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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Einleitung. §. 5.
gerade dasjenige, was den interessantesten Punkt in der
Schrifterklärung des frühe[r] verketzerten Origenes bildete,
aufgegeben, dass er nämlich, um im N. T. allenthalben
göttlichen Inhalt in seinem Sinne finden zu können, die ge-
schichtliche Form in manchen Fällen auflösen zu müssen
glaubte, und es findet sich etwas Aehnliches eigentlich nur
bei einigen gnostischen Parteien, welche gewisse Begeben-
heiten im Leben Jesu nicht als wirkliche, sondern nur als
scheinbare Vorgänge betrachteten, durch welche übersinn-
liche Thatsachen und Ideen haben vorgebildet werden sollen.

§. 5.
Wie die Naturalisten des 17. und 18. Jahrhunderts die heilige Ge-
schichte auffassten. Der Wolfenbüttelsche Fragmentist.

Hatte sich in der beschriebenen Weise die Eine der
Auslegungsarten entwickelt, welche bei fortrückender Bil-
dung, wie alle Religionsurkunden überhaupt, so auch die
christlichen in Bezug auf ihren geschichtlichen Theil erfah-
ren mussten, diejenige nämlich, welche das Göttliche in
denselben anerkennt, aber das leugnet, dass es sich in die-
ser unmittelbaren Weise geschichtlich verwirklicht habe:
so bildete sich die andere Hauptform der Auslegung, wel-
che eher geneigt ist, den geschichtlichen Hergang zuzuge-
ben, nur aber denselben nicht als einen göttlichen, sondern
als einen menschlichen fasst, zunächst bei den Gegnern des
Christenthums, einem Celsus, Porphyrius, Julianus aus,
welche zwar viele Erzählungen der heiligen Geschichte als
blose Mährchen verwarfen, Manches jedoch, was von Mo-
ses, Jesus u. A. erzählt ist, als geschichtlich stehen lies-
sen, nur dass sie es meistens als entsprungen aus gemeinen
Beweggründen und bewerkstelligt durch groben Betrug oder
gottlose Zauberei erklärten. Dergleichen Ansichten blieben
jedoch nicht für immer ausserhalb der christlichen Kirche
stehen, sondern mit der anbrechenden Aufklärung der
neueren Zeit drangen sie unaufhaltsam in diese selber ein.

Einleitung. §. 5.
gerade dasjenige, was den interessantesten Punkt in der
Schrifterklärung des frühe[r] verketzerten Origenes bildete,
aufgegeben, daſs er nämlich, um im N. T. allenthalben
göttlichen Inhalt in seinem Sinne finden zu können, die ge-
schichtliche Form in manchen Fällen auflösen zu müssen
glaubte, und es findet sich etwas Aehnliches eigentlich nur
bei einigen gnostischen Parteien, welche gewisse Begeben-
heiten im Leben Jesu nicht als wirkliche, sondern nur als
scheinbare Vorgänge betrachteten, durch welche übersinn-
liche Thatsachen und Ideen haben vorgebildet werden sollen.

§. 5.
Wie die Naturalisten des 17. und 18. Jahrhunderts die heilige Ge-
schichte auffassten. Der Wolfenbüttelsche Fragmentist.

Hatte sich in der beschriebenen Weise die Eine der
Auslegungsarten entwickelt, welche bei fortrückender Bil-
dung, wie alle Religionsurkunden überhaupt, so auch die
christlichen in Bezug auf ihren geschichtlichen Theil erfah-
ren muſsten, diejenige nämlich, welche das Göttliche in
denselben anerkennt, aber das leugnet, daſs es sich in die-
ser unmittelbaren Weise geschichtlich verwirklicht habe:
so bildete sich die andere Hauptform der Auslegung, wel-
che eher geneigt ist, den geschichtlichen Hergang zuzuge-
ben, nur aber denselben nicht als einen göttlichen, sondern
als einen menschlichen faſst, zunächst bei den Gegnern des
Christenthums, einem Celsus, Porphyrius, Julianus aus,
welche zwar viele Erzählungen der heiligen Geschichte als
blose Mährchen verwarfen, Manches jedoch, was von Mo-
ses, Jesus u. A. erzählt ist, als geschichtlich stehen lies-
sen, nur daſs sie es meistens als entsprungen aus gemeinen
Beweggründen und bewerkstelligt durch groben Betrug oder
gottlose Zauberei erklärten. Dergleichen Ansichten blieben
jedoch nicht für immer ausserhalb der christlichen Kirche
stehen, sondern mit der anbrechenden Aufklärung der
neueren Zeit drangen sie unaufhaltsam in diese selber ein.

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[11/0035] Einleitung. §. 5. gerade dasjenige, was den interessantesten Punkt in der Schrifterklärung des früher verketzerten Origenes bildete, aufgegeben, daſs er nämlich, um im N. T. allenthalben göttlichen Inhalt in seinem Sinne finden zu können, die ge- schichtliche Form in manchen Fällen auflösen zu müssen glaubte, und es findet sich etwas Aehnliches eigentlich nur bei einigen gnostischen Parteien, welche gewisse Begeben- heiten im Leben Jesu nicht als wirkliche, sondern nur als scheinbare Vorgänge betrachteten, durch welche übersinn- liche Thatsachen und Ideen haben vorgebildet werden sollen. §. 5. Wie die Naturalisten des 17. und 18. Jahrhunderts die heilige Ge- schichte auffassten. Der Wolfenbüttelsche Fragmentist. Hatte sich in der beschriebenen Weise die Eine der Auslegungsarten entwickelt, welche bei fortrückender Bil- dung, wie alle Religionsurkunden überhaupt, so auch die christlichen in Bezug auf ihren geschichtlichen Theil erfah- ren muſsten, diejenige nämlich, welche das Göttliche in denselben anerkennt, aber das leugnet, daſs es sich in die- ser unmittelbaren Weise geschichtlich verwirklicht habe: so bildete sich die andere Hauptform der Auslegung, wel- che eher geneigt ist, den geschichtlichen Hergang zuzuge- ben, nur aber denselben nicht als einen göttlichen, sondern als einen menschlichen faſst, zunächst bei den Gegnern des Christenthums, einem Celsus, Porphyrius, Julianus aus, welche zwar viele Erzählungen der heiligen Geschichte als blose Mährchen verwarfen, Manches jedoch, was von Mo- ses, Jesus u. A. erzählt ist, als geschichtlich stehen lies- sen, nur daſs sie es meistens als entsprungen aus gemeinen Beweggründen und bewerkstelligt durch groben Betrug oder gottlose Zauberei erklärten. Dergleichen Ansichten blieben jedoch nicht für immer ausserhalb der christlichen Kirche stehen, sondern mit der anbrechenden Aufklärung der neueren Zeit drangen sie unaufhaltsam in diese selber ein.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/35>, abgerufen am 23.11.2024.