Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Achtes Kapitel. §. 81. knüpft, mit der späteren Stelle des Matthäus parallel. 3).Nun aber hat Matthäus nicht bloss wie Lukas Eine Zei- pou dem Referenten das eipein logon eis ton uion tou anthropou in Erinnerung brachte. Hiefür ist die Probe, dass nun zwi- schen diesem Ausspruch und dem folgenden, dass seinen Jün- gern vor Gericht das Nöthige durch das pneuma agion wer- de eingegeben werden, die Verbindung ebenso äusserlich durch den Ausdruck pneuma agion vermittelt ist. Was bei Matthäus (V. 33--37.) [na]ch folgt, ist zum Theil schon in der Bergrede da gewesen, steht aber auch hier in besserem Zusammenhang, als Schleiermacher anerkennen will. 3) Dass Lukas Beschuldigung und Zeichenforderung unmittelbar hinter einander aussprechen und hierauf von Jesu nacheinan- der beantworten lässt, findet die neuere Kritik ungleich wahrscheinlicher, als wenn Matthäus zuerst die Beschuldi- gung und deren Beantwortung, dann die Zeichenforderung und deren Zurückweisung giebt, sofern es sich nämlich schwer denken lasse, dass, nachdem Jesus sich gegen jenen Vorwurf lange genug verantwortet, nun die nämlichen Leu- te, welche denselben vorgebracht, oder doch ein Theil von ihnen, noch ein Zeichen begehrt haben sollten (Schleier- macher, S. 175; Schneckenburger, über den Urspr. S. 52 f.). Indess ebensogut lässt sich andrerseits das unwahrscheinlich finden, dass Jesus, nachdem er längst in einer gewaltigen Rede gegen das Bedeutendere, die Beschuldigung wegen Beel- zebuls, gesprochen, und sogar nach einer Unterbrechung, die ihn zu einer ganz anderartigen Äusserung veranlasste (Luc. 11, 27 f.), noch auf die minder bedeutende Zeichen- forderung sollte zurückgekommen sein. -- Was sich hierauf bei Matthäus (V. 43--45.) anschliesst, die Rede von den ver- stärkt wiederkehrenden Dämonen, scheint bei Lukas (11, 24 ff.) in Verbindung mit den Äusserungen gegen den Vorwurf ei- ner Austreibung der Dämonen durch Beelzebul passender zu stehen, als bei Matthäus erst nach den Reden gegen die Zei- chenforderung. Sehen wir indessen genauer zu, so ist es sehr unwahrscheinlich, dass Jesus an die ihm gewaltsam ab- gedrungene Apologie seiner Dämonenaustreibungen gegen Feinde eine so ruhige, rein theoretische Ausführung, welche, Das Leben Jesu I. Band. 44
Achtes Kapitel. §. 81. knüpft, mit der späteren Stelle des Matthäus parallel. 3).Nun aber hat Matthäus nicht bloſs wie Lukas Eine Zei- που dem Referenten das εἰπεῖν λόγον εἰς τὸν υἱὸν τοῦ ἀνϑρώπου in Erinnerung brachte. Hiefür ist die Probe, dass nun zwi- schen diesem Ausspruch und dem folgenden, dass seinen Jün- gern vor Gericht das Nöthige durch das πνεῦμα ἅγιον wer- de eingegeben werden, die Verbindung ebenso äusserlich durch den Ausdruck πνεῦμα ἅγιον vermittelt ist. Was bei Matthäus (V. 33—37.) [na]ch folgt, ist zum Theil schon in der Bergrede da gewesen, steht aber auch hier in besserem Zusammenhang, als Schleiermacher anerkennen will. 3) Dass Lukas Beschuldigung und Zeichenforderung unmittelbar hinter einander aussprechen und hierauf von Jesu nacheinan- der beantworten lässt, findet die neuere Kritik ungleich wahrscheinlicher, als wenn Matthäus zuerst die Beschuldi- gung und deren Beantwortung, dann die Zeichenforderung und deren Zurückweisung giebt, sofern es sich nämlich schwer denken lasse, dass, nachdem Jesus sich gegen jenen Vorwurf lange genug