hinauslag, deren Fenster aber jetzt mit dunklen Wollteppichen verhangen waren. In einem Bücher- regal sah ich eine kleine Bibliothek, daneben die Porträte zweier alter Professoren; vor einem Tische stand ein großer Ohrenlehnstuhl. "Machen Sie sich's bequem!" sagte mein freundlicher Wirth und warf einige Torf in den noch glimmenden kleinen Ofen, der oben von einem Blechkessel gekrönt war. "Nur noch ein Weilchen! Er wird bald sausen; dann brau' ich uns ein Gläschen Grog; das hält Sie munter!"
"Dessen bedarf es nicht," sagte ich; "ich werd' nicht schläfrig, wenn ich Ihren Hauke auf seinem Lebensweg begleite!"
-- "Meinen Sie?" und er nickte mit seinen klugen Augen zu mir herüber, nachdem ich behaglich in seinem Lehnstuhl untergebracht war. "Nun, wo blieben wir denn? -- -- Ja, ja; ich weiß schon! Also:
Hauke hatte sein väterliches Erbe angetreten, und da die alte Antje Wohlers auch ihrem Leiden erlegen war, so hatte deren Fenne es vermehrt. Aber seit dem Tode, oder, richtiger, seit den letzten Worten seines Vaters war in ihm Etwas
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hinauslag, deren Fenſter aber jetzt mit dunklen Wollteppichen verhangen waren. In einem Bücher- regal ſah ich eine kleine Bibliothek, daneben die Porträte zweier alter Profeſſoren; vor einem Tiſche ſtand ein großer Ohrenlehnſtuhl. „Machen Sie ſich's bequem!” ſagte mein freundlicher Wirth und warf einige Torf in den noch glimmenden kleinen Ofen, der oben von einem Blechkeſſel gekrönt war. „Nur noch ein Weilchen! Er wird bald ſauſen; dann brau' ich uns ein Gläschen Grog; das hält Sie munter!”
„Deſſen bedarf es nicht,” ſagte ich; „ich werd' nicht ſchläfrig, wenn ich Ihren Hauke auf ſeinem Lebensweg begleite!”
— „Meinen Sie?” und er nickte mit ſeinen klugen Augen zu mir herüber, nachdem ich behaglich in ſeinem Lehnſtuhl untergebracht war. „Nun, wo blieben wir denn? — — Ja, ja; ich weiß ſchon! Alſo:
Hauke hatte ſein väterliches Erbe angetreten, und da die alte Antje Wohlers auch ihrem Leiden erlegen war, ſo hatte deren Fenne es vermehrt. Aber ſeit dem Tode, oder, richtiger, ſeit den letzten Worten ſeines Vaters war in ihm Etwas
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[83/0095]
hinauslag, deren Fenſter aber jetzt mit dunklen
Wollteppichen verhangen waren. In einem Bücher-
regal ſah ich eine kleine Bibliothek, daneben die
Porträte zweier alter Profeſſoren; vor einem Tiſche
ſtand ein großer Ohrenlehnſtuhl. „Machen Sie
ſich's bequem!” ſagte mein freundlicher Wirth und
warf einige Torf in den noch glimmenden kleinen
Ofen, der oben von einem Blechkeſſel gekrönt war.
„Nur noch ein Weilchen! Er wird bald ſauſen;
dann brau' ich uns ein Gläschen Grog; das hält
Sie munter!”
„Deſſen bedarf es nicht,” ſagte ich; „ich
werd' nicht ſchläfrig, wenn ich Ihren Hauke auf
ſeinem Lebensweg begleite!”
— „Meinen Sie?” und er nickte mit ſeinen
klugen Augen zu mir herüber, nachdem ich behaglich
in ſeinem Lehnſtuhl untergebracht war. „Nun, wo
blieben wir denn? — — Ja, ja; ich weiß
ſchon! Alſo:
Hauke hatte ſein väterliches Erbe angetreten,
und da die alte Antje Wohlers auch ihrem Leiden
erlegen war, ſo hatte deren Fenne es vermehrt.
Aber ſeit dem Tode, oder, richtiger, ſeit den
letzten Worten ſeines Vaters war in ihm Etwas
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]
Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin), April/Mai 1888. Erste Buchausgabe Berlin: Paetel 1888, diese wurde für das DTA zur Digitalisierung herangezogen.
Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/95>, abgerufen am 16.02.2025.
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