Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887.- - Am andern Nachmittage, da sich für John abermals die Aussicht auf einen Dienst zerschlagen hatte, lagen die beiden wieder an derselben Stelle. Der Fremde sprach nicht, John riß Grasbüschel aus dem Boden und warf damit nach vorbeistreichenden Schwalben. "Du ruinierst doch den Deich, da Du sonst nichts zu thun hast!" sagte der andre lachend. John stieß einen Fluch aus. "Du wolltest mir gestern was erzählen, Wenzel!" sagte er. Wenzel sah wie abwesend auf die See, wo draußen eben ein Segel vorbeizog. "Ich?" sagte er. "Was sollte das gewesen sein?" - "Das mußt Du selber wissen; aber Spaß sollte dabei sein. So sagtest Du." "Ja so! Ich weiß schon; aber es ist noch mehr Gefahr als Spaß dabei." John lachte. "Was lachst Du!" sagte Wenzel; "es kann um Kopf und Kragen gehn!" "Ich meinte nur, es sei das just der Spaß!" Der andere richtete sich auf: "Ist Dir Dein Kopf so wohlfeil?" – – Am andern Nachmittage, da sich für John abermals die Aussicht auf einen Dienst zerschlagen hatte, lagen die beiden wieder an derselben Stelle. Der Fremde sprach nicht, John riß Grasbüschel aus dem Boden und warf damit nach vorbeistreichenden Schwalben. „Du ruinierst doch den Deich, da Du sonst nichts zu thun hast!“ sagte der andre lachend. John stieß einen Fluch aus. „Du wolltest mir gestern was erzählen, Wenzel!“ sagte er. Wenzel sah wie abwesend auf die See, wo draußen eben ein Segel vorbeizog. „Ich?“ sagte er. „Was sollte das gewesen sein?“ – „Das mußt Du selber wissen; aber Spaß sollte dabei sein. So sagtest Du.“ „Ja so! Ich weiß schon; aber es ist noch mehr Gefahr als Spaß dabei.“ John lachte. „Was lachst Du!“ sagte Wenzel; „es kann um Kopf und Kragen gehn!“ „Ich meinte nur, es sei das just der Spaß!“ Der andere richtete sich auf: „Ist Dir Dein Kopf so wohlfeil?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0038" n="38"/> <p>– – Am andern Nachmittage, da sich für John abermals die Aussicht auf einen Dienst zerschlagen hatte, lagen die beiden wieder an derselben Stelle. Der Fremde sprach nicht, John riß Grasbüschel aus dem Boden und warf damit nach vorbeistreichenden Schwalben.</p> <p>„Du ruinierst doch den Deich, da Du sonst nichts zu thun hast!“ sagte der andre lachend.</p> <p>John stieß einen Fluch aus. „Du wolltest mir gestern was erzählen, Wenzel!“ sagte er.</p> <p>Wenzel sah wie abwesend auf die See, wo draußen eben ein Segel vorbeizog. „Ich?“ sagte er. „Was sollte das gewesen sein?“</p> <p>– „Das mußt Du selber wissen; aber Spaß sollte dabei sein. So sagtest Du.“</p> <p>„Ja so! Ich weiß schon; aber es ist noch mehr Gefahr als Spaß dabei.“</p> <p>John lachte.</p> <p>„Was lachst Du!“ sagte Wenzel; „es kann um Kopf und Kragen gehn!“</p> <p>„Ich meinte nur, es sei das just der Spaß!“</p> <p>Der andere richtete sich auf: „Ist Dir Dein Kopf so wohlfeil?“</p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0038]
– – Am andern Nachmittage, da sich für John abermals die Aussicht auf einen Dienst zerschlagen hatte, lagen die beiden wieder an derselben Stelle. Der Fremde sprach nicht, John riß Grasbüschel aus dem Boden und warf damit nach vorbeistreichenden Schwalben.
„Du ruinierst doch den Deich, da Du sonst nichts zu thun hast!“ sagte der andre lachend.
John stieß einen Fluch aus. „Du wolltest mir gestern was erzählen, Wenzel!“ sagte er.
Wenzel sah wie abwesend auf die See, wo draußen eben ein Segel vorbeizog. „Ich?“ sagte er. „Was sollte das gewesen sein?“
– „Das mußt Du selber wissen; aber Spaß sollte dabei sein. So sagtest Du.“
„Ja so! Ich weiß schon; aber es ist noch mehr Gefahr als Spaß dabei.“
John lachte.
„Was lachst Du!“ sagte Wenzel; „es kann um Kopf und Kragen gehn!“
„Ich meinte nur, es sei das just der Spaß!“
Der andere richtete sich auf: „Ist Dir Dein Kopf so wohlfeil?“
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_doppelgaenger_1887/38>, abgerufen am 16.02.2025. |