Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Erster Abschnitt. voraussezlich zweiten Engels mit denen des ersten, ohnedass doch in jenen auf diese Rücksicht genommen würde, dass diese früheren dabei nicht vorausgesezt werden, und überhaupt fällt die natürliche Erklärung dadurch weg, dass die Berichte sich als mythische gezeigt haben. Eben diess Leztere gilt auch von der Art, wie Paulus versteckt, der Verf. der natürlichen Geschichte aber offen, den zu Maria eingetretenen Engel (bei Lukas) für einen Menschen er- klären, wovon im folgenden §. noch wird die Rede sein müssen. Nach allem Bisherigen können wir über den Ursprung 11) Das nach Matthäus dem Joseph zu Hebung seiner Zweifel und
Besorgnisse zu Theil gewordene Traumgesicht hat gewisser- massen ein Vorbild an demjenigen, welches nach jüdischer Tradition, wie sie sich schon bei Josephus findet, dem Va- ter des Moses in ähnlicher Lage, als er wegen der Schwan- gerschaft seiner Frau in Sorgen war (nur war der Anlass seiner Unruhe nicht ein Verdacht gegen seine Frau, sondern die Gefahr des Kindes wegen des ergangenen Mordbefehls) zu Theil geworden sein soll. Joseph. Antiq. 2, 9, 3. Amarames, ton eu gegonoton para tois Ebraiois, de- dios uper tou pantos ethnous, me spanei tes epitrapheso- Erster Abschnitt. voraussezlich zweiten Engels mit denen des ersten, ohnedaſs doch in jenen auf diese Rücksicht genommen würde, daſs diese früheren dabei nicht vorausgesezt werden, und überhaupt fällt die natürliche Erklärung dadurch weg, daſs die Berichte sich als mythische gezeigt haben. Eben dieſs Leztere gilt auch von der Art, wie Paulus versteckt, der Verf. der natürlichen Geschichte aber offen, den zu Maria eingetretenen Engel (bei Lukas) für einen Menschen er- klären, wovon im folgenden §. noch wird die Rede sein müssen. Nach allem Bisherigen können wir über den Ursprung 11) Das nach Matthäus dem Joseph zu Hebung seiner Zweifel und
Besorgnisse zu Theil gewordene Traumgesicht hat gewisser- massen ein Vorbild an demjenigen, welches nach jüdischer Tradition, wie sie sich schon bei Josephus findet, dem Va- ter des Moses in ähnlicher Lage, als er wegen der Schwan- gerschaft seiner Frau in Sorgen war (nur war der Anlass seiner Unruhe nicht ein Verdacht gegen seine Frau, sondern die Gefahr des Kindes wegen des ergangenen Mordbefehls) zu Theil geworden sein soll. Joseph. Antiq. 2, 9, 3. Ἀμαράμης, τῶν εὖ γεγονότων παρὰ τοῖς Ἑβραίοις, δε- διὼς ὑπὲρ τοῦ παντὸς ἕϑνους, μὴ σπάνει τῆς ἐπιτραφησο- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0166" n="142"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erster Abschnitt</hi>.</fw><lb/> voraussezlich zweiten Engels mit denen des ersten, ohne<lb/> daſs doch in jenen auf diese Rücksicht genommen würde,<lb/> daſs diese früheren dabei nicht vorausgesezt werden, und<lb/> überhaupt fällt die natürliche Erklärung dadurch weg, daſs<lb/> die Berichte sich als mythische gezeigt haben. Eben dieſs<lb/> Leztere gilt auch von der Art, wie <hi rendition="#k">Paulus</hi> versteckt, der<lb/> Verf. der natürlichen Geschichte aber offen, den zu Maria<lb/> eingetretenen Engel (bei Lukas) für einen Menschen er-<lb/> klären, wovon im folgenden §. noch wird die Rede sein<lb/> müssen.