Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.Linnen lagen, so dachte ich: "Ein klein Geschenk Endlich trieb mich der Hunger von der Arbeit Ach, ich wußte es nur zu bald; was ich hier Linnen lagen, ſo dachte ich: „Ein klein Geſchenk Endlich trieb mich der Hunger von der Arbeit Ach, ich wußte es nur zu bald; was ich hier <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0166" n="152"/> Linnen lagen, ſo dachte ich: „Ein klein Geſchenk<lb/> doch mußt du deinem Kinde geben!“ Und ich<lb/> malete auf ſeinem Bildniß ihm eine weiße Waſſer-<lb/> Lilie in die Hand, als ſei es ſpielend damit ein¬<lb/> geſchlafen. Solcher Art Blumen gab es ſelten<lb/> in der Gegend hier, und mocht es alſo ein er¬<lb/> wünchet Angebinde ſein.</p><lb/> <p>Endlich trieb mich der Hunger von der Arbeit<lb/> auf, mein ermüdeter Leib verlangte Stärkung.<lb/> Legete ſonach den Pinſel und die Palette fort<lb/> und ging über den Flur nach dem Zimmer, ſo<lb/> der Prediger mir angewieſen hatte. Indem ich<lb/> aber eintrat, wäre ich vor Ueberraſchung bald<lb/> zurückgewichen; denn Katharina ſtund mir gegen¬<lb/> über, zwar in ſchwarzen Trauerkleidern, und doch<lb/> in all' dem Zauberſchein, ſo Glück und Liebe in<lb/> eines Weibes Antlitz wirken mögen.</p><lb/> <p>Ach, ich wußte es nur zu bald; was ich hier<lb/> ſahe, war nur ihr Bildniß, das ich ſelber einſt<lb/> gemalet. Auch für dieſes war alſo nicht mehr<lb/> Raum in ihres Vaters Haus geweſen. — Aber<lb/> wo war ſie ſelber denn? Hatte man ſie fort¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [152/0166]
Linnen lagen, ſo dachte ich: „Ein klein Geſchenk
doch mußt du deinem Kinde geben!“ Und ich
malete auf ſeinem Bildniß ihm eine weiße Waſſer-
Lilie in die Hand, als ſei es ſpielend damit ein¬
geſchlafen. Solcher Art Blumen gab es ſelten
in der Gegend hier, und mocht es alſo ein er¬
wünchet Angebinde ſein.
Endlich trieb mich der Hunger von der Arbeit
auf, mein ermüdeter Leib verlangte Stärkung.
Legete ſonach den Pinſel und die Palette fort
und ging über den Flur nach dem Zimmer, ſo
der Prediger mir angewieſen hatte. Indem ich
aber eintrat, wäre ich vor Ueberraſchung bald
zurückgewichen; denn Katharina ſtund mir gegen¬
über, zwar in ſchwarzen Trauerkleidern, und doch
in all' dem Zauberſchein, ſo Glück und Liebe in
eines Weibes Antlitz wirken mögen.
Ach, ich wußte es nur zu bald; was ich hier
ſahe, war nur ihr Bildniß, das ich ſelber einſt
gemalet. Auch für dieſes war alſo nicht mehr
Raum in ihres Vaters Haus geweſen. — Aber
wo war ſie ſelber denn? Hatte man ſie fort¬
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