verantwortet, nun die nämlichen Leu- te, welche denselben vorgebracht, oder doch ein Theil von ihnen, noch ein Zeichen begehrt haben sollten (Schleier- macher, S. 175; Schneckenburger, über den Urspr. S. 52 f.). Indess ebensogut lässt sich andrerseits das unwahrscheinlich finden, dass Jesus, nachdem er längst in einer gewaltigen Rede gegen das Bedeutendere, die Beschuldigung wegen Beel- zebuls, gesprochen, und sogar nach einer Unterbrechung, die ihn zu einer ganz anderartigen Äusserung veranlasste (Luc. 11, 27 f.), noch auf die minder bedeutende Zeichen- forderung sollte zurückgekommen sein. — Was sich hierauf bei Matthäus (V. 43—45.) anschliesst, die Rede von den ver- stärkt wiederkehrenden Dämonen, scheint bei Lukas (11, 24 ff.) in Verbindung mit den Äusserungen gegen den Vorwurf ei- ner Austreibung der Dämonen durch Beelzebul passender zu stehen, als bei Matthäus erst nach den Reden gegen die Zei- chenforderung. Sehen wir indessen genauer zu, so ist es sehr unwahrscheinlich, dass Jesus an die ihm gewaltsam ab- gedrungene Apologie seiner Dämonenaustreibungen gegen Feinde eine so ruhige, rein theoretische Ausführung, welche, Das Leben Jesu I. Band. 44
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Achtes Kapitel. §. 81.
knüpft, mit der späteren Stelle des Matthäus parallel. 3).
Nun aber hat Matthäus nicht bloſs wie Lukas Eine Zei-
2)
3) Dass Lukas Beschuldigung und Zeichenforderung unmittelbar
hinter einander aussprechen und hierauf von Jesu nacheinan-
der beantworten lässt, findet die neuere Kritik ungleich
wahrscheinlicher, als wenn Matthäus zuerst die Beschuldi-
gung und deren Beantwortung, dann die Zeichenforderung
und deren Zurückweisung giebt, sofern es sich nämlich
schwer denken lasse, dass, nachdem Jesus sich gegen jenen
Vorwurf lange genug verantwortet, nun die nämlichen Leu-
te, welche denselben vorgebracht, oder doch ein Theil von
ihnen, noch ein Zeichen begehrt haben sollten (Schleier-
macher, S. 175; Schneckenburger, über den Urspr. S. 52 f.).
Indess ebensogut lässt sich andrerseits das unwahrscheinlich
finden, dass Jesus, nachdem er längst in einer gewaltigen
Rede gegen das Bedeutendere, die Beschuldigung wegen Beel-
zebuls, gesprochen, und sogar nach einer Unterbrechung,
die ihn zu einer ganz anderartigen Äusserung veranlasste
(Luc. 11, 27 f.), noch auf die minder bedeutende Zeichen-
forderung sollte zurückgekommen sein. — Was sich hierauf
bei Matthäus (V. 43—45.) anschliesst, die Rede von den ver-
stärkt wiederkehrenden Dämonen, scheint bei Lukas (11, 24 ff.)
in Verbindung mit den Äusserungen gegen den Vorwurf ei-
ner Austreibung der Dämonen durch Beelzebul passender zu
stehen, als bei Matthäus erst nach den Reden gegen die Zei-
chenforderung. Sehen wir indessen genauer zu, so ist es
sehr unwahrscheinlich, dass Jesus an die ihm gewaltsam ab-
gedrungene Apologie seiner Dämonenaustreibungen gegen
Feinde eine so ruhige, rein theoretische Ausführung, welche,
2) που dem Referenten das εἰπεῖν λόγον εἰς τὸν υἱὸν τοῦ ἀνϑρώπου
in Erinnerung brachte. Hiefür ist die Probe, dass nun zwi-
schen diesem Ausspruch und dem folgenden, dass seinen Jün-
gern vor Gericht das Nöthige durch das πνεῦμα ἅγιον wer-
de eingegeben werden, die Verbindung ebenso äusserlich
durch den Ausdruck πνεῦμα ἅγιον vermittelt ist. Was bei
Matthäus (V. 33—37.) nach folgt, ist zum Theil schon in
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