, a. a. O. und bei Maithaei, Religionsgl. der Apostel, 2, S. 596.
Zehntes Kapitel. §. 103.
λέγουσιν, ὅτι Ἠλίαν δεῖ ἐλϑεῖν πρῶτον (Matth. V. 10.); so klingt dieſs ganz, wie wenn etwas vorangegangen wäre, woraus sie hätten abnehmen müssen, Elias werde nicht er- scheinen, und gar nicht, wie wenn sie eben von einer Er- scheinung desselben herkämen, da sie in diesem Falle nicht unbefriedigt fragen, sondern zufriedengestellt sagen muſs- ten: εἰκότως ου͑͂ν οἱ γραμματεῖς λέγουσιν κ. τ. λ. 5). Daher wird denn die Frage der Jünger von den Erklärern so ge- deutet, als ob sie nicht eine Elias-Erscheinung überhaupt, sondern an der eben gehabten nur ein gewisses Merkmal vermiſst hätten, das nämlich, daſs nach der Ansicht der Schriftgelehrten Elias bei seinem Auftritt wirksam und re- formatorisch in das Leben der Nation eingreifen sollte, wo- gegen er bei der eben gehabten Erscheinung ohne weitere Wirksamkeit sogleich wieder verschwunden war 6). Diese Erklärung wäre zulässig, wenn das ἀποκαταςήσει πάντα in der Frage der Jünger stünde: statt dessen aber steht es bei beiden Referenten (Matth. V. 11. Marc. V. 12.) nur in der Antwort Jesu, so daſs die Jünger auf äusserst verkehrte Weise das, was sie eigentlich vermiſsten, das ἀποκαϑιςάνειν, verschwiegen, und nur das ἔρχεσϑαι ge- nannt haben müſsten, was sie nach der gehabten Erschei- nung nicht vermissen konnten. Wie aber die Frage der Jünger keine gehabte Elias-Erscheinung, vielmehr das Ge- fühl des Mangels einer solchen voraussezt: so auch die Ant- wort, welche ihnen Jesus giebt. Denn wenn er erwie- dert: wohl haben die Schriftgelehrten recht, wenn sie sa- gen, Elias müsse vor dem Messias kommen; dieſs ist aber kein Grund gegen meine Messianität, da mir bereits ein
5) s. Rau im angef. Programm, bei Gabler, neuest. theol. Jour- nal 1, 3, S. 506.
6)Fritzsche, in Matth. p. 553; Olshausen, 1, S. 541. Noch weniger genügende Auskünfte bei Gabler, a. a. O. und bei Maithaei, Religionsgl. der Apostel, 2, S. 596.
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Zehntes Kapitel. §. 103.
λέγουσιν, ὅτι Ἠλίαν δεῖ ἐλϑεῖν πρῶτον (Matth. V. 10.); so
klingt dieſs ganz, wie wenn etwas vorangegangen wäre,
woraus sie hätten abnehmen müssen, Elias werde nicht er-
scheinen, und gar nicht, wie wenn sie eben von einer Er-
scheinung desselben herkämen, da sie in diesem Falle nicht
unbefriedigt fragen, sondern zufriedengestellt sagen muſs-
ten: εἰκότως ου͑͂ν οἱ γραμματεῖς λέγουσιν κ. τ. λ. 5). Daher
wird denn die Frage der Jünger von den Erklärern so ge-
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sondern an der eben gehabten nur ein gewisses Merkmal
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Jünger keine gehabte Elias-Erscheinung, vielmehr das Ge-
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wort, welche ihnen Jesus giebt. Denn wenn er erwie-
dert: wohl haben die Schriftgelehrten recht, wenn sie sa-
gen, Elias müsse vor dem Messias kommen; dieſs ist aber
kein Grund gegen meine Messianität, da mir bereits ein
5) s. Rau im angef. Programm, bei Gabler, neuest. theol. Jour-
nal 1, 3, S. 506.
6) Fritzsche, in Matth. p. 553; Olshausen, 1, S. 541. Noch
weniger genügende Auskünfte bei Gabler, a. a. O. und bei
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/286>, abgerufen am 25.11.2024.
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