Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Malen; war ja um dessen willen auch nicht hieher
gekommen.

Die Alte kam hereingelaufen, stöhnte über die
arge Zeit und redete über Bauern- und Dorf¬
sachen, die ich nicht verstund; mich selber drän¬
gete es, sie wieder einmal nach des Predigers
Frau zu fragen, ob selbige alt oder jung, und
auch, woher sie gekommen sei; allein ich brachte
das Wort nicht über meine Zungen. Dagegen
begann die Alte ein lang Gespinnste von der
Hex' und ihrer Sippschaft hier im Dorfe und
von der Mutter Siebenzig, so mit Vorspuk-Sehen
behaftet sei; erzählete auch, wie selbige zur Nacht,
da die Gicht dem alten Weibe keine Ruh' ge¬
lassen, drei Leichlaken über des Pastors Haus¬
dach habe fliegen sehen; es gehe aber solch'
Gesichte allzeit richtig aus, und Hofart komme
vor dem Falle; denn sei die Frau Pastorin bei
aller ihrer Vornehmheit doch nur eine blasse und
schwächliche Kreatur.

Ich mochte solch' Geschwätz nicht fürder hören;
ging daher aus dem Hause und auf dem Wege

Malen; war ja um deſſen willen auch nicht hieher
gekommen.

Die Alte kam hereingelaufen, ſtöhnte über die
arge Zeit und redete über Bauern- und Dorf¬
ſachen, die ich nicht verſtund; mich ſelber drän¬
gete es, ſie wieder einmal nach des Predigers
Frau zu fragen, ob ſelbige alt oder jung, und
auch, woher ſie gekommen ſei; allein ich brachte
das Wort nicht über meine Zungen. Dagegen
begann die Alte ein lang Geſpinnſte von der
Hex' und ihrer Sippſchaft hier im Dorfe und
von der Mutter Siebenzig, ſo mit Vorſpuk-Sehen
behaftet ſei; erzählete auch, wie ſelbige zur Nacht,
da die Gicht dem alten Weibe keine Ruh' ge¬
laſſen, drei Leichlaken über des Paſtors Haus¬
dach habe fliegen ſehen; es gehe aber ſolch'
Geſichte allzeit richtig aus, und Hofart komme
vor dem Falle; denn ſei die Frau Paſtorin bei
aller ihrer Vornehmheit doch nur eine blaſſe und
ſchwächliche Kreatur.

Ich mochte ſolch' Geſchwätz nicht fürder hören;
ging daher aus dem Hauſe und auf dem Wege

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0150" n="136"/>
Malen; war ja um de&#x017F;&#x017F;en willen auch nicht hieher<lb/>
gekommen.</p><lb/>
      <p>Die Alte kam hereingelaufen, &#x017F;töhnte über die<lb/>
arge Zeit und redete über Bauern- und Dorf¬<lb/>
&#x017F;achen, die ich nicht ver&#x017F;tund; mich &#x017F;elber drän¬<lb/>
gete es, &#x017F;ie wieder einmal nach des Predigers<lb/>
Frau zu fragen, ob &#x017F;elbige alt oder jung, und<lb/>
auch, woher &#x017F;ie gekommen &#x017F;ei; allein ich brachte<lb/>
das Wort nicht über meine Zungen. Dagegen<lb/>
begann die Alte ein lang Ge&#x017F;pinn&#x017F;te von der<lb/>
Hex' und ihrer Sipp&#x017F;chaft hier im Dorfe und<lb/>
von der Mutter Siebenzig, &#x017F;o mit Vor&#x017F;puk-Sehen<lb/>
behaftet &#x017F;ei; erzählete auch, wie &#x017F;elbige zur Nacht,<lb/>
da die Gicht dem alten Weibe keine Ruh' ge¬<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, drei Leichlaken über des Pa&#x017F;tors Haus¬<lb/>
dach habe fliegen &#x017F;ehen; es gehe aber &#x017F;olch'<lb/>
Ge&#x017F;ichte allzeit richtig aus, und Hofart komme<lb/>
vor dem Falle; denn &#x017F;ei die Frau Pa&#x017F;torin bei<lb/>
aller ihrer Vornehmheit doch nur eine bla&#x017F;&#x017F;e und<lb/>
&#x017F;chwächliche Kreatur.</p><lb/>
      <p>Ich mochte &#x017F;olch' Ge&#x017F;chwätz nicht fürder hören;<lb/>
ging daher aus dem Hau&#x017F;e und auf dem Wege<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0150] Malen; war ja um deſſen willen auch nicht hieher gekommen. Die Alte kam hereingelaufen, ſtöhnte über die arge Zeit und redete über Bauern- und Dorf¬ ſachen, die ich nicht verſtund; mich ſelber drän¬ gete es, ſie wieder einmal nach des Predigers Frau zu fragen, ob ſelbige alt oder jung, und auch, woher ſie gekommen ſei; allein ich brachte das Wort nicht über meine Zungen. Dagegen begann die Alte ein lang Geſpinnſte von der Hex' und ihrer Sippſchaft hier im Dorfe und von der Mutter Siebenzig, ſo mit Vorſpuk-Sehen behaftet ſei; erzählete auch, wie ſelbige zur Nacht, da die Gicht dem alten Weibe keine Ruh' ge¬ laſſen, drei Leichlaken über des Paſtors Haus¬ dach habe fliegen ſehen; es gehe aber ſolch' Geſichte allzeit richtig aus, und Hofart komme vor dem Falle; denn ſei die Frau Paſtorin bei aller ihrer Vornehmheit doch nur eine blaſſe und ſchwächliche Kreatur. Ich mochte ſolch' Geſchwätz nicht fürder hören; ging daher aus dem Hauſe und auf dem Wege

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/150
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/150>, abgerufen am 01.05.2024.