Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

thau von dem Kraute rann; denn mein Gemüth
verlangte nach der Einsamkeit; und ich sahe von
fern, wie es den Anschein hatte, das ganze Dorf
des Weges nach der Stadt ziehen. Als ich auf
dem Hünenhügel stund, der hier inmitten der
Haide liegt, überfiel es mich, als müsse auch ich
zur Stadt zurückkehren oder etwan nach links
hinab an die See gehen, oder nach dem kleinen
Dorfe, das dort unten hart am Strande liegt;
aber vor mir in der Luft schwebete etwas, wie
ein Glück, wie eine rasende Hoffnung, und es
schüttelte mein Gebein, und meine Zähne schlugen
aneinander. "Wenn sie es wirklich war, so letzt¬
lich mit meinen eigenen Augen ich erblicket, und
wenn dann heute" -- -- Ich fühlte mein Herz
gleich einem Hammer an den Rippen; ich ging
weit um durch die Haide; ich wollte nicht sehen,
ob auf der Wagen einem auch der Prediger nach
der Stadt fahre. -- Aber ich ging dennoch end¬
lich seinem Dorfe zu.

Als ich es erreichet hatte, schritt ich eilends
nach der Thür des Küsterhauses. Sie war ver¬

thau von dem Kraute rann; denn mein Gemüth
verlangte nach der Einſamkeit; und ich ſahe von
fern, wie es den Anſchein hatte, das ganze Dorf
des Weges nach der Stadt ziehen. Als ich auf
dem Hünenhügel ſtund, der hier inmitten der
Haide liegt, überfiel es mich, als müſſe auch ich
zur Stadt zurückkehren oder etwan nach links
hinab an die See gehen, oder nach dem kleinen
Dorfe, das dort unten hart am Strande liegt;
aber vor mir in der Luft ſchwebete etwas, wie
ein Glück, wie eine raſende Hoffnung, und es
ſchüttelte mein Gebein, und meine Zähne ſchlugen
aneinander. „Wenn ſie es wirklich war, ſo letzt¬
lich mit meinen eigenen Augen ich erblicket, und
wenn dann heute“ — — Ich fühlte mein Herz
gleich einem Hammer an den Rippen; ich ging
weit um durch die Haide; ich wollte nicht ſehen,
ob auf der Wagen einem auch der Prediger nach
der Stadt fahre. — Aber ich ging dennoch end¬
lich ſeinem Dorfe zu.

Als ich es erreichet hatte, ſchritt ich eilends
nach der Thür des Küſterhauſes. Sie war ver¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0148" n="134"/>
thau von dem Kraute rann; denn mein Gemüth<lb/>
verlangte nach der Ein&#x017F;amkeit; und ich &#x017F;ahe von<lb/>
fern, wie es den An&#x017F;chein hatte, das ganze Dorf<lb/>
des Weges nach der Stadt ziehen. Als ich auf<lb/>
dem Hünenhügel &#x017F;tund, der hier inmitten der<lb/>
Haide liegt, überfiel es mich, als mü&#x017F;&#x017F;e auch ich<lb/>
zur Stadt zurückkehren oder etwan nach links<lb/>
hinab an die See gehen, oder nach dem kleinen<lb/>
Dorfe, das dort unten hart am Strande liegt;<lb/>
aber vor mir in der Luft &#x017F;chwebete etwas, wie<lb/>
ein Glück, wie eine ra&#x017F;ende Hoffnung, und es<lb/>
&#x017F;chüttelte mein Gebein, und meine Zähne &#x017F;chlugen<lb/>
aneinander. &#x201E;Wenn &#x017F;ie es wirklich war, &#x017F;o letzt¬<lb/>
lich mit meinen eigenen Augen ich erblicket, und<lb/>
wenn dann heute&#x201C; &#x2014; &#x2014; Ich fühlte mein Herz<lb/>
gleich einem Hammer an den Rippen; ich ging<lb/>
weit um durch die Haide; ich wollte nicht &#x017F;ehen,<lb/>
ob auf der Wagen einem auch der Prediger nach<lb/>
der Stadt fahre. &#x2014; Aber ich ging dennoch end¬<lb/>
lich &#x017F;einem Dorfe zu.</p><lb/>
      <p>Als ich es erreichet hatte, &#x017F;chritt ich eilends<lb/>
nach der Thür des Kü&#x017F;terhau&#x017F;es. Sie war ver¬<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0148] thau von dem Kraute rann; denn mein Gemüth verlangte nach der Einſamkeit; und ich ſahe von fern, wie es den Anſchein hatte, das ganze Dorf des Weges nach der Stadt ziehen. Als ich auf dem Hünenhügel ſtund, der hier inmitten der Haide liegt, überfiel es mich, als müſſe auch ich zur Stadt zurückkehren oder etwan nach links hinab an die See gehen, oder nach dem kleinen Dorfe, das dort unten hart am Strande liegt; aber vor mir in der Luft ſchwebete etwas, wie ein Glück, wie eine raſende Hoffnung, und es ſchüttelte mein Gebein, und meine Zähne ſchlugen aneinander. „Wenn ſie es wirklich war, ſo letzt¬ lich mit meinen eigenen Augen ich erblicket, und wenn dann heute“ — — Ich fühlte mein Herz gleich einem Hammer an den Rippen; ich ging weit um durch die Haide; ich wollte nicht ſehen, ob auf der Wagen einem auch der Prediger nach der Stadt fahre. — Aber ich ging dennoch end¬ lich ſeinem Dorfe zu. Als ich es erreichet hatte, ſchritt ich eilends nach der Thür des Küſterhauſes. Sie war ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/148
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/148>, abgerufen am 02.05.2024.