herabsezt, womit er nach dem Obigen den evangelischen Berichten widerspricht.
Wir müssen also, wie oben bei den Geschlechtsregi- stern, so auch hier sagen: in demjenigen Kreise der ur- christlichen Gemeinde, in welchem die Erzählung von der Herabkunft des pneuma auf Jesum bei seiner Taufe sich gebildet hat, kann die Vorstellung von einer Erzeugung Jesu durch dasselbe pneuma nicht herrschend gewesen sein, sondern während man sich jezt das Göttliche Jesu schon in seiner Erzeugung mitgetheilt denkt, müssen jene Chri- sten erst die Taufe als den Zeitpunkt dieser Mittheilung angesehen haben. Wirklich sind nun diejenigen uralten Christen, welche wir oben als solche gefunden haben, die von einer übernatürlichen Erzeugung Jesu nichts wussten, oder nichts wissen wollten, zugleich auch diejenigen, wel- che die Mittheilung göttlicher Kräfte an Jesum erst an des- sen Taufe im Jordan gebunden dachten. Um keiner andern Lehre willen haben ja die orthodoxen Kirchenväter die al- ten Ebioniten 5) sammt ihrem gnostisirenden Glaubensge- nossen Cerinth 6) grimmiger verfolgt, als weil sie behaup- teten, mit dem Menschen Jesus habe sich erst bei der Taufe der heilige Geist oder der himmlische Christus ver- einigt, wie denn im Evangelium der Ebioniten zu lesen war, dass das pneuma in Gestalt der Taube nicht blos auf Jesum herabgekommen, sondern in denselben hineingegan- gen sei 7), und auch die gemeine jüdische Erwartung dem Justin zufolge die war, dass erst bei der Salbung durch den Vorläufer Elias dem Messias höhere Kräfte werden mitgetheilt werden 8).
5) Epiphan. haeres. 30, 14: ep[e]ide gar boulontai ton men Ie- soun ontos anthropon einai, Khrison de en auto gegene- sthai ton en eidei periseras katabebekota k. t. l.
6) Epiphan. haeres. 28, 1.
7) Epiphan. haeres. 30, 13: -- periseras katelthouses kai eiselthouses eis auton.
8) Dial. c. Tryph. 49.
Zweiter Abschnitt.
herabsezt, womit er nach dem Obigen den evangelischen Berichten widerspricht.
Wir müssen also, wie oben bei den Geschlechtsregi- stern, so auch hier sagen: in demjenigen Kreise der ur- christlichen Gemeinde, in welchem die Erzählung von der Herabkunft des πνεῦμα auf Jesum bei seiner Taufe sich gebildet hat, kann die Vorstellung von einer Erzeugung Jesu durch dasselbe πνεῦμα nicht herrschend gewesen sein, sondern während man sich jezt das Göttliche Jesu schon in seiner Erzeugung mitgetheilt denkt, müssen jene Chri- sten erst die Taufe als den Zeitpunkt dieser Mittheilung angesehen haben. Wirklich sind nun diejenigen uralten Christen, welche wir oben als solche gefunden haben, die von einer übernatürlichen Erzeugung Jesu nichts wuſsten, oder nichts wissen wollten, zugleich auch diejenigen, wel- che die Mittheilung göttlicher Kräfte an Jesum erst an des- sen Taufe im Jordan gebunden dachten. Um keiner andern Lehre willen haben ja die orthodoxen Kirchenväter die al- ten Ebioniten 5) sammt ihrem gnostisirenden Glaubensge- nossen Cerinth 6) grimmiger verfolgt, als weil sie behaup- teten, mit dem Menschen Jesus habe sich erst bei der Taufe der heilige Geist oder der himmlische Christus ver- einigt, wie denn im Evangelium der Ebioniten zu lesen war, daſs das πνεῦμα in Gestalt der Taube nicht blos auf Jesum herabgekommen, sondern in denselben hineingegan- gen sei 7), und auch die gemeine jüdische Erwartung dem Justin zufolge die war, daſs erst bei der Salbung durch den Vorläufer Elias dem Messias höhere Kräfte werden mitgetheilt werden 8).
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Zweiter Abschnitt.
herabsezt, womit er nach dem Obigen den evangelischen
Berichten widerspricht.
Wir müssen also, wie oben bei den Geschlechtsregi-
stern, so auch hier sagen: in demjenigen Kreise der ur-
christlichen Gemeinde, in welchem die Erzählung von der
Herabkunft des πνεῦμα auf Jesum bei seiner Taufe sich
gebildet hat, kann die Vorstellung von einer Erzeugung
Jesu durch dasselbe πνεῦμα nicht herrschend gewesen sein,
sondern während man sich jezt das Göttliche Jesu schon
in seiner Erzeugung mitgetheilt denkt, müssen jene Chri-
sten erst die Taufe als den Zeitpunkt dieser Mittheilung
angesehen haben. Wirklich sind nun diejenigen uralten
Christen, welche wir oben als solche gefunden haben, die
von einer übernatürlichen Erzeugung Jesu nichts wuſsten,
oder nichts wissen wollten, zugleich auch diejenigen, wel-
che die Mittheilung göttlicher Kräfte an Jesum erst an des-
sen Taufe im Jordan gebunden dachten. Um keiner andern
Lehre willen haben ja die orthodoxen Kirchenväter die al-
ten Ebioniten 5) sammt ihrem gnostisirenden Glaubensge-
nossen Cerinth 6) grimmiger verfolgt, als weil sie behaup-
teten, mit dem Menschen Jesus habe sich erst bei der
Taufe der heilige Geist oder der himmlische Christus ver-
einigt, wie denn im Evangelium der Ebioniten zu lesen
war, daſs das πνεῦμα in Gestalt der Taube nicht blos auf
Jesum herabgekommen, sondern in denselben hineingegan-
gen sei 7), und auch die gemeine jüdische Erwartung dem
Justin zufolge die war, daſs erst bei der Salbung durch
den Vorläufer Elias dem Messias höhere Kräfte werden
mitgetheilt werden 8).
5) Epiphan. haeres. 30, 14: ἐπειδὴ γὰρ βούλονται τὸν μὲν Ἰη-
σοῦν ὄντως ἄνϑρωπον εἶναι, Χριςὸν δὲ ἐν αὐτῷ γεγενῆ-
σϑαι τὸν ἐν εϊδει περιςερᾶς καταβεβηκότα κ. τ. λ.
6) Epiphan. haeres. 28, 1.
7) Epiphan. haeres. 30, 13: — περιςερᾶς κατελϑούσης καὶ
εἰσελϑούσης εἰς αὐτόν.
8) Dial. c. Tryph. 49.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/418>, abgerufen am 23.11.2024.
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