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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Erster Abschnitt.
namentlich die dem Polytheismus angehörige Idee von Göt-
tersöhnen auf ihre strengmonotheistischen Messiasbegriffe
nicht wohl einen Einfluss habe ausüben können. Aller-
dings darf man hier nicht zu schnell aus dem Ausdruck:
Sohn Gottes, der sich auch bei ihnen findet, argumenti-
ren, welcher, wo er im A. T. von Obrigkeiten (Ps. 82, 6.)
oder theokratischen Königen (2. Sam. 7, 14. Ps. 2, 7.)
gebraucht wird, eben nur dieses theokratische, kein phy-
sisches oder metaphysisches Verhältniss anzeigt; noch we-
niger darf man darauf Gewicht legen, dass bei Josephus
ein Römer schöne jüdische Fürstenkinder schmeichelnd
Götterkinder nennt 7). Doch aber hatten, wie oben be-
merkt 8), die Juden die Vorstellung, dass bei Erzeugung
der Frommen der heilige Geist mitwirke, ferner, dass die
auserwähltesten Rüstzeuge Gottes durch göttlichen Beistand
von solchen Eltern erzeugt werden, welche nach dem na-
türlichen Lauf der Dinge kein Kind mehr bekommen ha-
ben würden, -- und wenn bei diesen schon die göttliche
Wirksamkeit das Meiste that: so war der Schritt leicht,
dass sie bei Erzeugung des höchsten jener Rüstzeuge, des
Messias, Alles thun werde; dieses verhält sich zu jenem
nur wie ein höherer Grad des Wunderbaren 9). Dass es
zu dieser Steigerung vollends kommen musste, dazu lag
die Veranlassung zum Theil in dem, einmal für den Mes-
sias solenn gewordenen Titel: uios theou 10). Denn es ist
die Natur solcher zunächst bildlichen Ausdrücke, dass sie
mit der Zeit immer mehr eigentlich und im strengen Sinne

7) Antiq. 15, 2, 6.
8) §. 24.
9) Dieses Verhältniss der vaterlosen Erzeugung Jesu zu der der
Maria von bejahrten Eltern drückt das evang. de nativ. Ma-
riae c. 3. so aus: sicut ipsa (Maria) mirabiliter ex ste-
rili nascetur, ita incomparabiliter virgo generabit altis-
simi filium.
10) Vgl. Eichhorn, Einl. in das N. T. a. a. O.

Erster Abschnitt.
namentlich die dem Polytheismus angehörige Idee von Göt-
tersöhnen auf ihre strengmonotheistischen Messiasbegriffe
nicht wohl einen Einfluſs habe ausüben können. Aller-
dings darf man hier nicht zu schnell aus dem Ausdruck:
Sohn Gottes, der sich auch bei ihnen findet, argumenti-
ren, welcher, wo er im A. T. von Obrigkeiten (Ps. 82, 6.)
oder theokratischen Königen (2. Sam. 7, 14. Ps. 2, 7.)
gebraucht wird, eben nur dieses theokratische, kein phy-
sisches oder metaphysisches Verhältniſs anzeigt; noch we-
niger darf man darauf Gewicht legen, daſs bei Josephus
ein Römer schöne jüdische Fürstenkinder schmeichelnd
Götterkinder nennt 7). Doch aber hatten, wie oben be-
merkt 8), die Juden die Vorstellung, daſs bei Erzeugung
der Frommen der heilige Geist mitwirke, ferner, daſs die
auserwähltesten Rüstzeuge Gottes durch göttlichen Beistand
von solchen Eltern erzeugt werden, welche nach dem na-
türlichen Lauf der Dinge kein Kind mehr bekommen ha-
ben würden, — und wenn bei diesen schon die göttliche
Wirksamkeit das Meiste that: so war der Schritt leicht,
daſs sie bei Erzeugung des höchsten jener Rüstzeuge, des
Messias, Alles thun werde; dieses verhält sich zu jenem
nur wie ein höherer Grad des Wunderbaren 9). Daſs es
zu dieser Steigerung vollends kommen muſste, dazu lag
die Veranlassung zum Theil in dem, einmal für den Mes-
sias solenn gewordenen Titel: ὑιὸς ϑεοῦ 10). Denn es ist
die Natur solcher zunächst bildlichen Ausdrücke, daſs sie
mit der Zeit immer mehr eigentlich und im strengen Sinne

7) Antiq. 15, 2, 6.
8) §. 24.
9) Dieses Verhältniss der vaterlosen Erzeugung Jesu zu der der
Maria von bejahrten Eltern drückt das evang. de nativ. Ma-
riae c. 3. so aus: sicut ipsa (Maria) mirabiliter ex ste-
rili nascetur, ita incomparabiliter virgo generabit altis-
simi filium.
10) Vgl. Eichhorn, Einl. in das N. T. a. a. O.
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[176/0200] Erster Abschnitt. namentlich die dem Polytheismus angehörige Idee von Göt- tersöhnen auf ihre strengmonotheistischen Messiasbegriffe nicht wohl einen Einfluſs habe ausüben können. Aller- dings darf man hier nicht zu schnell aus dem Ausdruck: Sohn Gottes, der sich auch bei ihnen findet, argumenti- ren, welcher, wo er im A. T. von Obrigkeiten (Ps. 82, 6.) oder theokratischen Königen (2. Sam. 7, 14. Ps. 2, 7.) gebraucht wird, eben nur dieses theokratische, kein phy- sisches oder metaphysisches Verhältniſs anzeigt; noch we- niger darf man darauf Gewicht legen, daſs bei Josephus ein Römer schöne jüdische Fürstenkinder schmeichelnd Götterkinder nennt 7). Doch aber hatten, wie oben be- merkt 8), die Juden die Vorstellung, daſs bei Erzeugung der Frommen der heilige Geist mitwirke, ferner, daſs die auserwähltesten Rüstzeuge Gottes durch göttlichen Beistand von solchen Eltern erzeugt werden, welche nach dem na- türlichen Lauf der Dinge kein Kind mehr bekommen ha- ben würden, — und wenn bei diesen schon die göttliche Wirksamkeit das Meiste that: so war der Schritt leicht, daſs sie bei Erzeugung des höchsten jener Rüstzeuge, des Messias, Alles thun werde; dieses verhält sich zu jenem nur wie ein höherer Grad des Wunderbaren 9). Daſs es zu dieser Steigerung vollends kommen muſste, dazu lag die Veranlassung zum Theil in dem, einmal für den Mes- sias solenn gewordenen Titel: ὑιὸς ϑεοῦ 10). Denn es ist die Natur solcher zunächst bildlichen Ausdrücke, daſs sie mit der Zeit immer mehr eigentlich und im strengen Sinne 7) Antiq. 15, 2, 6. 8) §. 24. 9) Dieses Verhältniss der vaterlosen Erzeugung Jesu zu der der Maria von bejahrten Eltern drückt das evang. de nativ. Ma- riae c. 3. so aus: sicut ipsa (Maria) mirabiliter ex ste- rili nascetur, ita incomparabiliter virgo generabit altis- simi filium. 10) Vgl. Eichhorn, Einl. in das N. T. a. a. O.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/200>, abgerufen am 25.11.2024.