Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877."Leben? -- -- Es ist ja doch ein Glück dabei; -- "Und von uns, von dem, was einst ge¬ "Nein, nein!" rief sie heftig. "Er nahm die In diesem Augenblicke tönete ein zarter Gesang Aber meine Sinne zieleten nur auf das Weib, Sie war an den Rand des Gebüsches getreten "Zwei Englein, die mich decken,
Zwei Englein, die mich strecken, Und zweie so mich weisen, In das himmlische Paradeisen." „Leben? — — Es iſt ja doch ein Glück dabei; — „Und von uns, von dem, was einſt ge¬ „Nein, nein!“ rief ſie heftig. „Er nahm die In dieſem Augenblicke tönete ein zarter Geſang Aber meine Sinne zieleten nur auf das Weib, Sie war an den Rand des Gebüſches getreten „Zwei Englein, die mich decken,
Zwei Englein, die mich ſtrecken, Und zweie ſo mich weiſen, In das himmliſche Paradeiſen.“ <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0156" n="142"/> <p>„Leben? — — Es iſt ja doch ein Glück dabei;<lb/> er liebt das Kind; — was iſt denn mehr noch zu<lb/> verlangen?“</p><lb/> <p>— „Und von uns, von dem, was einſt ge¬<lb/> weſen iſt, weiß er denn?“ — —</p><lb/> <p>„Nein, nein!“ rief ſie heftig. „Er nahm die<lb/> Sünderin zum Weibe: mehr nicht. O Gott, iſt's<lb/> denn nicht genug, daß jeder neue Tag ihm angehört!“</p><lb/> <p>In dieſem Augenblicke tönete ein zarter Geſang<lb/> zu uns herüber.— „Das Kind,“ ſagte ſie. „Ich muß<lb/> zu dem Kinde; es könnte ihm ein Leids geſchehen!“</p><lb/> <p>Aber meine Sinne zieleten nur auf das Weib,<lb/> das ſie begehrten. „Bleib doch;“ ſagte ich, „es<lb/> ſpielet ja fröhlich dort mit ſeinem Mooſe.“</p><lb/> <p>Sie war an den Rand des Gebüſches getreten<lb/> und horchete hinaus. Die goldene Herbſtſonne ſchien<lb/> ſo warm hernieder, nur leichter Hauch kam von der<lb/> See herauf. Da höreten wir von jenſeit durch<lb/> die Weiden das Stimmlein unſeres Kindes ſingen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Zwei Englein, die mich decken,</l><lb/> <l>Zwei Englein, die mich ſtrecken,</l><lb/> <l>Und zweie ſo mich weiſen,</l><lb/> <l>In das himmliſche Paradeiſen.“</l><lb/> </lg> </body> </text> </TEI> [142/0156]
„Leben? — — Es iſt ja doch ein Glück dabei;
er liebt das Kind; — was iſt denn mehr noch zu
verlangen?“
— „Und von uns, von dem, was einſt ge¬
weſen iſt, weiß er denn?“ — —
„Nein, nein!“ rief ſie heftig. „Er nahm die
Sünderin zum Weibe: mehr nicht. O Gott, iſt's
denn nicht genug, daß jeder neue Tag ihm angehört!“
In dieſem Augenblicke tönete ein zarter Geſang
zu uns herüber.— „Das Kind,“ ſagte ſie. „Ich muß
zu dem Kinde; es könnte ihm ein Leids geſchehen!“
Aber meine Sinne zieleten nur auf das Weib,
das ſie begehrten. „Bleib doch;“ ſagte ich, „es
ſpielet ja fröhlich dort mit ſeinem Mooſe.“
Sie war an den Rand des Gebüſches getreten
und horchete hinaus. Die goldene Herbſtſonne ſchien
ſo warm hernieder, nur leichter Hauch kam von der
See herauf. Da höreten wir von jenſeit durch
die Weiden das Stimmlein unſeres Kindes ſingen:
„Zwei Englein, die mich decken,
Zwei Englein, die mich ſtrecken,
Und zweie ſo mich weiſen,
In das himmliſche Paradeiſen.“
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/156>, abgerufen am 16.02.2025. |