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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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starren; aber die Stimmen und die Schritte gingen
vorüber. Da erhub sie sich, kam an meine Seite
und sahe zu, wie des Vaters Antlitz unter mei¬
nem Stift entstund. Nicht lange, so kam draußen
ein einzelner Schritt zurück; in demselben Augen¬
blick legte Katharina die Hand auf meine Schulter
und ich fühlte, wie ihr junger Körper bebte.

Sogleich auch wurde die Kapellenthür auf¬
gerissen; und ich erkannte den Junker Wulf, ob¬
schon sein sonsten bleiches Angesicht itzt roth und
aufgedunsen schien.

"Was huckst Du allfort an dem Sarge!"
rief er zu der Schwester. "Der Junker von der
Risch ist da gewesen, uns seine Condolenze zu
bezeigen; Du hättest ihm wol den Trunk kre¬
denzen mögen!"

Zugleich hatte er meiner wahrgenommen und
bohrete mich mit seinen kleinen Augen an. --
"Wulf," sagte Katharina, indem sie mit mir zu
ihm trat; "es ist Johannes, Wulf."

Der Junker fand nicht vonnöthen, mir die Hand
zu reichen; er musterte nur mein violenfarben

ſtarren; aber die Stimmen und die Schritte gingen
vorüber. Da erhub ſie ſich, kam an meine Seite
und ſahe zu, wie des Vaters Antlitz unter mei¬
nem Stift entſtund. Nicht lange, ſo kam draußen
ein einzelner Schritt zurück; in demſelben Augen¬
blick legte Katharina die Hand auf meine Schulter
und ich fühlte, wie ihr junger Körper bebte.

Sogleich auch wurde die Kapellenthür auf¬
geriſſen; und ich erkannte den Junker Wulf, ob¬
ſchon ſein ſonſten bleiches Angeſicht itzt roth und
aufgedunſen ſchien.

„Was huckſt Du allfort an dem Sarge!“
rief er zu der Schweſter. „Der Junker von der
Riſch iſt da geweſen, uns ſeine Condolenze zu
bezeigen; Du hätteſt ihm wol den Trunk kre¬
denzen mögen!“

Zugleich hatte er meiner wahrgenommen und
bohrete mich mit ſeinen kleinen Augen an. —
„Wulf,“ ſagte Katharina, indem ſie mit mir zu
ihm trat; „es iſt Johannes, Wulf.“

Der Junker fand nicht vonnöthen, mir die Hand
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[37/0051] ſtarren; aber die Stimmen und die Schritte gingen vorüber. Da erhub ſie ſich, kam an meine Seite und ſahe zu, wie des Vaters Antlitz unter mei¬ nem Stift entſtund. Nicht lange, ſo kam draußen ein einzelner Schritt zurück; in demſelben Augen¬ blick legte Katharina die Hand auf meine Schulter und ich fühlte, wie ihr junger Körper bebte. Sogleich auch wurde die Kapellenthür auf¬ geriſſen; und ich erkannte den Junker Wulf, ob¬ ſchon ſein ſonſten bleiches Angeſicht itzt roth und aufgedunſen ſchien. „Was huckſt Du allfort an dem Sarge!“ rief er zu der Schweſter. „Der Junker von der Riſch iſt da geweſen, uns ſeine Condolenze zu bezeigen; Du hätteſt ihm wol den Trunk kre¬ denzen mögen!“ Zugleich hatte er meiner wahrgenommen und bohrete mich mit ſeinen kleinen Augen an. — „Wulf,“ ſagte Katharina, indem ſie mit mir zu ihm trat; „es iſt Johannes, Wulf.“ Der Junker fand nicht vonnöthen, mir die Hand zu reichen; er muſterte nur mein violenfarben

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/51>, abgerufen am 02.05.2024.