Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

es kommen sollte, wußte er nicht. Ich aber will es jetzt erzählen.

Eine Meile nach Osten hin von Dorning, hinter dem Dorfe Hammelef, lag das später im sechzehnten Jahrhundert verschwundene Schloß Haderslevhuus; man nannte es auch eine Bergfeste, denn wie jenes lag es in diesem höhenarmen Lande aus einem Hügel von wenig über achtzig Schuh. Alter Buchenwald bedeckte diesen und begrub fast das Schloß in seinen Wipfeln; aber auch nach Osten breitete er sich aus, doch so, daß dort ein schmaler Sandweg dicht an der jäh abfallenden Hügelwand vorüberführte und den Hinaufblickenden den oberen Theil des stumpfen Schloßthurms sehen ließ. Wer etwas weiter ging, gelangte an eine von den ältesten Bäumen überwölbte Auffahrt, die in Windungen zum Schloß emporführte; wer nicht dahin gehörte oder dort nichts zu schaffen hatte, den brachte der Weg, um tausend Schritte weiter, in die Stadt hinab. - Vor Beginn desselben aber führte ein anderer zu Westen in weitem Bogen um den Schloßhügel und durch die freie Landschaft nach demselben Ziele, dies war der gewöhnliche Stadtweg; denn in dem anderen war vor Jahren ein Bauerbursch vom Wolf zerrissen worden, und die Leute gingen dort nicht gern.

es kommen sollte, wußte er nicht. Ich aber will es jetzt erzählen.

Eine Meile nach Osten hin von Dorning, hinter dem Dorfe Hammelef, lag das später im sechzehnten Jahrhundert verschwundene Schloß Haderslevhuus; man nannte es auch eine Bergfeste, denn wie jenes lag es in diesem höhenarmen Lande aus einem Hügel von wenig über achtzig Schuh. Alter Buchenwald bedeckte diesen und begrub fast das Schloß in seinen Wipfeln; aber auch nach Osten breitete er sich aus, doch so, daß dort ein schmaler Sandweg dicht an der jäh abfallenden Hügelwand vorüberführte und den Hinaufblickenden den oberen Theil des stumpfen Schloßthurms sehen ließ. Wer etwas weiter ging, gelangte an eine von den ältesten Bäumen überwölbte Auffahrt, die in Windungen zum Schloß emporführte; wer nicht dahin gehörte oder dort nichts zu schaffen hatte, den brachte der Weg, um tausend Schritte weiter, in die Stadt hinab. – Vor Beginn desselben aber führte ein anderer zu Westen in weitem Bogen um den Schloßhügel und durch die freie Landschaft nach demselben Ziele, dies war der gewöhnliche Stadtweg; denn in dem anderen war vor Jahren ein Bauerbursch vom Wolf zerrissen worden, und die Leute gingen dort nicht gern.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0126" n="122"/>
es kommen sollte, wußte er nicht. Ich aber will es jetzt erzählen.</p>
        <p>Eine Meile nach Osten hin von Dorning, hinter dem Dorfe Hammelef, lag das später im sechzehnten Jahrhundert verschwundene Schloß Haderslevhuus; man nannte es auch eine Bergfeste, denn wie jenes lag es in diesem höhenarmen Lande aus einem Hügel von wenig über achtzig Schuh. Alter Buchenwald bedeckte diesen und begrub fast das Schloß in seinen Wipfeln; aber auch nach Osten breitete er sich aus, doch so, daß dort ein schmaler Sandweg dicht an der jäh abfallenden Hügelwand vorüberführte und den Hinaufblickenden den oberen Theil des stumpfen Schloßthurms sehen ließ. Wer etwas weiter ging, gelangte an eine von den ältesten Bäumen überwölbte Auffahrt, die in Windungen zum Schloß emporführte; wer nicht dahin gehörte oder dort nichts zu schaffen hatte, den brachte der Weg, um tausend Schritte weiter, in die Stadt hinab. &#x2013; Vor Beginn desselben aber führte ein anderer zu Westen in weitem Bogen um den Schloßhügel und durch die freie Landschaft nach demselben Ziele, dies war der gewöhnliche Stadtweg; denn in dem anderen war vor Jahren ein Bauerbursch vom Wolf zerrissen worden, und die Leute gingen dort nicht gern.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0126] es kommen sollte, wußte er nicht. Ich aber will es jetzt erzählen. Eine Meile nach Osten hin von Dorning, hinter dem Dorfe Hammelef, lag das später im sechzehnten Jahrhundert verschwundene Schloß Haderslevhuus; man nannte es auch eine Bergfeste, denn wie jenes lag es in diesem höhenarmen Lande aus einem Hügel von wenig über achtzig Schuh. Alter Buchenwald bedeckte diesen und begrub fast das Schloß in seinen Wipfeln; aber auch nach Osten breitete er sich aus, doch so, daß dort ein schmaler Sandweg dicht an der jäh abfallenden Hügelwand vorüberführte und den Hinaufblickenden den oberen Theil des stumpfen Schloßthurms sehen ließ. Wer etwas weiter ging, gelangte an eine von den ältesten Bäumen überwölbte Auffahrt, die in Windungen zum Schloß emporführte; wer nicht dahin gehörte oder dort nichts zu schaffen hatte, den brachte der Weg, um tausend Schritte weiter, in die Stadt hinab. – Vor Beginn desselben aber führte ein anderer zu Westen in weitem Bogen um den Schloßhügel und durch die freie Landschaft nach demselben Ziele, dies war der gewöhnliche Stadtweg; denn in dem anderen war vor Jahren ein Bauerbursch vom Wolf zerrissen worden, und die Leute gingen dort nicht gern.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/126
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/126>, abgerufen am 22.11.2024.