Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.Haienkoog müßte preisgegeben und der neue Deich Schon sah er im Geist die stürzende Hochfluth Den Kopf voll von innerem Schreckniß und Seine Frau sah ihn sorgvoll an: "Was "Deichgeschichten!" murmelte er vor sich hin, Sie ging ihm nach und drückte ihm die Hand, Haienkoog müßte preisgegeben und der neue Deich Schon ſah er im Geiſt die ſtürzende Hochfluth Den Kopf voll von innerem Schreckniß und Seine Frau ſah ihn ſorgvoll an: „Was „Deichgeſchichten!” murmelte er vor ſich hin, Sie ging ihm nach und drückte ihm die Hand, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0201" n="189"/> Haienkoog müßte preisgegeben und der neue Deich<lb/> durchſtochen werden!</p><lb/> <p>Schon ſah er im Geiſt die ſtürzende Hochfluth<lb/> hereinbrechen und Gras und Klee mit ihrem ſalzen<lb/> ſchäumenden Giſcht bedecken. Ein Sporenſtich fuhr<lb/> in die Weichen des Schimmels, und einen Schrei<lb/> ausſtoßend flog er auf dem Deich entlang und<lb/> dann den Akt hinab, der deichgräflichen Werfte zu.</p><lb/> <p>Den Kopf voll von innerem Schreckniß und<lb/> ungeordneten Plänen kam er nach Hauſe. Er<lb/> warf ſich in ſeinen Lehnſtuhl, und als Elke mit<lb/> der Tochter in das Zimmer trat, ſtand er wieder<lb/> auf und hob das Kind zu ſich empor und küßte<lb/> es; dann jagte er das gelbe Hündlein mit ein<lb/> paar leichten Schlägen von ſich. „Ich muß noch<lb/> einmal droben nach dem Krug!” ſagte er, und<lb/> nahm ſeine Mütze vom Thürhaken, wohin er ſie<lb/> eben erſt gehängt hatte.</p><lb/> <p>Seine Frau ſah ihn ſorgvoll an: „Was<lb/> willſt Du dort? Es wird ſchon Abend, Hauke!”</p><lb/> <p>„Deichgeſchichten!” murmelte er vor ſich hin,<lb/> „ich treffe von den Gevollmächtigten dort.”</p><lb/> <p>Sie ging ihm nach und drückte ihm die Hand,<lb/> denn er war mit dieſen Worten ſchon zur Thür<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [189/0201]
Haienkoog müßte preisgegeben und der neue Deich
durchſtochen werden!
Schon ſah er im Geiſt die ſtürzende Hochfluth
hereinbrechen und Gras und Klee mit ihrem ſalzen
ſchäumenden Giſcht bedecken. Ein Sporenſtich fuhr
in die Weichen des Schimmels, und einen Schrei
ausſtoßend flog er auf dem Deich entlang und
dann den Akt hinab, der deichgräflichen Werfte zu.
Den Kopf voll von innerem Schreckniß und
ungeordneten Plänen kam er nach Hauſe. Er
warf ſich in ſeinen Lehnſtuhl, und als Elke mit
der Tochter in das Zimmer trat, ſtand er wieder
auf und hob das Kind zu ſich empor und küßte
es; dann jagte er das gelbe Hündlein mit ein
paar leichten Schlägen von ſich. „Ich muß noch
einmal droben nach dem Krug!” ſagte er, und
nahm ſeine Mütze vom Thürhaken, wohin er ſie
eben erſt gehängt hatte.
Seine Frau ſah ihn ſorgvoll an: „Was
willſt Du dort? Es wird ſchon Abend, Hauke!”
„Deichgeſchichten!” murmelte er vor ſich hin,
„ich treffe von den Gevollmächtigten dort.”
Sie ging ihm nach und drückte ihm die Hand,
denn er war mit dieſen Worten ſchon zur Thür
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/201>, abgerufen am 16.02.2025. |