Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

aber hier in der kleinen Kammer war es furchtbar still; auch der kattunene Vorhang dort in der Ecke hing so unbeweglich, als ob nun alles aus sei. Er konnte es nicht ertragen, er trat hinzu und zog ihn zurück; da fiel ein Mieder Hanna's, das sie noch selbst dahin gehangen hatte, auf den Boden. Ein wilder Schmerz durchfuhr ihn, als er es aufhob; er taumelte auf einen Stuhl und schlug die Hände vors Gesicht.

Da knarrte die nur angelehnte Kammerthür, sein Töchterchen drängte sich hindurch und hielt ihm triumphirend ein Püppchen unter die Augen, ein Geschenk der Tischlerfrau, die das Kind während des Begräbnisses an sich genommen hatte. Nun aber hatte es nicht länger Ruhe gehabt; es war durch die Gärten und zur Hinterthür hereingelaufen, um auch dem Vater seinen Reichthum zu zeigen.

Der sah sie mit wirren Augen an, als sie aber erwartend vor ihm stehen blieb, hob er sie auf seinen Schoß und suchte sich zu fassen. "Was hast Du da, Christinchen? Wer hat Dir das geschenkt?"

Aber bevor noch die Antwort des Kindes kam,

aber hier in der kleinen Kammer war es furchtbar still; auch der kattunene Vorhang dort in der Ecke hing so unbeweglich, als ob nun alles aus sei. Er konnte es nicht ertragen, er trat hinzu und zog ihn zurück; da fiel ein Mieder Hanna’s, das sie noch selbst dahin gehangen hatte, auf den Boden. Ein wilder Schmerz durchfuhr ihn, als er es aufhob; er taumelte auf einen Stuhl und schlug die Hände vors Gesicht.

Da knarrte die nur angelehnte Kammerthür, sein Töchterchen drängte sich hindurch und hielt ihm triumphirend ein Püppchen unter die Augen, ein Geschenk der Tischlerfrau, die das Kind während des Begräbnisses an sich genommen hatte. Nun aber hatte es nicht länger Ruhe gehabt; es war durch die Gärten und zur Hinterthür hereingelaufen, um auch dem Vater seinen Reichthum zu zeigen.

Der sah sie mit wirren Augen an, als sie aber erwartend vor ihm stehen blieb, hob er sie auf seinen Schoß und suchte sich zu fassen. „Was hast Du da, Christinchen? Wer hat Dir das geschenkt?“

Aber bevor noch die Antwort des Kindes kam,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0080" n="80"/>
aber hier in der kleinen Kammer war es furchtbar still; auch der kattunene Vorhang dort in der Ecke hing so unbeweglich, als ob nun alles aus sei. Er konnte es nicht ertragen, er trat hinzu und zog ihn zurück; da fiel ein Mieder Hanna&#x2019;s, das sie noch selbst dahin gehangen hatte, auf den Boden. Ein wilder Schmerz durchfuhr ihn, als er es aufhob; er taumelte auf einen Stuhl und schlug die Hände vors Gesicht.</p>
        <p>Da knarrte die nur angelehnte Kammerthür, sein Töchterchen drängte sich hindurch und hielt ihm triumphirend ein Püppchen unter die Augen, ein Geschenk der Tischlerfrau, die das Kind während des Begräbnisses an sich genommen hatte. Nun aber hatte es nicht länger Ruhe gehabt; es war durch die Gärten und zur Hinterthür hereingelaufen, um auch dem Vater seinen Reichthum zu zeigen.</p>
        <p>Der sah sie mit wirren Augen an, als sie aber erwartend vor ihm stehen blieb, hob er sie auf seinen Schoß und suchte sich zu fassen. &#x201E;Was hast Du da, Christinchen? Wer hat Dir das geschenkt?&#x201C;</p>
        <p>Aber bevor noch die Antwort des Kindes kam,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0080] aber hier in der kleinen Kammer war es furchtbar still; auch der kattunene Vorhang dort in der Ecke hing so unbeweglich, als ob nun alles aus sei. Er konnte es nicht ertragen, er trat hinzu und zog ihn zurück; da fiel ein Mieder Hanna’s, das sie noch selbst dahin gehangen hatte, auf den Boden. Ein wilder Schmerz durchfuhr ihn, als er es aufhob; er taumelte auf einen Stuhl und schlug die Hände vors Gesicht. Da knarrte die nur angelehnte Kammerthür, sein Töchterchen drängte sich hindurch und hielt ihm triumphirend ein Püppchen unter die Augen, ein Geschenk der Tischlerfrau, die das Kind während des Begräbnisses an sich genommen hatte. Nun aber hatte es nicht länger Ruhe gehabt; es war durch die Gärten und zur Hinterthür hereingelaufen, um auch dem Vater seinen Reichthum zu zeigen. Der sah sie mit wirren Augen an, als sie aber erwartend vor ihm stehen blieb, hob er sie auf seinen Schoß und suchte sich zu fassen. „Was hast Du da, Christinchen? Wer hat Dir das geschenkt?“ Aber bevor noch die Antwort des Kindes kam,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-15T13:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_doppelgaenger_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_doppelgaenger_1887/80
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_doppelgaenger_1887/80>, abgerufen am 25.11.2024.