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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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mich an mit seinen grünen Augen! Und kroch ich,
wenn's mir kalt wurde, in mein Bett -- es
dauerte nicht lang, so sprang er zu mir und legte
sich auf meine frierenden Beine, und wir schliefen
so warm mitsammen, als hätte ich noch meinen
jungen Schatz im Bett!" Die Alte, als suche sie
bei dieser Erinnerung nach Zustimmung, sah den
neben ihr am Tische stehenden Alten mit ihren
funkelnden Augen an.

Tede Haien aber sagte bedächtig: "Ich weiß
Ihr einen Rath, Trien' Jans," und er ging nach
seiner Schatulle und nahm eine Silbermünze aus
der Schublade -- "Sie sagt, daß Hauke Ihr das
Thier vom Leben gebracht hat, und ich weiß, Sie
lügt nicht; aber hier ist ein Kronthaler von Christian
dem Vierten; damit kauf' Sie sich ein gegerbtes
Lammfell für Ihre kalten Beine! Und wenn unsere
Katze nächstens Junge wirft, so mag Sie sich das
größte davon aussuchen; das zusammen thut wohl
einen altersschwachen Angorakater! Und nun nehm'
Sie das Vieh und bring' Sie es meinethalb an
den Racker in der Stadt, und halt' Sie das
Maul, daß es hier auf meinem ehrlichen Tisch
gelegen hat!"

mich an mit ſeinen grünen Augen! Und kroch ich,
wenn's mir kalt wurde, in mein Bett — es
dauerte nicht lang, ſo ſprang er zu mir und legte
ſich auf meine frierenden Beine, und wir ſchliefen
ſo warm mitſammen, als hätte ich noch meinen
jungen Schatz im Bett!” Die Alte, als ſuche ſie
bei dieſer Erinnerung nach Zuſtimmung, ſah den
neben ihr am Tiſche ſtehenden Alten mit ihren
funkelnden Augen an.

Tede Haien aber ſagte bedächtig: „Ich weiß
Ihr einen Rath, Trien' Jans,” und er ging nach
ſeiner Schatulle und nahm eine Silbermünze aus
der Schublade — „Sie ſagt, daß Hauke Ihr das
Thier vom Leben gebracht hat, und ich weiß, Sie
lügt nicht; aber hier iſt ein Kronthaler von Chriſtian
dem Vierten; damit kauf' Sie ſich ein gegerbtes
Lammfell für Ihre kalten Beine! Und wenn unſere
Katze nächſtens Junge wirft, ſo mag Sie ſich das
größte davon ausſuchen; das zuſammen thut wohl
einen altersſchwachen Angorakater! Und nun nehm'
Sie das Vieh und bring' Sie es meinethalb an
den Racker in der Stadt, und halt' Sie das
Maul, daß es hier auf meinem ehrlichen Tiſch
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[30/0042] mich an mit ſeinen grünen Augen! Und kroch ich, wenn's mir kalt wurde, in mein Bett — es dauerte nicht lang, ſo ſprang er zu mir und legte ſich auf meine frierenden Beine, und wir ſchliefen ſo warm mitſammen, als hätte ich noch meinen jungen Schatz im Bett!” Die Alte, als ſuche ſie bei dieſer Erinnerung nach Zuſtimmung, ſah den neben ihr am Tiſche ſtehenden Alten mit ihren funkelnden Augen an. Tede Haien aber ſagte bedächtig: „Ich weiß Ihr einen Rath, Trien' Jans,” und er ging nach ſeiner Schatulle und nahm eine Silbermünze aus der Schublade — „Sie ſagt, daß Hauke Ihr das Thier vom Leben gebracht hat, und ich weiß, Sie lügt nicht; aber hier iſt ein Kronthaler von Chriſtian dem Vierten; damit kauf' Sie ſich ein gegerbtes Lammfell für Ihre kalten Beine! Und wenn unſere Katze nächſtens Junge wirft, ſo mag Sie ſich das größte davon ausſuchen; das zuſammen thut wohl einen altersſchwachen Angorakater! Und nun nehm' Sie das Vieh und bring' Sie es meinethalb an den Racker in der Stadt, und halt' Sie das Maul, daß es hier auf meinem ehrlichen Tiſch gelegen hat!”

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/42>, abgerufen am 28.03.2024.