Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.warte in seinem Hause die Zeit ab. Wer war fröhlicher als ich! Ich konnt' es nicht erwarten, bis ich bei ihm war. Als ich die Thür seiner Baracke aufstieß, by Jove, da standen die beiden Tugendmenschen schon auf dem Flur; aber freilich, allzu lustig sahen sie nicht aus. Einen Augenblick noch, dann fiel Rick mir um den Hals: "Hurrah for John!" rief er; "gieb ihm die Hand, Riekchen." und mit einem wunderlichen Blick auf seine Frau: "Aber, nicht wahr, verteufelt elend sieht der Capitän doch aus?" Ich glaubte, er sei toll geworden; denn ich platzte derzeit vor Gesundheit. "Meinst Du, Rick?" sagte die Frau und nickte mir halbtraurig zu; "ja, so rothe Backen sind auch oft nicht von den besten." "So? - Meinst Du?" rief Rick ingrimmig. "Ich meine das nicht. Sieht er nicht aus wie ein Berserker?" Die Frau gab mir die Hand. "Freuen wir uns," sagte sie, "daß Sie so gesund wieder ans Land gekommen sind." Ich dankte ihr; Rick aber warf seine kurze Pfeife, die er in der Hand hielt, gegen die Wand, daß der Porzelankopf in hundert Stücken über die Fliesen flog, und ich hörte, wie er mit den Zähnen knirschte. warte in seinem Hause die Zeit ab. Wer war fröhlicher als ich! Ich konnt’ es nicht erwarten, bis ich bei ihm war. Als ich die Thür seiner Baracke aufstieß, by Jove, da standen die beiden Tugendmenschen schon auf dem Flur; aber freilich, allzu lustig sahen sie nicht aus. Einen Augenblick noch, dann fiel Rick mir um den Hals: „Hurrah for John!“ rief er; „gieb ihm die Hand, Riekchen.“ und mit einem wunderlichen Blick auf seine Frau: „Aber, nicht wahr, verteufelt elend sieht der Capitän doch aus?“ Ich glaubte, er sei toll geworden; denn ich platzte derzeit vor Gesundheit. „Meinst Du, Rick?“ sagte die Frau und nickte mir halbtraurig zu; „ja, so rothe Backen sind auch oft nicht von den besten.“ „So? – Meinst Du?“ rief Rick ingrimmig. „Ich meine das nicht. Sieht er nicht aus wie ein Berserker?“ Die Frau gab mir die Hand. „Freuen wir uns,“ sagte sie, „daß Sie so gesund wieder ans Land gekommen sind.“ Ich dankte ihr; Rick aber warf seine kurze Pfeife, die er in der Hand hielt, gegen die Wand, daß der Porzelankopf in hundert Stücken über die Fliesen flog, und ich hörte, wie er mit den Zähnen knirschte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0034" n="30"/> warte in seinem Hause die Zeit ab. Wer war fröhlicher als ich! Ich konnt’ es nicht erwarten, bis ich bei ihm war. Als ich die Thür seiner Baracke aufstieß, <hi rendition="#aq">by Jove</hi>, da standen die beiden Tugendmenschen schon auf dem Flur; aber freilich, allzu lustig sahen sie nicht aus. Einen Augenblick noch, dann fiel Rick mir um den Hals: „<hi rendition="#aq">Hurrah for John!</hi>“ rief er; „gieb ihm die Hand, Riekchen.“ und mit einem wunderlichen Blick auf seine Frau: „Aber, nicht wahr, verteufelt elend sieht der Capitän doch aus?“</p> <p>Ich glaubte, er sei toll geworden; denn ich platzte derzeit vor Gesundheit.</p> <p>„Meinst Du, Rick?“ sagte die Frau und nickte mir halbtraurig zu; „ja, so rothe Backen sind auch oft nicht von den besten.“</p> <p>„So? – Meinst Du?“ rief Rick ingrimmig. „Ich meine das nicht. Sieht er nicht aus wie ein Berserker?“</p> <p>Die Frau gab mir die Hand. „Freuen wir uns,“ sagte sie, „daß Sie so gesund wieder ans Land gekommen sind.“</p> <p>Ich dankte ihr; Rick aber warf seine kurze Pfeife, die er in der Hand hielt, gegen die Wand, daß der Porzelankopf in hundert Stücken über die Fliesen flog, und ich hörte, wie er mit den Zähnen knirschte.</p> </div> </body> </text> </TEI> [30/0034]
warte in seinem Hause die Zeit ab. Wer war fröhlicher als ich! Ich konnt’ es nicht erwarten, bis ich bei ihm war. Als ich die Thür seiner Baracke aufstieß, by Jove, da standen die beiden Tugendmenschen schon auf dem Flur; aber freilich, allzu lustig sahen sie nicht aus. Einen Augenblick noch, dann fiel Rick mir um den Hals: „Hurrah for John!“ rief er; „gieb ihm die Hand, Riekchen.“ und mit einem wunderlichen Blick auf seine Frau: „Aber, nicht wahr, verteufelt elend sieht der Capitän doch aus?“
Ich glaubte, er sei toll geworden; denn ich platzte derzeit vor Gesundheit.
„Meinst Du, Rick?“ sagte die Frau und nickte mir halbtraurig zu; „ja, so rothe Backen sind auch oft nicht von den besten.“
„So? – Meinst Du?“ rief Rick ingrimmig. „Ich meine das nicht. Sieht er nicht aus wie ein Berserker?“
Die Frau gab mir die Hand. „Freuen wir uns,“ sagte sie, „daß Sie so gesund wieder ans Land gekommen sind.“
Ich dankte ihr; Rick aber warf seine kurze Pfeife, die er in der Hand hielt, gegen die Wand, daß der Porzelankopf in hundert Stücken über die Fliesen flog, und ich hörte, wie er mit den Zähnen knirschte.
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/34>, abgerufen am 27.07.2024. |