die Reißfeder in der Hand, das Reißbrett mit einer halben Zeichnung lag vor ihm auf dem Tisch; -- und da er erwacht war und mühsam ein Viertelstündchen mit mir geplaudert hatte, und ich nun gehen wollte, da hielt er mich so angst- voll an der Hand zurück, als fürchte er, es sei zum letzten Mal; aber ..."
"Was aber, Elke?" frug Hauke, da sie fort- zufahren zögerte.
Ein paar Thränen rannen über die Wangen des Mädchens. "Ich dachte nur an meinen Vater," sagte sie; "glaub' mir, es wird ihn schwer an- kommen, Dich zu missen." Und als ob sie zu dem Worte sich ermannen müsse, fügte sie hinzu: "Mir ist es oft, als ob auch er auf seine Todtenkammer rüste."
Hauke antwortete nicht; ihm war es plötzlich, als rühre sich der Ring in seiner Tasche; aber noch bevor er seinen Unmuth über diese un- willkürliche Lebensregung unterdrückt hatte, fuhr Elke fort: "Nein, zürn' nicht, Hauke! Ich trau', Du wirst auch so uns nicht verlassen!"
Da ergriff er eifrig ihre Hand, und sie ent- zog sie ihm nicht. Noch eine Weile standen die
die Reißfeder in der Hand, das Reißbrett mit einer halben Zeichnung lag vor ihm auf dem Tiſch; — und da er erwacht war und mühſam ein Viertelſtündchen mit mir geplaudert hatte, und ich nun gehen wollte, da hielt er mich ſo angſt- voll an der Hand zurück, als fürchte er, es ſei zum letzten Mal; aber ...”
„Was aber, Elke?” frug Hauke, da ſie fort- zufahren zögerte.
Ein paar Thränen rannen über die Wangen des Mädchens. „Ich dachte nur an meinen Vater,” ſagte ſie; „glaub' mir, es wird ihn ſchwer an- kommen, Dich zu miſſen.” Und als ob ſie zu dem Worte ſich ermannen müſſe, fügte ſie hinzu: „Mir iſt es oft, als ob auch er auf ſeine Todtenkammer rüſte.”
Hauke antwortete nicht; ihm war es plötzlich, als rühre ſich der Ring in ſeiner Taſche; aber noch bevor er ſeinen Unmuth über dieſe un- willkürliche Lebensregung unterdrückt hatte, fuhr Elke fort: „Nein, zürn' nicht, Hauke! Ich trau', Du wirſt auch ſo uns nicht verlaſſen!”
Da ergriff er eifrig ihre Hand, und ſie ent- zog ſie ihm nicht. Noch eine Weile ſtanden die
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die Reißfeder in der Hand, das Reißbrett mit
einer halben Zeichnung lag vor ihm auf dem
Tiſch; — und da er erwacht war und mühſam
ein Viertelſtündchen mit mir geplaudert hatte, und
ich nun gehen wollte, da hielt er mich ſo angſt-
voll an der Hand zurück, als fürchte er, es ſei
zum letzten Mal; aber ...”
„Was aber, Elke?” frug Hauke, da ſie fort-
zufahren zögerte.
Ein paar Thränen rannen über die Wangen
des Mädchens. „Ich dachte nur an meinen Vater,”
ſagte ſie; „glaub' mir, es wird ihn ſchwer an-
kommen, Dich zu miſſen.” Und als ob ſie zu dem
Worte ſich ermannen müſſe, fügte ſie hinzu: „Mir
iſt es oft, als ob auch er auf ſeine Todtenkammer
rüſte.”
Hauke antwortete nicht; ihm war es plötzlich,
als rühre ſich der Ring in ſeiner Taſche; aber
noch bevor er ſeinen Unmuth über dieſe un-
willkürliche Lebensregung unterdrückt hatte, fuhr
Elke fort: „Nein, zürn' nicht, Hauke! Ich trau',
Du wirſt auch ſo uns nicht verlaſſen!”
Da ergriff er eifrig ihre Hand, und ſie ent-
zog ſie ihm nicht. Noch eine Weile ſtanden die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]
Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin), April/Mai 1888. Erste Buchausgabe Berlin: Paetel 1888, diese wurde für das DTA zur Digitalisierung herangezogen.
Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/87>, abgerufen am 16.02.2025.
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