dieser Genauigkeit in ihren Personalien, wogegen die Haupt- person weit nachlässiger bezeichnet sei. Allein aus zweier Zeugen Mund die Würde des Kindes Jesu kund werden zu lassen, und namentlich neben den Propheten auch noch eine Prophetin zu stellen, das ist doch gewiss ganz die symmetrische Gruppirung, wie sie die Sage liebt. Dass dann der Frau nichts mehr übrig bleibt, als das von dem Manne Gesagte zu bestätigen, ist natürlich, wenn ihr die- ser alles Wesentliche vorweggenommen hatte, und dass nun der der Sage nacherzählende Verfasser, was er an der Rede bei dieser Person abbrechen musste, an der detaillirten Personalbezeichnung hereinbrachte, ist eben- falls ganz in der Ordnung. Daraus ergiebt sich zu- gleich, was von der Schleiermacher'schen Vermuthung zu halten ist, dass unser Referent diese Erzählung unmit- telbar oder mittelbar aus dem Munde der so genau beschrie- benen Hanna haben möge: sie ist eine Spielerei des Scharf- sinns, wie so manche die sonst verdienstvolle Schrift von Schleiermacher über den Lukas entstellen.
Auch hier, wo die Erzählung des Lukas Jesum auf eine Reihe von Jahren verlässt, wird, wie an dem ent- sprechenden Punkt im Leben des Täufers, eine Schluss- formel über das gesegnete Aufwachsen des Kindes beige- fügt (V. 40.), welche, wie die den Täufer betreffende, an die ähnliche Formel in der Geschichte Simsons (Richt. 13, 24 f.) erinnert.
§. 35. Rückblick. Differenz zwischen Matthäus und Lukas in Bezug auf den ursprünglichen Wohnort der Eltern Jesu.
Es ist bis hieher die geschichtliche Glaubwürdigkeit der evangelischen Erzählungen über die Abkunft, Geburt und Kindheit Jesu aus dem doppelten Gesichtspunkte in Anspruch genommen worden, weil theils die einzelnen Be- richte in sich selber Elemente haben, welche der geschicht-
Viertes Kapitel. §. 35.
dieser Genauigkeit in ihren Personalien, wogegen die Haupt- person weit nachlässiger bezeichnet sei. Allein aus zweier Zeugen Mund die Würde des Kindes Jesu kund werden zu lassen, und namentlich neben den Propheten auch noch eine Prophetin zu stellen, das ist doch gewiſs ganz die symmetrische Gruppirung, wie sie die Sage liebt. Daſs dann der Frau nichts mehr übrig bleibt, als das von dem Manne Gesagte zu bestätigen, ist natürlich, wenn ihr die- ser alles Wesentliche vorweggenommen hatte, und daſs nun der der Sage nacherzählende Verfasser, was er an der Rede bei dieser Person abbrechen muſste, an der detaillirten Personalbezeichnung hereinbrachte, ist eben- falls ganz in der Ordnung. Daraus ergiebt sich zu- gleich, was von der Schleiermacher'schen Vermuthung zu halten ist, daſs unser Referent diese Erzählung unmit- telbar oder mittelbar aus dem Munde der so genau beschrie- benen Hanna haben möge: sie ist eine Spielerei des Scharf- sinns, wie so manche die sonst verdienstvolle Schrift von Schleiermacher über den Lukas entstellen.
Auch hier, wo die Erzählung des Lukas Jesum auf eine Reihe von Jahren verläſst, wird, wie an dem ent- sprechenden Punkt im Leben des Täufers, eine Schluſs- formel über das gesegnete Aufwachsen des Kindes beige- fügt (V. 40.), welche, wie die den Täufer betreffende, an die ähnliche Formel in der Geschichte Simsons (Richt. 13, 24 f.) erinnert.
§. 35. Rückblick. Differenz zwischen Matthäus und Lukas in Bezug auf den ursprünglichen Wohnort der Eltern Jesu.
Es ist bis hieher die geschichtliche Glaubwürdigkeit der evangelischen Erzählungen über die Abkunft, Geburt und Kindheit Jesu aus dem doppelten Gesichtspunkte in Anspruch genommen worden, weil theils die einzelnen Be- richte in sich selber Elemente haben, welche der geschicht-
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Viertes Kapitel. §. 35.
dieser Genauigkeit in ihren Personalien, wogegen die Haupt-
person weit nachlässiger bezeichnet sei. Allein aus zweier
Zeugen Mund die Würde des Kindes Jesu kund werden
zu lassen, und namentlich neben den Propheten auch noch
eine Prophetin zu stellen, das ist doch gewiſs ganz die
symmetrische Gruppirung, wie sie die Sage liebt. Daſs
dann der Frau nichts mehr übrig bleibt, als das von dem
Manne Gesagte zu bestätigen, ist natürlich, wenn ihr die-
ser alles Wesentliche vorweggenommen hatte, und daſs
nun der der Sage nacherzählende Verfasser, was er an
der Rede bei dieser Person abbrechen muſste, an der
detaillirten Personalbezeichnung hereinbrachte, ist eben-
falls ganz in der Ordnung. Daraus ergiebt sich zu-
gleich, was von der Schleiermacher'schen Vermuthung
zu halten ist, daſs unser Referent diese Erzählung unmit-
telbar oder mittelbar aus dem Munde der so genau beschrie-
benen Hanna haben möge: sie ist eine Spielerei des Scharf-
sinns, wie so manche die sonst verdienstvolle Schrift von
Schleiermacher über den Lukas entstellen.
Auch hier, wo die Erzählung des Lukas Jesum auf
eine Reihe von Jahren verläſst, wird, wie an dem ent-
sprechenden Punkt im Leben des Täufers, eine Schluſs-
formel über das gesegnete Aufwachsen des Kindes beige-
fügt (V. 40.), welche, wie die den Täufer betreffende, an
die ähnliche Formel in der Geschichte Simsons (Richt. 13,
24 f.) erinnert.
§. 35.
Rückblick. Differenz zwischen Matthäus und Lukas in Bezug
auf den ursprünglichen Wohnort der Eltern Jesu.
Es ist bis hieher die geschichtliche Glaubwürdigkeit
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/289>, abgerufen am 23.11.2024.
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