</p><lb/> <p>Nach allem Bisherigen können wir über den Ursprung<lb/> der beiden Erzählungen von erschienenen Engeln nur fol-<lb/> gendermaſsen urtheilen. Daſs Jesus durch göttliche Thätig-<lb/> keit in Maria erzeugt sei, dieſs durfte nicht blos durch<lb/> schwankende Vermuthung gefunden, es muſste klar und<lb/> zuverläſsig ausgesprochen werden, und dazu bedurfte man<lb/> eines himmlischen Boten, welchen ohnehin, wie für die<lb/> Geburt eines Simson und Johannes, so noch mehr für die<lb/> Geburt des Messias das theokratische Decorum zu erfor-<lb/> dern schien. Daſs den Engel die eine Erzählung schon<lb/> vorläufig der Maria, die andre erst nachträglich dem Jo-<lb/> seph erscheinen läſst, ist als Variation der Sage oder der<lb/> Bearbeitung in der Art zu betrachten, daſs die Erzählung<lb/> des Matthäus <note xml:id="seg2pn_8_1" next="#seg2pn_8_2" place="foot" n="11)">Das nach Matthäus dem Joseph zu Hebung seiner Zweifel und<lb/> Besorgnisse zu Theil gewordene Traumgesicht hat gewisser-<lb/> massen ein Vorbild an demjenigen, welches nach jüdischer<lb/> Tradition, wie sie sich schon bei Josephus findet, dem Va-<lb/> ter des Moses in ähnlicher Lage, als er wegen der Schwan-<lb/> gerschaft seiner Frau in Sorgen war (nur war der Anlass<lb/> seiner Unruhe nicht ein Verdacht gegen seine Frau, sondern<lb/> die Gefahr des Kindes wegen des ergangenen Mordbefehls)<lb/> zu Theil geworden sein soll. Joseph. Antiq. 2, 9, 3.<lb/><foreign xml:lang="ell">Ἀμαράμης, τῶν εὖ γεγονότων παρὰ τοῖς Ἑβραίοις, δε-<lb/> διὼς ὑπὲρ τοῦ παντὸς ἕϑνους, μὴ σπάνει τῆς ἐπιτραφησο-</foreign></note> einfacher und in noch roherem Styl ge-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0166]
Erster Abschnitt.
voraussezlich zweiten Engels mit denen des ersten, ohne
daſs doch in jenen auf diese Rücksicht genommen würde,
daſs diese früheren dabei nicht vorausgesezt werden, und
überhaupt fällt die natürliche Erklärung dadurch weg, daſs
die Berichte sich als mythische gezeigt haben. Eben dieſs
Leztere gilt auch von der Art, wie Paulus versteckt, der
Verf. der natürlichen Geschichte aber offen, den zu Maria
eingetretenen Engel (bei Lukas) für einen Menschen er-
klären, wovon im folgenden §. noch wird die Rede sein
müssen.
Nach allem Bisherigen können wir über den Ursprung
der beiden Erzählungen von erschienenen Engeln nur fol-
gendermaſsen urtheilen. Daſs Jesus durch göttliche Thätig-
keit in Maria erzeugt sei, dieſs durfte nicht blos durch
schwankende Vermuthung gefunden, es muſste klar und
zuverläſsig ausgesprochen werden, und dazu bedurfte man
eines himmlischen Boten, welchen ohnehin, wie für die
Geburt eines Simson und Johannes, so noch mehr für die
Geburt des Messias das theokratische Decorum zu erfor-
dern schien. Daſs den Engel die eine Erzählung schon
vorläufig der Maria, die andre erst nachträglich dem Jo-
seph erscheinen läſst, ist als Variation der Sage oder der
Bearbeitung in der Art zu betrachten, daſs die Erzählung
des Matthäus 11) einfacher und in noch roherem Styl ge-
11) Das nach Matthäus dem Joseph zu Hebung seiner Zweifel und
Besorgnisse zu Theil gewordene Traumgesicht hat gewisser-
massen ein Vorbild an demjenigen, welches nach jüdischer
Tradition, wie sie sich schon bei Josephus findet, dem Va-
ter des Moses in ähnlicher Lage, als er wegen der Schwan-
gerschaft seiner Frau in Sorgen war (nur war der Anlass
seiner Unruhe nicht ein Verdacht gegen seine Frau, sondern
die Gefahr des Kindes wegen des ergangenen Mordbefehls)
zu Theil geworden sein soll. Joseph. Antiq. 2, 9, 3.
Ἀμαράμης, τῶν εὖ γεγονότων παρὰ τοῖς Ἑβραίοις, δε-
διὼς ὑπὲρ τοῦ παντὸς ἕϑνους, μὴ σπάνει τῆς ἐπιτραφησο-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |