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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Sechstes Kapitel. §. 73.
räthe bis auf jene Stücke, der Andre, als hätte er auch
diese untersagt. Und zwar konnte gerade der veranschau-
lichende Markus, wenn zu seiner Anschauung eines wan-
dernden Apostels ein Stab vielleicht mitgehörte, geneigt
sein, der ersteren Auffassung den Vorzug zu geben.

Bei Aussendung der Siebenzig ist es, dass Lukas (10, 2.)
Jesum die Worte gebrauchen lässt, welche Matthäus schon
9, 37 f. als das Motiv Jesu zur Aussendung der Zwölfe
enthaltend, wiedergiebt, die Gnome: o men therismos polus
k. t. l.; ferner das Diktum, dass der Arbeiter seines Loh-
nes werth sei (V. 7. vrgl. Matth. 10, 10); ebenso die Rede
vom apostolischen Gruss und dessen Wirkung (Matth.
V. 12 f. Luc. V. 5 f.); die Drohung gegen die Unempfäng-
lichen (Matth. V. 15. Luc. V. 12.); endlich das aposello
umas os probata k. t. l. (Matth. V. 16. Luc. V. 3.). Der
Zusammenhang dieser Sätze ist beidemale ziemlich gleich
natürlich, die Vollständigkeit bald auf der einen, bald
auf der andern Seite grösser, doch so, dass bei Matthäus
Wesentlicheres, wie V. 16, bei Lukas mehr Äusserliches
hinzugefügt ist, wie V. 7. u. 8, und V. 4, dessen sonder-
bares Verbot, Jemand auf dem Wege zu grüssen, als un-
historische Nachbildung von 2 Kön. 4, 29. erscheinen
könnte, wo der Prophet Elisa seinem Diener, aber mit
mehr Grund, weil er zur Ausrichtung eines einzelnen
dringlichen Geschäfts eilen sollte, die gleiche Weisung
giebt. Wenn von diesen Vorschriften, welche Jesus nach
Matthäus den Zwölfen, nach Lukas den Siebzigen giebt,
Sieffert bemerkt, dass sie an sich ebensogut bei dem ei-
nen als bei dem andern Anlass ertheilt sein können 5), so
möchte ich schon diess aus dem Grunde bezweifeln, weil
es mir unwahrscheinlich vorkommt, dass Jesus nach Lu-
kas die vertrauteren Jünger nur mit dürftigen Regeln für
ihr äusserliches Verhalten entlassen, den Siebzigen aber

5) S. 81 f.

Sechstes Kapitel. §. 73.
räthe bis auf jene Stücke, der Andre, als hätte er auch
diese untersagt. Und zwar konnte gerade der veranschau-
lichende Markus, wenn zu seiner Anschauung eines wan-
dernden Apostels ein Stab vielleicht mitgehörte, geneigt
sein, der ersteren Auffassung den Vorzug zu geben.

