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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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dagegen über des Volkes Unmacht klagten. Warfen dann die Armen sich ihm selber in den Weg, so wandte er schweigend ihnen den Rücken und schritt davon, bis der Schrei des Elends hinter ihm verhallt war.

Da eines Herbsttages, als schon der Duft des gefallenen Laubes durch das offene Thor der unteren großen Halle wehte, war ein Weib hier eingedrungen, als eben der Ritter in das Freie treten wollte. Sie war eine Wittwe, tief verschuldet und um Verschweigung zweier Rinder schwer gebüßt worden. Da sie unversehens ihm in den Weg trat, herrschte er sie an. "Was willst Du? Geh' mir aus dem Wege!"

Das Weib erschrak; sie vermochte nicht zu antworten, aber ihre Augenlider öffneten sich weit, als gebe sie dem zornigen Blick des Mannes ihre Seele preis. "Erbarmen!" lispelte sie kaum hörbar und warf sich auf die Fliesen nieder.

Der Ritter wollte an ihr vorüberschreiten, aber der Aufschrei einer Kinderstimme machte ihn stille stehen. Als er sich umblickte, sah er sein Kind; sie stand mit einem Fuß noch aus der letzten Stufe der aus dem Treppenthurm herabführenden Stiege; die schmalen Händchen, die unter dem schwarzen Aermelsaum des weißen Kleides hervorsahen, hingen schlaff

dagegen über des Volkes Unmacht klagten. Warfen dann die Armen sich ihm selber in den Weg, so wandte er schweigend ihnen den Rücken und schritt davon, bis der Schrei des Elends hinter ihm verhallt war.

Da eines Herbsttages, als schon der Duft des gefallenen Laubes durch das offene Thor der unteren großen Halle wehte, war ein Weib hier eingedrungen, als eben der Ritter in das Freie treten wollte. Sie war eine Wittwe, tief verschuldet und um Verschweigung zweier Rinder schwer gebüßt worden. Da sie unversehens ihm in den Weg trat, herrschte er sie an. „Was willst Du? Geh’ mir aus dem Wege!“

Das Weib erschrak; sie vermochte nicht zu antworten, aber ihre Augenlider öffneten sich weit, als gebe sie dem zornigen Blick des Mannes ihre Seele preis. „Erbarmen!“ lispelte sie kaum hörbar und warf sich auf die Fliesen nieder.

Der Ritter wollte an ihr vorüberschreiten, aber der Aufschrei einer Kinderstimme machte ihn stille stehen. Als er sich umblickte, sah er sein Kind; sie stand mit einem Fuß noch aus der letzten Stufe der aus dem Treppenthurm herabführenden Stiege; die schmalen Händchen, die unter dem schwarzen Aermelsaum des weißen Kleides hervorsahen, hingen schlaff

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[133/0137] dagegen über des Volkes Unmacht klagten. Warfen dann die Armen sich ihm selber in den Weg, so wandte er schweigend ihnen den Rücken und schritt davon, bis der Schrei des Elends hinter ihm verhallt war. Da eines Herbsttages, als schon der Duft des gefallenen Laubes durch das offene Thor der unteren großen Halle wehte, war ein Weib hier eingedrungen, als eben der Ritter in das Freie treten wollte. Sie war eine Wittwe, tief verschuldet und um Verschweigung zweier Rinder schwer gebüßt worden. Da sie unversehens ihm in den Weg trat, herrschte er sie an. „Was willst Du? Geh’ mir aus dem Wege!“ Das Weib erschrak; sie vermochte nicht zu antworten, aber ihre Augenlider öffneten sich weit, als gebe sie dem zornigen Blick des Mannes ihre Seele preis. „Erbarmen!“ lispelte sie kaum hörbar und warf sich auf die Fliesen nieder. Der Ritter wollte an ihr vorüberschreiten, aber der Aufschrei einer Kinderstimme machte ihn stille stehen. Als er sich umblickte, sah er sein Kind; sie stand mit einem Fuß noch aus der letzten Stufe der aus dem Treppenthurm herabführenden Stiege; die schmalen Händchen, die unter dem schwarzen Aermelsaum des weißen Kleides hervorsahen, hingen schlaff

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/137>, abgerufen am 22.11.2024.