Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.Das Kind sah ins Weite: "Hat es Beine?" -- "Nein, Wienke; dafür paßt Dein Vater "Ja," sagte das Kind und klatschte mit Und Elke öffnete die Thür und ließ das Kind Er reichte ihr die Hand und drückte sie, als "Ich wußte es längst," sagte Hauke und Das Kind ſah ins Weite: „Hat es Beine?” — „Nein, Wienke; dafür paßt Dein Vater „Ja,” ſagte das Kind und klatſchte mit Und Elke öffnete die Thür und ließ das Kind Er reichte ihr die Hand und drückte ſie, als „Ich wußte es längſt,” ſagte Hauke und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0190" n="178"/> <p>Das Kind ſah ins Weite: „Hat es Beine?”<lb/> frug es wieder; „kann es über den Deich kommen?”</p><lb/> <p>— „Nein, Wienke; dafür paßt Dein Vater<lb/> auf, er iſt der Deichgraf.”</p><lb/> <p>„Ja,” ſagte das Kind und klatſchte mit<lb/> blödem Lächeln in ſeine Händchen; „Vater kann<lb/> Alles — Alles!” Dann plötzlich, ſich von der<lb/> Mutter abwendend, rief ſie: „Laß Wienke zu<lb/> Trien' Jans, die hat rothe Aepfel!”</p><lb/> <p>Und Elke öffnete die Thür und ließ das Kind<lb/> hinaus. Als ſie dieſelbe wieder geſchloſſen hatte,<lb/> ſchlug ſie mit einem Ausdruck des tiefſten Grams<lb/> die Augen zu ihrem Manne auf, aus denen ihm<lb/> ſonſt nur Troſt und Muth zu Hülfe gekommen war.</p><lb/> <p>Er reichte ihr die Hand und drückte ſie, als<lb/> ob es zwiſchen ihnen keines weiteren Wortes be-<lb/> dürfe; ſie aber ſagte leis: „Nein, Hauke, laß mich<lb/> ſprechen: das Kind, das ich nach Jahren Dir ge-<lb/> boren habe, es wird für immer ein Kind bleiben.<lb/> O, lieber Gott! es iſt ſchwachſinnig; ich muß es<lb/> einmal vor Dir ſagen.”</p><lb/> <p>„Ich wußte es längſt,” ſagte Hauke und<lb/> hielt die Hand ſeines Weibes feſt, die ſie ihm<lb/> entziehen wollte.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [178/0190]
Das Kind ſah ins Weite: „Hat es Beine?”
frug es wieder; „kann es über den Deich kommen?”
— „Nein, Wienke; dafür paßt Dein Vater
auf, er iſt der Deichgraf.”
„Ja,” ſagte das Kind und klatſchte mit
blödem Lächeln in ſeine Händchen; „Vater kann
Alles — Alles!” Dann plötzlich, ſich von der
Mutter abwendend, rief ſie: „Laß Wienke zu
Trien' Jans, die hat rothe Aepfel!”
Und Elke öffnete die Thür und ließ das Kind
hinaus. Als ſie dieſelbe wieder geſchloſſen hatte,
ſchlug ſie mit einem Ausdruck des tiefſten Grams
die Augen zu ihrem Manne auf, aus denen ihm
ſonſt nur Troſt und Muth zu Hülfe gekommen war.
Er reichte ihr die Hand und drückte ſie, als
ob es zwiſchen ihnen keines weiteren Wortes be-
dürfe; ſie aber ſagte leis: „Nein, Hauke, laß mich
ſprechen: das Kind, das ich nach Jahren Dir ge-
boren habe, es wird für immer ein Kind bleiben.
O, lieber Gott! es iſt ſchwachſinnig; ich muß es
einmal vor Dir ſagen.”
„Ich wußte es längſt,” ſagte Hauke und
hielt die Hand ſeines Weibes feſt, die ſie ihm
entziehen wollte.
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