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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Zweiter Abschnitt.
Umschreibungen des Namens Gottes, bekamen bald den
schwankenden Werth einer eigenen Hypostase, eines von
ihm verschiedenen und doch mit ihm einigen Wesens. Da
die meisten Offenbarungen und Einwirkungen Gottes, als
deren Organ dieses personificirte Gotteswort angesehen
wurde, zu Gunsten des israelitischen Volkes geschehen
waren: so war es natürlich, diejenige von Gott noch zu
veranstaltende Erscheinung, von welcher das meiste Heil
für Israel erwartet wurde, die Erscheinung des Messias,
in besondre Beziehung mit dem Wort oder der Schechina
zu setzen, woraus sich einerseits die Vorstellung, dass mit
dem Messias die Schechina erscheinen werde 7), andrer-
seits das sich ergab, dass, was der Schechina zuzuschrei-
ben war, auch vom Messias ausgesagt wurde, eine Dar-
stellungsweise, welche nicht blos bei den Rabbinen, sondern
auch bei dem Apostel Paulus sich findet. Hienach war der
Messias schon in der Wüste der unsichtbare Begleiter und
Wohlthäter des Volks Gottes (1 Kor. 10, 4. 9.) 8); er war
bereits bei den ersten Eltern im Paradiese 9); schon bei der
Weltschöpfung war er als Organ derselben thätig (Kol.
1, 16.); selbst vor derselben existirte er 10), und war vor
seiner Menschwerdung in Jesus in herrlichem Zustande
bei Gott (Phil. 2, 6).

Da auf diese Weise in der höheren jüdischen Theologie

7) Schöttgen, 2, S. 6 f.
8) Targ. Jes. 16, 1: iste (Messias) in deserto fuit rupes eccle-
siae Zionis (bei Bertholdt, a. a. O. S. 145.)
9) Sohar chadasch f. 82, 4, bei Schöttgen 2, S. 440.
10) Nezach Israel c. 35 f. 48, 1. (bei Schmidt, Bibl. für Kritik u.
Exegese 1, S. 38): mshykh mpny tvhv. Sohar Levit. f. 14, 56,
(bei Schöttgen, 2, S. 436): Septem (lumina condita sunt,
antequam mundus conderetur), nimirum ...... et lumen
Messiae. Die hier als real dargestellte Präexistenz des Mes-
sias findet sich mehr nur ideal gefasst in Bereschith rabba,
sect. 1. f. 3, 3, (Schöttgen, ebendas.)

Zweiter Abschnitt.
Umschreibungen des Namens Gottes, bekamen bald den
schwankenden Werth einer eigenen Hypostase, eines von
ihm verschiedenen und doch mit ihm einigen Wesens. Da
die meisten Offenbarungen und Einwirkungen Gottes, als
deren Organ dieses personificirte Gotteswort angesehen
wurde, zu Gunsten des israëlitischen Volkes geschehen
waren: so war es natürlich, diejenige von Gott noch zu
veranstaltende Erscheinung, von welcher das meiste Heil
für Israël erwartet wurde, die Erscheinung des Messias,
in besondre Beziehung mit dem Wort oder der Schechina
zu setzen, woraus sich einerseits die Vorstellung, daſs mit
dem Messias die Schechina erscheinen werde 7), andrer-
seits das sich ergab, daſs, was der Schechina zuzuschrei-
ben war, auch vom Messias ausgesagt wurde, eine Dar-
stellungsweise, welche nicht blos bei den Rabbinen, sondern
auch bei dem Apostel Paulus sich findet. Hienach war der
Messias schon in der Wüste der unsichtbare Begleiter und
Wohlthäter des Volks Gottes (1 Kor. 10, 4. 9.) 8); er war
bereits bei den ersten Eltern im Paradiese 9); schon bei der
Weltschöpfung war er als Organ derselben thätig (Kol.
1, 16.); selbst vor derselben existirte er 10), und war vor
seiner Menschwerdung in Jesus in herrlichem Zustande
bei Gott (Phil. 2, 6).

Da auf diese Weise in der höheren jüdischen Theologie

7) Schöttgen, 2, S. 6 f.
8) Targ. Jes. 16, 1: iste (Messias) in deserto fuit rupes eccle-
siae Zionis (bei Bertholdt, a. a. O. S. 145.)
9) Sohar chadasch f. 82, 4, bei Schöttgen 2, S. 440.
10) Nezach Israël c. 35 f. 48, 1. (bei Schmidt, Bibl. für Kritik u.
Exegese 1, S. 38): משיח מפני תוהו. Sohar Levit. f. 14, 56,
(bei Schöttgen, 2, S. 436): Septem (lumina condita sunt,
antequam mundus conderetur), nimirum ...... et lumen
Messiae. Die hier als real dargestellte Präexistenz des Mes-
sias findet sich mehr nur ideal gefasst in Bereschith rabba,
sect. 1. f. 3, 3, (Schöttgen, ebendas.)
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[486/0510] Zweiter Abschnitt. Umschreibungen des Namens Gottes, bekamen bald den schwankenden Werth einer eigenen Hypostase, eines von ihm verschiedenen und doch mit ihm einigen Wesens. Da die meisten Offenbarungen und Einwirkungen Gottes, als deren Organ dieses personificirte Gotteswort angesehen wurde, zu Gunsten des israëlitischen Volkes geschehen waren: so war es natürlich, diejenige von Gott noch zu veranstaltende Erscheinung, von welcher das meiste Heil für Israël erwartet wurde, die Erscheinung des Messias, in besondre Beziehung mit dem Wort oder der Schechina zu setzen, woraus sich einerseits die Vorstellung, daſs mit dem Messias die Schechina erscheinen werde 7), andrer- seits das sich ergab, daſs, was der Schechina zuzuschrei- ben war, auch vom Messias ausgesagt wurde, eine Dar- stellungsweise, welche nicht blos bei den Rabbinen, sondern auch bei dem Apostel Paulus sich findet. Hienach war der Messias schon in der Wüste der unsichtbare Begleiter und Wohlthäter des Volks Gottes (1 Kor. 10, 4. 9.) 8); er war bereits bei den ersten Eltern im Paradiese 9); schon bei der Weltschöpfung war er als Organ derselben thätig (Kol. 1, 16.); selbst vor derselben existirte er 10), und war vor seiner Menschwerdung in Jesus in herrlichem Zustande bei Gott (Phil. 2, 6). Da auf diese Weise in der höheren jüdischen Theologie 7) Schöttgen, 2, S. 6 f. 8) Targ. Jes. 16, 1: iste (Messias) in deserto fuit rupes eccle- siae Zionis (bei Bertholdt, a. a. O. S. 145.) 9) Sohar chadasch f. 82, 4, bei Schöttgen 2, S. 440. 10) Nezach Israël c. 35 f. 48, 1. (bei Schmidt, Bibl. für Kritik u. Exegese 1, S. 38): משיח מפני תוהו. Sohar Levit. f. 14, 56, (bei Schöttgen, 2, S. 436): Septem (lumina condita sunt, antequam mundus conderetur), nimirum ...... et lumen Messiae. Die hier als real dargestellte Präexistenz des Mes- sias findet sich mehr nur ideal gefasst in Bereschith rabba, sect. 1. f. 3, 3, (Schöttgen, ebendas.)

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/510>, abgerufen am 23.11.2024.