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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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jeder Seite waren neun Werfer aufgestellt; auch
der Obmann und die Kret'ler waren gewählt. Zu
letzteren, die bei Streitfällen über einen zweifel-
haften Wurf mit einander zu verhandeln hatten,
wurden allezeit Leute genommen, die ihre Sache
ins beste Licht zu rücken verstanden, am liebsten
Burschen, die außer gesundem Menschenverstand
auch noch ein lustig Mundwerk hatten. Dazu ge-
hörte vor allen Ole Peters, der Großknecht des
Deichgrafen. "Werft nur wie die Teufel," sagte
er; "das Schwatzen thu ich schon umsonst!"

Es war gegen Abend vor dem Festtag; in der
Nebenstube des Kirchspielkruges droben auf der Geest
war eine Anzahl von den Werfern erschienen, um über
die Aufnahme einiger zuletzt noch Angemeldeten zu
beschließen. Hauke Haien war auch unter diesen; er
hatte erst nicht wollen, obschon er seiner wurfgeübten
Arme sich wohl bewußt war; aber er fürchtete durch
Ole Peters, der einen Ehrenposten in dem Spiel
bekleidete, zurückgewiesen zu werden; die Niederlage
wollte er sich sparen. Aber Elke hatte ihm noch
in der elften Stunde den Sinn gewandt: "Er
wird's nicht wagen, Hauke," hatte sie gesagt; "er
ist ein Tagelöhnersohn; Dein Vater hat Kuh

jeder Seite waren neun Werfer aufgeſtellt; auch
der Obmann und die Kret'ler waren gewählt. Zu
letzteren, die bei Streitfällen über einen zweifel-
haften Wurf mit einander zu verhandeln hatten,
wurden allezeit Leute genommen, die ihre Sache
ins beſte Licht zu rücken verſtanden, am liebſten
Burſchen, die außer geſundem Menſchenverſtand
auch noch ein luſtig Mundwerk hatten. Dazu ge-
hörte vor allen Ole Peters, der Großknecht des
Deichgrafen. „Werft nur wie die Teufel,” ſagte
er; „das Schwatzen thu ich ſchon umſonſt!”

Es war gegen Abend vor dem Feſttag; in der
Nebenſtube des Kirchſpielkruges droben auf der Geeſt
war eine Anzahl von den Werfern erſchienen, um über
die Aufnahme einiger zuletzt noch Angemeldeten zu
beſchließen. Hauke Haien war auch unter dieſen; er
hatte erſt nicht wollen, obſchon er ſeiner wurfgeübten
Arme ſich wohl bewußt war; aber er fürchtete durch
Ole Peters, der einen Ehrenpoſten in dem Spiel
bekleidete, zurückgewieſen zu werden; die Niederlage
wollte er ſich ſparen. Aber Elke hatte ihm noch
in der elften Stunde den Sinn gewandt: „Er
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[54/0066] jeder Seite waren neun Werfer aufgeſtellt; auch der Obmann und die Kret'ler waren gewählt. Zu letzteren, die bei Streitfällen über einen zweifel- haften Wurf mit einander zu verhandeln hatten, wurden allezeit Leute genommen, die ihre Sache ins beſte Licht zu rücken verſtanden, am liebſten Burſchen, die außer geſundem Menſchenverſtand auch noch ein luſtig Mundwerk hatten. Dazu ge- hörte vor allen Ole Peters, der Großknecht des Deichgrafen. „Werft nur wie die Teufel,” ſagte er; „das Schwatzen thu ich ſchon umſonſt!” Es war gegen Abend vor dem Feſttag; in der Nebenſtube des Kirchſpielkruges droben auf der Geeſt war eine Anzahl von den Werfern erſchienen, um über die Aufnahme einiger zuletzt noch Angemeldeten zu beſchließen. Hauke Haien war auch unter dieſen; er hatte erſt nicht wollen, obſchon er ſeiner wurfgeübten Arme ſich wohl bewußt war; aber er fürchtete durch Ole Peters, der einen Ehrenpoſten in dem Spiel bekleidete, zurückgewieſen zu werden; die Niederlage wollte er ſich ſparen. Aber Elke hatte ihm noch in der elften Stunde den Sinn gewandt: „Er wird's nicht wagen, Hauke,” hatte ſie geſagt; „er iſt ein Tagelöhnerſohn; Dein Vater hat Kuh

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/66>, abgerufen am 22.11.2024.