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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Zweiter Abschnitt.
von ihm zulässig gefundenen symbolischen Auffassung die
andere noch vorzieht, welche auch sonst schon vorgetra-
getragen war 17), Jesus habe durch die Wunderhandlung
den Seinigen einen neuen Beweis seiner Machtvollkommen-
heit geben wollen, um dadurch ihr Vertrauen auf ihn für
die bevorstehenden Gefahren zu stärken. Oder vielmehr,
da eine specielle Beziehung auf das bevorstehende Leiden
nirgends hervorgehoben, und in den Worten Jesu nichts
enthalten ist, was er nicht auch schon früher gesagt hätte
(Matth. 17, 20. Luc. 17, 6.): so muss man mit Fritzsche
als die Ansicht der Referenten ganz allgemein diese aus-
sprechen, Jesus habe seinen Unwillen über die Unfrucht-
barkeit des Feigenbaums als Gelegenheit zur Verrichtung
eines Wunders benüzt, dessen Zweck nur der allgemeine
aller seiner Wunder war, sich als Messias zu beurkun-
den 18). Ganz in dem von Fritzsche gezeichneten 19) Geist
der Referenten spricht daher Euthymius, wenn er alles
Grübeln über den besondern Zweck der Handlung verbie-
tet, und nur im Allgemeinen auf das Wunder in ihr zu
sehen ermahnt 20). Keineswegs aber folgt daraus, dass
auch wir uns des Nachdenkens hierüber enthalten, und
ohne Weiteres das Wunder glaubig hinnehmen müssten:
vielmehr können wir uns der Bemerkung nicht erwehren,

17) Heydenreich, in den theol. Nachrichten, 1814, Mai, S. 121 ff.
18) Comm. in Matth. p. 637.
19) Comm. in Marc. p. 481: Male -- vv. dd. in eo haeserunt,
quod Jesus sine ratione innocentem ficum aridam reddidisse
videretur, mirisque argutiis usi sunt, ut aliquod hujus rei
consilium fuisse ostenderent. Nimirum apostoli, evangelistae
et omnes primi temporis Christiani, qua erant ingeniorum
simplicitate, quid quantumque Jesus portentose fecisse dice-
retur, curarunt tantummodo, non quod Jesu in edendo mi-
raculo consilium fuerit, subtiliter et argute quaesiverunt.
20) Me akribologou, diati tetimoretai to phuton, anaition on; alla
monon ora to thauma, kai thaumaze ton thaumatourgon.

Zweiter Abschnitt.
von ihm zulässig gefundenen symbolischen Auffassung die
andere noch vorzieht, welche auch sonst schon vorgetra-
getragen war 17), Jesus habe durch die Wunderhandlung
den Seinigen einen neuen Beweis seiner Machtvollkommen-
heit geben wollen, um dadurch ihr Vertrauen auf ihn für
die bevorstehenden Gefahren zu stärken. Oder vielmehr,
da eine specielle Beziehung auf das bevorstehende Leiden
nirgends hervorgehoben, und in den Worten Jesu nichts
enthalten ist, was er nicht auch schon früher gesagt hätte
(Matth. 17, 20. Luc. 17, 6.): so muſs man mit Fritzsche
als die Ansicht der Referenten ganz allgemein diese aus-
sprechen, Jesus habe seinen Unwillen über die Unfrucht-
barkeit des Feigenbaums als Gelegenheit zur Verrichtung
eines Wunders benüzt, dessen Zweck nur der allgemeine
aller seiner Wunder war, sich als Messias zu beurkun-
den 18). Ganz in dem von Fritzsche gezeichneten 19) Geist
der Referenten spricht daher Euthymius, wenn er alles
Grübeln über den besondern Zweck der Handlung verbie-
tet, und nur im Allgemeinen auf das Wunder in ihr zu
sehen ermahnt 20). Keineswegs aber folgt daraus, daſs
auch wir uns des Nachdenkens hierüber enthalten, und
ohne Weiteres das Wunder glaubig hinnehmen müſsten:
vielmehr können wir uns der Bemerkung nicht erwehren,

17) Heydenreich, in den theol. Nachrichten, 1814, Mai, S. 121 ff.
18) Comm. in Matth. p. 637.
19) Comm. in Marc. p. 481: Male — vv. dd. in eo haeserunt,
quod Jesus sine ratione innocentem ficum aridam reddidisse
videretur, mirisque argutiis usi sunt, ut aliquod hujus rei
consilium fuisse ostenderent. Nimirum apostoli, evangelistae
et omnes primi temporis Christiani, qua erant ingeniorum
simplicitate, quid quantumque Jesus portentose fecisse dice-
retur, curarunt tantummodo, non quod Jesu in edendo mi-
raculo consilium fuerit, subtiliter et argute quaesiverunt.
20) Μὴ ἀκριβολογοῦ, διατί τετιμώρηται τὸ φυτὸν, ἀναίτιον ὄν· ἀλλὰ
μόνον ὅρα τὸ ϑαῦμα, καὶ ϑαύμαζε τὸν ϑαυματουργόν.
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[248/0267] Zweiter Abschnitt. von ihm zulässig gefundenen symbolischen Auffassung die andere noch vorzieht, welche auch sonst schon vorgetra- getragen war 17), Jesus habe durch die Wunderhandlung den Seinigen einen neuen Beweis seiner Machtvollkommen- heit geben wollen, um dadurch ihr Vertrauen auf ihn für die bevorstehenden Gefahren zu stärken. Oder vielmehr, da eine specielle Beziehung auf das bevorstehende Leiden nirgends hervorgehoben, und in den Worten Jesu nichts enthalten ist, was er nicht auch schon früher gesagt hätte (Matth. 17, 20. Luc. 17, 6.): so muſs man mit Fritzsche als die Ansicht der Referenten ganz allgemein diese aus- sprechen, Jesus habe seinen Unwillen über die Unfrucht- barkeit des Feigenbaums als Gelegenheit zur Verrichtung eines Wunders benüzt, dessen Zweck nur der allgemeine aller seiner Wunder war, sich als Messias zu beurkun- den 18). Ganz in dem von Fritzsche gezeichneten 19) Geist der Referenten spricht daher Euthymius, wenn er alles Grübeln über den besondern Zweck der Handlung verbie- tet, und nur im Allgemeinen auf das Wunder in ihr zu sehen ermahnt 20). Keineswegs aber folgt daraus, daſs auch wir uns des Nachdenkens hierüber enthalten, und ohne Weiteres das Wunder glaubig hinnehmen müſsten: vielmehr können wir uns der Bemerkung nicht erwehren, 17) Heydenreich, in den theol. Nachrichten, 1814, Mai, S. 121 ff. 18) Comm. in Matth. p. 637. 19) Comm. in Marc. p. 481: Male — vv. dd. in eo haeserunt, quod Jesus sine ratione innocentem ficum aridam reddidisse videretur, mirisque argutiis usi sunt, ut aliquod hujus rei consilium fuisse ostenderent. Nimirum apostoli, evangelistae et omnes primi temporis Christiani, qua erant ingeniorum simplicitate, quid quantumque Jesus portentose fecisse dice- retur, curarunt tantummodo, non quod Jesu in edendo mi- raculo consilium fuerit, subtiliter et argute quaesiverunt. 20) Μὴ ἀκριβολογοῦ, διατί τετιμώρηται τὸ φυτὸν, ἀναίτιον ὄν· ἀλλὰ μόνον ὅρα τὸ ϑαῦμα, καὶ ϑαύμαζε τὸν ϑαυματουργόν.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/267>, abgerufen am 22.11.2024.