Bei Aussendung der Siebenzig ist es, daſs Lukas (10, 2.)
Jesum die Worte gebrauchen läſst, welche Matthäus schon
9, 37 f. als das Motiv Jesu zur Aussendung der Zwölfe
enthaltend, wiedergiebt, die Gnome: ὁ μὲν ϑερισμὸς πολὺς
κ. τ. λ.; ferner das Diktum, daſs der Arbeiter seines Loh-
nes werth sei (V. 7. vrgl. Matth. 10, 10); ebenso die Rede
vom apostolischen Gruſs und dessen Wirkung (Matth.
V. 12 f. Luc. V. 5 f.); die Drohung gegen die Unempfäng-
lichen (Matth. V. 15. Luc. V. 12.); endlich das ἀποςέλλω
ὑμᾱς ὡς πρόβατα κ. τ. λ. (Matth. V. 16. Luc. V. 3.). Der
Zusammenhang dieser Sätze ist beidemale ziemlich gleich
natürlich, die Vollständigkeit bald auf der einen, bald
auf der andern Seite gröſser, doch so, daſs bei Matthäus
Wesentlicheres, wie V. 16, bei Lukas mehr Äusserliches
hinzugefügt ist, wie V. 7. u. 8, und V. 4, dessen sonder-
bares Verbot, Jemand auf dem Wege zu grüſsen, als un-
historische Nachbildung von 2 Kön. 4, 29. erscheinen
könnte, wo der Prophet Elisa seinem Diener, aber mit
mehr Grund, weil er zur Ausrichtung eines einzelnen
dringlichen Geschäfts eilen sollte, die gleiche Weisung
giebt. Wenn von diesen Vorschriften, welche Jesus nach
Matthäus den Zwölfen, nach Lukas den Siebzigen giebt,
Sieffert bemerkt, daſs sie an sich ebensogut bei dem ei-
nen als bei dem andern Anlaſs ertheilt sein können 5), so
möchte ich schon dieſs aus dem Grunde bezweifeln, weil
es mir unwahrscheinlich vorkommt, daſs Jesus nach Lu-
kas die vertrauteren Jünger nur mit dürftigen Regeln für
ihr äusserliches Verhalten entlassen, den Siebzigen aber

5) S. 81 f.
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[589/0613] Sechstes Kapitel. §. 73. räthe bis auf jene Stücke, der Andre, als hätte er auch diese untersagt. Und zwar konnte gerade der veranschau- lichende Markus, wenn zu seiner Anschauung eines wan- dernden Apostels ein Stab vielleicht mitgehörte, geneigt sein, der ersteren Auffassung den Vorzug zu geben. Bei Aussendung der Siebenzig ist es, daſs Lukas (10, 2.) Jesum die Worte gebrauchen läſst, welche Matthäus schon 9, 37 f. als das Motiv Jesu zur Aussendung der Zwölfe enthaltend, wiedergiebt, die Gnome: ὁ μὲν ϑερισμὸς πολὺς κ. τ. λ.; ferner das Diktum, daſs der Arbeiter seines Loh- nes werth sei (V. 7. vrgl. Matth. 10, 10); ebenso die Rede vom apostolischen Gruſs und dessen Wirkung (Matth. V. 12 f. Luc. V. 5 f.); die Drohung gegen die Unempfäng- lichen (Matth. V. 15. Luc. V. 12.); endlich das ἀποςέλλω ὑμᾱς ὡς πρόβατα κ. τ. λ. (Matth. V. 16. Luc. V. 3.). Der Zusammenhang dieser Sätze ist beidemale ziemlich gleich natürlich, die Vollständigkeit bald auf der einen, bald auf der andern Seite gröſser, doch so, daſs bei Matthäus Wesentlicheres, wie V. 16, bei Lukas mehr Äusserliches hinzugefügt ist, wie V. 7. u. 8, und V. 4, dessen sonder- bares Verbot, Jemand auf dem Wege zu grüſsen, als un- historische Nachbildung von 2 Kön. 4, 29. erscheinen könnte, wo der Prophet Elisa seinem Diener, aber mit mehr Grund, weil er zur Ausrichtung eines einzelnen dringlichen Geschäfts eilen sollte, die gleiche Weisung giebt. Wenn von diesen Vorschriften, welche Jesus nach Matthäus den Zwölfen, nach Lukas den Siebzigen giebt, Sieffert bemerkt, daſs sie an sich ebensogut bei dem ei- nen als bei dem andern Anlaſs ertheilt sein können 5), so möchte ich schon dieſs aus dem Grunde bezweifeln, weil es mir unwahrscheinlich vorkommt, daſs Jesus nach Lu- kas die vertrauteren Jünger nur mit dürftigen Regeln für ihr äusserliches Verhalten entlassen, den Siebzigen aber 5) S. 81 f.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/613>, abgerufen am 24.11.2024.