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Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887.

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Dann wandte er sich plötzlich zu mir. "Sie werden mir nicht zürnen", sagte er, "wenn ich Sie bitte, mit meiner Frau nicht weiter über ihren Vater zu sprechen. Ich ging im weichen Wegestaub schon länger hinter Ihnen, und der leichte Sommerwind trug mir genügend Brocken Ihres Gespräches zu, um das Uebrige zu errathen. Hätte ich von Ihrer beider so genauen Landsmannschaft gewußt, - verzeihen Sie mir dies Geständniß - ich hätte mir die Freude Ihres Besuches versagt; die Freude sag' ich; doch es ist so besser, wir kennen uns nun schon."

"Aber", entgegnete ich etwas bestürzt, "ich kann Sie versichern, es ist von einem Arbeiter John Hansen keine Spur in meiner Erinnerung."

"Sie könnte Ihnen dennoch plötzlich kommen!"

"Ich denke nicht; jedenfalls, obgleich ich nicht die Ursache kenne, seien Sie meines Schweigens sicher!"

"Die Ursache", erwiderte er, "will ich Ihnen in einem Worte geben: der Vater meiner Frau hieß freilich John Hansen; von den Leuten aber wurde er John Glückstadt genannt, nach dem Orte,

Dann wandte er sich plötzlich zu mir. „Sie werden mir nicht zürnen“, sagte er, „wenn ich Sie bitte, mit meiner Frau nicht weiter über ihren Vater zu sprechen. Ich ging im weichen Wegestaub schon länger hinter Ihnen, und der leichte Sommerwind trug mir genügend Brocken Ihres Gespräches zu, um das Uebrige zu errathen. Hätte ich von Ihrer beider so genauen Landsmannschaft gewußt, – verzeihen Sie mir dies Geständniß – ich hätte mir die Freude Ihres Besuches versagt; die Freude sag’ ich; doch es ist so besser, wir kennen uns nun schon.“

„Aber“, entgegnete ich etwas bestürzt, „ich kann Sie versichern, es ist von einem Arbeiter John Hansen keine Spur in meiner Erinnerung.“

„Sie könnte Ihnen dennoch plötzlich kommen!“

„Ich denke nicht; jedenfalls, obgleich ich nicht die Ursache kenne, seien Sie meines Schweigens sicher!“

„Die Ursache“, erwiderte er, „will ich Ihnen in einem Worte geben: der Vater meiner Frau hieß freilich John Hansen; von den Leuten aber wurde er John Glückstadt genannt, nach dem Orte,

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[29/0029] Dann wandte er sich plötzlich zu mir. „Sie werden mir nicht zürnen“, sagte er, „wenn ich Sie bitte, mit meiner Frau nicht weiter über ihren Vater zu sprechen. Ich ging im weichen Wegestaub schon länger hinter Ihnen, und der leichte Sommerwind trug mir genügend Brocken Ihres Gespräches zu, um das Uebrige zu errathen. Hätte ich von Ihrer beider so genauen Landsmannschaft gewußt, – verzeihen Sie mir dies Geständniß – ich hätte mir die Freude Ihres Besuches versagt; die Freude sag’ ich; doch es ist so besser, wir kennen uns nun schon.“ „Aber“, entgegnete ich etwas bestürzt, „ich kann Sie versichern, es ist von einem Arbeiter John Hansen keine Spur in meiner Erinnerung.“ „Sie könnte Ihnen dennoch plötzlich kommen!“ „Ich denke nicht; jedenfalls, obgleich ich nicht die Ursache kenne, seien Sie meines Schweigens sicher!“ „Die Ursache“, erwiderte er, „will ich Ihnen in einem Worte geben: der Vater meiner Frau hieß freilich John Hansen; von den Leuten aber wurde er John Glückstadt genannt, nach dem Orte,

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_doppelgaenger_1887/29>, abgerufen am 30.11.2024.