Gemeinde als Leib Christi, sammt einem Getränk als sei- nem Blute, genossen zu werden pflegte? und er ergriff um so lieber diese Gelegenheit, Jesum das Abendmahl so gleich- sam prophetisch einsetzen zu lassen da er von dessen hi- storischer Einsetzung durch Jesum, wie wir später sehen werden, nichts Bestimmtes wusste 9).
Auch die eben betrachtete Rede trägt die dialogische Form, und zwar ist ihr der eigenthümliche Typus des johanneischen Dialogs, dass geistig gemeinte Reden fleisch- lich verstanden werden, ganz besonders aufgeprägt. Zu- erst, V. 34., meinen die Juden, ganz wie früher (4, 15) die samarische Frau in Bezug auf das Wasser, Jesus ver- stehe unter dem artos ek tou ouranou eine leibliche Speise, und bitten ihn, sie nur immer mit solcher zu versorgen. So möglich an sich dieses Missverständniss war, so scheint es doch, die Juden würden, ehe sie sich hierauf weiter einliessen, vor Allem gegen die Behauptung Jesu (V. 32.), Moses habe kein Himmelsbrot gegeben, mit Entrüstung sich erklärt haben. Wie sofort Jesus sich selber den ar- tos ek tou ouranou nennt, murren die Juden in der Synagoge zu Kapernaum darüber, dass er, der Sohn Josephs, dessen Vater und Mutter sie kennen, sich eine Herabkunft vom Himmel zuschreibe (V. 41 f.), eine Reflexion, welche die Synoptiker mit grösserer Wahrscheinlichkeit in Jesu Vater- stadt Nazaret verlegen und mit einem natürlicheren An- lass verbinden. Dass V. 53. die Juden nicht verstehen, wie ihnen Jesus sein Fleisch zu essen geben könne, ist sehr begreiflich: desto weniger, wie gesagt, wie Jesus jenes Unverständliche sagen konnte; ebenso wird man V. 60. 66. das Hintersichgehen vieler Jünger auf solchen skleros logos hin sehr erklärlich finden, um so weniger aber einsehen, wie Jesus diess einerseits selbst herbeifüh- ren, und doch, als es eintrat, so verstimmt sein konnte, wie die Fragen V. 61 und 67 es aussprechen. Man sagt
9) Vgl. Bretschneider, Probab. p. 56. 88 ff.
Siebentes Kapitel. §. 77.
Gemeinde als Leib Christi, sammt einem Getränk als sei- nem Blute, genossen zu werden pflegte? und er ergriff um so lieber diese Gelegenheit, Jesum das Abendmahl so gleich- sam prophetisch einsetzen zu lassen da er von dessen hi- storischer Einsetzung durch Jesum, wie wir später sehen werden, nichts Bestimmtes wuſste 9).
Auch die eben betrachtete Rede trägt die dialogische Form, und zwar ist ihr der eigenthümliche Typus des johanneischen Dialogs, daſs geistig gemeinte Reden fleisch- lich verstanden werden, ganz besonders aufgeprägt. Zu- erst, V. 34., meinen die Juden, ganz wie früher (4, 15) die samarische Frau in Bezug auf das Wasser, Jesus ver- stehe unter dem ἄρτος ἐκ τοῦ οὐρανοῦ eine leibliche Speise, und bitten ihn, sie nur immer mit solcher zu versorgen. So möglich an sich dieses Miſsverständniſs war, so scheint es doch, die Juden würden, ehe sie sich hierauf weiter einlieſsen, vor Allem gegen die Behauptung Jesu (V. 32.), Moses habe kein Himmelsbrot gegeben, mit Entrüstung sich erklärt haben. Wie sofort Jesus sich selber den ἄρ- τος ἐκ τοῦ οὐρανοῦ nennt, murren die Juden in der Synagoge zu Kapernaum darüber, daſs er, der Sohn Josephs, dessen Vater und Mutter sie kennen, sich eine Herabkunft vom Himmel zuschreibe (V. 41 f.), eine Reflexion, welche die Synoptiker mit gröſserer Wahrscheinlichkeit in Jesu Vater- stadt Nazaret verlegen und mit einem natürlicheren An- laſs verbinden. Daſs V. 53. die Juden nicht verstehen, wie ihnen Jesus sein Fleisch zu essen geben könne, ist sehr begreiflich: desto weniger, wie gesagt, wie Jesus jenes Unverständliche sagen konnte; ebenso wird man V. 60. 66. das Hintersichgehen vieler Jünger auf solchen σκληρὸς λόγος hin sehr erklärlich finden, um so weniger aber einsehen, wie Jesus dieſs einerseits selbst herbeifüh- ren, und doch, als es eintrat, so verstimmt sein konnte, wie die Fragen V. 61 und 67 es aussprechen. Man sagt
9) Vgl. Bretschneider, Probab. p. 56. 88 ff.
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Siebentes Kapitel. §. 77.
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so lieber diese Gelegenheit, Jesum das Abendmahl so gleich-
sam prophetisch einsetzen zu lassen da er von dessen hi-
storischer Einsetzung durch Jesum, wie wir später sehen
werden, nichts Bestimmtes wuſste 9).
Auch die eben betrachtete Rede trägt die dialogische
Form, und zwar ist ihr der eigenthümliche Typus des
johanneischen Dialogs, daſs geistig gemeinte Reden fleisch-
lich verstanden werden, ganz besonders aufgeprägt. Zu-
erst, V. 34., meinen die Juden, ganz wie früher (4, 15)
die samarische Frau in Bezug auf das Wasser, Jesus ver-
stehe unter dem ἄρτος ἐκ τοῦ οὐρανοῦ eine leibliche Speise,
und bitten ihn, sie nur immer mit solcher zu versorgen.
So möglich an sich dieses Miſsverständniſs war, so scheint
es doch, die Juden würden, ehe sie sich hierauf weiter
einlieſsen, vor Allem gegen die Behauptung Jesu (V. 32.),
Moses habe kein Himmelsbrot gegeben, mit Entrüstung
sich erklärt haben. Wie sofort Jesus sich selber den ἄρ-
τος ἐκ τοῦ οὐρανοῦ nennt, murren die Juden in der Synagoge
zu Kapernaum darüber, daſs er, der Sohn Josephs, dessen
Vater und Mutter sie kennen, sich eine Herabkunft vom
Himmel zuschreibe (V. 41 f.), eine Reflexion, welche die
Synoptiker mit gröſserer Wahrscheinlichkeit in Jesu Vater-
stadt Nazaret verlegen und mit einem natürlicheren An-
laſs verbinden. Daſs V. 53. die Juden nicht verstehen,
wie ihnen Jesus sein Fleisch zu essen geben könne, ist
sehr begreiflich: desto weniger, wie gesagt, wie Jesus
jenes Unverständliche sagen konnte; ebenso wird man
V. 60. 66. das Hintersichgehen vieler Jünger auf solchen
σκληρὸς λόγος hin sehr erklärlich finden, um so weniger
aber einsehen, wie Jesus dieſs einerseits selbst herbeifüh-
ren, und doch, als es eintrat, so verstimmt sein konnte,
wie die Fragen V. 61 und 67 es aussprechen. Man sagt
9) Vgl. Bretschneider, Probab. p. 56. 88 ff.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 651. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/675>, abgerufen am 25.11.2024.
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