rinus Statthalter von Syrien war, angeordneten Census zu der Reise nach Bethlehem, wo Jesus geboren wurde, ver- anlasst worden seien (Luk. 2, 1. ff.).
Hier ist schon das schwierig, dass die von Augustus befohlene apographe (d. h. Einschreibung der Namen und Vermögensanschlag zum Behuf der Besteurung,) auf pa- san ten oikoumenen bezogen wird (V. 1.). Dieser Ausdruck in seinem damals gewöhnlichen Sinn würde den orbis Roma- nus bezeichnen. Nun aber meldet kein Schriftsteller et- was von einem solchen von August ausgeschriebenen Ge- neralcensus, sondern nur von einzelnen, zu verschiedenen Zeiten angeordneten Provincialschatzungen ist die Rede. Hier lautet der alte Schluss der orthodoxen Exegese, wel- chen auch noch Olshausen unbedenklich nachmacht 1): weil -- uns -- bekannt ist, dass eine allgemeine Einschä- zung des orbis Romanus unter August nicht stattgefun- den: so kann -- Lukas -- durch das oikoumene nicht nach seinem gewöhnlichem Sinn die römische Welt, sondern nur das jüdische Land haben bezeichnen wollen. Für die Möglichkeit hievon werden sofort Beispiele angeführt 2), welche aber sämmtlich nichts beweisen; denn in allen die- sen Stellen aus den LXX, dem Josephus und dem N. T. bezieht sich oikoumene, in dem übertreibenden Sinne der Schriftsteller, auf die ganze bekannte Erde. Man muss also hier schon einen Verstoss erkennen, indem unser Evan- gelist oder sein Gewährsmann ein, für seinen auf die Eine Provinz beschränkten Gesichtskreis wichtiges Ereigniss so- gleich als ein alle Welt betreffendes nahm, und desswe- gen überdiess die Schatzung, welche nur für Judäa die erste war, als die prote für die ganze römische Welt be- zeichnete. -- Dieser Anstoss findet sich bei Justin vermie-
1) a. a. O. S. 128.
2)Olshausen a. d. a. St.; Paulus, S. 172.; Kuinöl, Comm. in Luc. S. 316.
Viertes Kapitel. §. 28.
rinus Statthalter von Syrien war, angeordneten Census zu der Reise nach Bethlehem, wo Jesus geboren wurde, ver- anlaſst worden seien (Luk. 2, 1. ff.).
Hier ist schon das schwierig, daſs die von Augustus befohlene ἀπογραφὴ (d. h. Einschreibung der Namen und Vermögensanschlag zum Behuf der Besteurung,) auf πᾶ- σαν τὴν οἰκουμένην bezogen wird (V. 1.). Dieser Ausdruck in seinem damals gewöhnlichen Sinn würde den orbis Roma- nus bezeichnen. Nun aber meldet kein Schriftsteller et- was von einem solchen von August ausgeschriebenen Ge- neralcensus, sondern nur von einzelnen, zu verschiedenen Zeiten angeordneten Provincialschatzungen ist die Rede. Hier lautet der alte Schluſs der orthodoxen Exegese, wel- chen auch noch Olshausen unbedenklich nachmacht 1): weil — uns — bekannt ist, daſs eine allgemeine Einschä- zung des orbis Romanus unter August nicht stattgefun- den: so kann — Lukas — durch das οἰκουμένη nicht nach seinem gewöhnlichem Sinn die römische Welt, sondern nur das jüdische Land haben bezeichnen wollen. Für die Möglichkeit hievon werden sofort Beispiele angeführt 2), welche aber sämmtlich nichts beweisen; denn in allen die- sen Stellen aus den LXX, dem Josephus und dem N. T. bezieht sich οἰκουμένη, in dem übertreibenden Sinne der Schriftsteller, auf die ganze bekannte Erde. Man muſs also hier schon einen Verstoſs erkennen, indem unser Evan- gelist oder sein Gewährsmann ein, für seinen auf die Eine Provinz beschränkten Gesichtskreis wichtiges Ereigniſs so- gleich als ein alle Welt betreffendes nahm, und deſswe- gen überdieſs die Schatzung, welche nur für Judäa die erste war, als die πρώτη für die ganze römische Welt be- zeichnete. — Dieser Anstoſs findet sich bei Justin vermie-
1) a. a. O. S. 128.
2)Olshausen a. d. a. St.; Paulus, S. 172.; Kuinöl, Comm. in Luc. S. 316.
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Viertes Kapitel. §. 28.
rinus Statthalter von Syrien war, angeordneten Census zu
der Reise nach Bethlehem, wo Jesus geboren wurde, ver-
anlaſst worden seien (Luk. 2, 1. ff.).
Hier ist schon das schwierig, daſs die von Augustus
befohlene ἀπογραφὴ (d. h. Einschreibung der Namen und
Vermögensanschlag zum Behuf der Besteurung,) auf πᾶ-
σαν τὴν οἰκουμένην bezogen wird (V. 1.). Dieser Ausdruck in
seinem damals gewöhnlichen Sinn würde den orbis Roma-
nus bezeichnen. Nun aber meldet kein Schriftsteller et-
was von einem solchen von August ausgeschriebenen Ge-
neralcensus, sondern nur von einzelnen, zu verschiedenen
Zeiten angeordneten Provincialschatzungen ist die Rede.
Hier lautet der alte Schluſs der orthodoxen Exegese, wel-
chen auch noch Olshausen unbedenklich nachmacht 1):
weil — uns — bekannt ist, daſs eine allgemeine Einschä-
zung des orbis Romanus unter August nicht stattgefun-
den: so kann — Lukas — durch das οἰκουμένη nicht nach
seinem gewöhnlichem Sinn die römische Welt, sondern
nur das jüdische Land haben bezeichnen wollen. Für die
Möglichkeit hievon werden sofort Beispiele angeführt 2),
welche aber sämmtlich nichts beweisen; denn in allen die-
sen Stellen aus den LXX, dem Josephus und dem N. T.
bezieht sich οἰκουμένη, in dem übertreibenden Sinne der
Schriftsteller, auf die ganze bekannte Erde. Man muſs
also hier schon einen Verstoſs erkennen, indem unser Evan-
gelist oder sein Gewährsmann ein, für seinen auf die Eine
Provinz beschränkten Gesichtskreis wichtiges Ereigniſs so-
gleich als ein alle Welt betreffendes nahm, und deſswe-
gen überdieſs die Schatzung, welche nur für Judäa die
erste war, als die πρώτη für die ganze römische Welt be-
zeichnete. — Dieser Anstoſs findet sich bei Justin vermie-
1) a. a. O. S. 128.
2) Olshausen a. d. a. St.; Paulus, S. 172.; Kuinöl, Comm. in
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/223>, abgerufen am 28.11.2024.
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