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Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887.

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"Das mag fast dreißig Jahre her sein."

"O, damals war ich noch in unsrer Heimath, bevor wir, so viele, in die Fremde mußten."

Sie schüttelte den Kopf. "Die Ursache liegt wo anders: meine Wiege" - sie zögerte ein wenig und sagte dann: "Ich hatte wohl nicht einmal eine; aber die Kathe, in der ich geboren wurde, war nur die Miethwohnung eines armen Arbeiters, und ich war seine Tochter."

Sie blickte mit ihren klaren Augen zu mir auf. "Mein Vater hieß John Hansen"; sagte sie.

Ich suchte mich zurecht zu finden; aber es gelang mir nicht; der Name Hansen war bei uns wie Sand am Meer. "Ich kannte manchen Arbeiter", erwiderte ich; "unter dem Dache des einen war ich als Knabe sogar ein wöchentlicher Gast, und für manches, was ich noch zu meinem Besten rechne, fühle ich mich ihm und seiner braven Frau verpflichtet. Aber Sie mögen Recht haben, der Name Ihres Vaters ist mir unbekannt."

Sie schien aufmerksam zuzuhören, und mir war es, als würden ihre kindlichen Augen wieder feucht.

"Sie hätten ihn kennen müssen", rief sie, "Sie

„Das mag fast dreißig Jahre her sein.“

„O, damals war ich noch in unsrer Heimath, bevor wir, so viele, in die Fremde mußten.“

Sie schüttelte den Kopf. „Die Ursache liegt wo anders: meine Wiege“ – sie zögerte ein wenig und sagte dann: „Ich hatte wohl nicht einmal eine; aber die Kathe, in der ich geboren wurde, war nur die Miethwohnung eines armen Arbeiters, und ich war seine Tochter.“

Sie blickte mit ihren klaren Augen zu mir auf. „Mein Vater hieß John Hansen“; sagte sie.

Ich suchte mich zurecht zu finden; aber es gelang mir nicht; der Name Hansen war bei uns wie Sand am Meer. „Ich kannte manchen Arbeiter“, erwiderte ich; „unter dem Dache des einen war ich als Knabe sogar ein wöchentlicher Gast, und für manches, was ich noch zu meinem Besten rechne, fühle ich mich ihm und seiner braven Frau verpflichtet. Aber Sie mögen Recht haben, der Name Ihres Vaters ist mir unbekannt.“

Sie schien aufmerksam zuzuhören, und mir war es, als würden ihre kindlichen Augen wieder feucht.

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[23/0023] „Das mag fast dreißig Jahre her sein.“ „O, damals war ich noch in unsrer Heimath, bevor wir, so viele, in die Fremde mußten.“ Sie schüttelte den Kopf. „Die Ursache liegt wo anders: meine Wiege“ – sie zögerte ein wenig und sagte dann: „Ich hatte wohl nicht einmal eine; aber die Kathe, in der ich geboren wurde, war nur die Miethwohnung eines armen Arbeiters, und ich war seine Tochter.“ Sie blickte mit ihren klaren Augen zu mir auf. „Mein Vater hieß John Hansen“; sagte sie. Ich suchte mich zurecht zu finden; aber es gelang mir nicht; der Name Hansen war bei uns wie Sand am Meer. „Ich kannte manchen Arbeiter“, erwiderte ich; „unter dem Dache des einen war ich als Knabe sogar ein wöchentlicher Gast, und für manches, was ich noch zu meinem Besten rechne, fühle ich mich ihm und seiner braven Frau verpflichtet. Aber Sie mögen Recht haben, der Name Ihres Vaters ist mir unbekannt.“ Sie schien aufmerksam zuzuhören, und mir war es, als würden ihre kindlichen Augen wieder feucht. „Sie hätten ihn kennen müssen“, rief sie, „Sie

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_doppelgaenger_1887/23>, abgerufen am 29.11.2024.