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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Fünftes Kapitel. §. 70.

Besonders aber wird Johannes in dem von ihm be-
nannten Evangelium durch die stehende Benennung o ma-
thetes on egapa oder ephilei o Iesous vor allen andern aus-
gezeichnet (13, 23. 19, 26. 20, 2. 21, 7. 20.). Zwar lässt
sich, dass durch diese Formel und durch die unbestimmte-
re o allos oder auch nur allos mathetes (18, 15 f. 20, 3.
4. 8.), welche, wie aus 20, 2 f. erhellt, dieselbe Person mit
jener andeutet, der Apostel Johannes bezeichnet sei, aus
dem vierten Evangelium für sich oder mit den übrigen ver-
glichen nicht beweisen. Denn weder wird diese Bezeich-
nung irgendwo mit dem Namen dieses Apostels vertauscht,
noch wird im vierten Evangelium etwas von dem Lieblings-
jünger erzählt, was in den drei ersten dem Johannes zuge-
schrieben wäre. Daraus aber, dass 21, 2. unter den An-
wesenden oi tou Zebedaiou aufgeführt sind, folgt nicht, dass
der nachher, V. 7., erwähnte mathetes on egapa o Iesous
gerade Johannes sein müsse; ebensogut könnte Jakobus
oder einer der V. 2. aufgezählten alloi ek ton matheton
duo gemeint sein. Dennoch scheint die kirchliche Tradi-
tion mit gutem Grund unter dem auf jene Weise Bezeich-
neten von jeher den Johannes verstanden zu haben, da in
dem griechischen Entstehungsgebiet des vierten Evange-
liums kaum ein andrer von den in demselben nicht genann-
ten Aposteln so bekannt war, um auf jene Bezeichnung
hin erkannt zu werden, als eben nur Johannes, dessen
Aufenthalt in Ephesus schwerlich als leere Sage von der
Hand zu weisen ist.

Zweifelhafter kann scheinen, ob durch die genannten For-
meln der Verfasser zugleich sich selbst, und also sich als den

ders gegen Johannes zurücksetzen, aufbewahrt.
Ein Petriner kann schwerlich an dem Johannesevangelium
Theil genommen haben [sondern von einem Antipetriner
scheint es herzurühren, dergleichen es, wie wir hier sehen,
nicht blos paulinische, sondern auch johanneische gab].
Das Leben Jesu I. Band. 36
Fünftes Kapitel. §. 70.

Besonders aber wird Johannes in dem von ihm be-
nannten Evangelium durch die stehende Benennung ὁ μα-
ϑητὴς ὃν ἠγάπα oder ἐφίλει ὁ Ἰησοῦς vor allen andern aus-
gezeichnet (13, 23. 19, 26. 20, 2. 21, 7. 20.). Zwar läſst
sich, daſs durch diese Formel und durch die unbestimmte-
re ὁ ἄλλος oder auch nur ἄλλος μαϑητὴς (18, 15 f. 20, 3.
4. 8.), welche, wie aus 20, 2 f. erhellt, dieselbe Person mit
jener andeutet, der Apostel Johannes bezeichnet sei, aus
dem vierten Evangelium für sich oder mit den übrigen ver-
glichen nicht beweisen. Denn weder wird diese Bezeich-
nung irgendwo mit dem Namen dieses Apostels vertauscht,
noch wird im vierten Evangelium etwas von dem Lieblings-
jünger erzählt, was in den drei ersten dem Johannes zuge-
schrieben wäre. Daraus aber, daſs 21, 2. unter den An-
wesenden οἱ τοῦ Ζεβεδαίου aufgeführt sind, folgt nicht, daſs
der nachher, V. 7., erwähnte μαϑητὴς ὃν ἠγάπα ὁ Ἰησοῦς
gerade Johannes sein müsse; ebensogut könnte Jakobus
oder einer der V. 2. aufgezählten ἄλλοι ἐκ τῶν μαϑητῶν
δύο gemeint sein. Dennoch scheint die kirchliche Tradi-
tion mit gutem Grund unter dem auf jene Weise Bezeich-
neten von jeher den Johannes verstanden zu haben, da in
dem griechischen Entstehungsgebiet des vierten Evange-
liums kaum ein andrer von den in demselben nicht genann-
ten Aposteln so bekannt war, um auf jene Bezeichnung
hin erkannt zu werden, als eben nur Johannes, dessen
Aufenthalt in Ephesus schwerlich als leere Sage von der
Hand zu weisen ist.

Zweifelhafter kann scheinen, ob durch die genannten For-
meln der Verfasser zugleich sich selbst, und also sich als den

ders gegen Johannes zurücksetzen, aufbewahrt.
Ein Petriner kann schwerlich an dem Johannesevangelium
Theil genommen haben [sondern von einem Antipetriner
scheint es herzurühren, dergleichen es, wie wir hier sehen,
nicht blos paulinische, sondern auch johanneische gab].
Das Leben Jesu I. Band. 36
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[561/0585] Fünftes Kapitel. §. 70. Besonders aber wird Johannes in dem von ihm be- nannten Evangelium durch die stehende Benennung ὁ μα- ϑητὴς ὃν ἠγάπα oder ἐφίλει ὁ Ἰησοῦς vor allen andern aus- gezeichnet (13, 23. 19, 26. 20, 2. 21, 7. 20.). Zwar läſst sich, daſs durch diese Formel und durch die unbestimmte- re ὁ ἄλλος oder auch nur ἄλλος μαϑητὴς (18, 15 f. 20, 3. 4. 8.), welche, wie aus 20, 2 f. erhellt, dieselbe Person mit jener andeutet, der Apostel Johannes bezeichnet sei, aus dem vierten Evangelium für sich oder mit den übrigen ver- glichen nicht beweisen. Denn weder wird diese Bezeich- nung irgendwo mit dem Namen dieses Apostels vertauscht, noch wird im vierten Evangelium etwas von dem Lieblings- jünger erzählt, was in den drei ersten dem Johannes zuge- schrieben wäre. Daraus aber, daſs 21, 2. unter den An- wesenden οἱ τοῦ Ζεβεδαίου aufgeführt sind, folgt nicht, daſs der nachher, V. 7., erwähnte μαϑητὴς ὃν ἠγάπα ὁ Ἰησοῦς gerade Johannes sein müsse; ebensogut könnte Jakobus oder einer der V. 2. aufgezählten ἄλλοι ἐκ τῶν μαϑητῶν δύο gemeint sein. Dennoch scheint die kirchliche Tradi- tion mit gutem Grund unter dem auf jene Weise Bezeich- neten von jeher den Johannes verstanden zu haben, da in dem griechischen Entstehungsgebiet des vierten Evange- liums kaum ein andrer von den in demselben nicht genann- ten Aposteln so bekannt war, um auf jene Bezeichnung hin erkannt zu werden, als eben nur Johannes, dessen Aufenthalt in Ephesus schwerlich als leere Sage von der Hand zu weisen ist. Zweifelhafter kann scheinen, ob durch die genannten For- meln der Verfasser zugleich sich selbst, und also sich als den 10) 10) ders gegen Johannes zurücksetzen, aufbewahrt. Ein Petriner kann schwerlich an dem Johannesevangelium Theil genommen haben [sondern von einem Antipetriner scheint es herzurühren, dergleichen es, wie wir hier sehen, nicht blos paulinische, sondern auch johanneische gab]. Das Leben Jesu I. Band. 36

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/585>, abgerufen am 22.11.2024.