Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

war es Alles eben Pfennigmalerei, und sollte
demnach der Schüler van der Helsts hier in gar
sondere Gesellschaft kommen.

Da ich solches eben in meiner Eitelkeit be¬
dachte, sprach die harte Stimme des Pastors
neben mir: "Es ist nicht meines Sinnes, daß
der Schein des Staubes dauere, wenn der Odem
Gottes ihn verlassen; aber ich habe der Gemeine
Wunsch nicht widerstreben mögen; nur, Meister,
machet es kurz; ich habe besseren Gebrauch für
meine Zeit."

Nachdem ich dem finsteren Manne, an dessen
Antlitz ich gleichwol für meine Kunst Gefallen
fand, meine beste Bemühung zugesaget, fragete
ich einem geschnitzten Bilde der Maria nach,
so von meinem Bruder mir war gerühmet
worden.

Ein fast verachtend Lächeln ging über des
Predigers Angesicht. "Da kommet Ihr zu spät,"
sagte er, "es ging in Trümmer, da ich's aus der
Kirche schaffen ließ."

Ich sah ihn fast erschrocken an. "Und wolltet

war es Alles eben Pfennigmalerei, und ſollte
demnach der Schüler van der Helſts hier in gar
ſondere Geſellſchaft kommen.

Da ich ſolches eben in meiner Eitelkeit be¬
dachte, ſprach die harte Stimme des Paſtors
neben mir: „Es iſt nicht meines Sinnes, daß
der Schein des Staubes dauere, wenn der Odem
Gottes ihn verlaſſen; aber ich habe der Gemeine
Wunſch nicht widerſtreben mögen; nur, Meiſter,
machet es kurz; ich habe beſſeren Gebrauch für
meine Zeit.“

Nachdem ich dem finſteren Manne, an deſſen
Antlitz ich gleichwol für meine Kunſt Gefallen
fand, meine beſte Bemühung zugeſaget, fragete
ich einem geſchnitzten Bilde der Maria nach,
ſo von meinem Bruder mir war gerühmet
worden.

Ein faſt verachtend Lächeln ging über des
Predigers Angeſicht. „Da kommet Ihr zu ſpät,“
ſagte er, „es ging in Trümmer, da ich's aus der
Kirche ſchaffen ließ.“

Ich ſah ihn faſt erſchrocken an. „Und wolltet

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0136" n="122"/>
war es Alles eben Pfennigmalerei, und &#x017F;ollte<lb/>
demnach der Schüler van der Hel&#x017F;ts hier in gar<lb/>
&#x017F;ondere Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft kommen.</p><lb/>
      <p>Da ich &#x017F;olches eben in meiner Eitelkeit be¬<lb/>
dachte, &#x017F;prach die harte Stimme des Pa&#x017F;tors<lb/>
neben mir: &#x201E;Es i&#x017F;t nicht meines Sinnes, daß<lb/>
der Schein des Staubes dauere, wenn der Odem<lb/>
Gottes ihn verla&#x017F;&#x017F;en; aber ich habe der Gemeine<lb/>
Wun&#x017F;ch nicht wider&#x017F;treben mögen; nur, Mei&#x017F;ter,<lb/>
machet es kurz; ich habe be&#x017F;&#x017F;eren Gebrauch für<lb/>
meine Zeit.&#x201C;</p><lb/>
      <p>Nachdem ich dem fin&#x017F;teren Manne, an de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Antlitz ich gleichwol für meine Kun&#x017F;t Gefallen<lb/>
fand, meine be&#x017F;te Bemühung zuge&#x017F;aget, fragete<lb/>
ich einem ge&#x017F;chnitzten Bilde der Maria nach,<lb/>
&#x017F;o von meinem Bruder mir war gerühmet<lb/>
worden.</p><lb/>
      <p>Ein fa&#x017F;t verachtend Lächeln ging über des<lb/>
Predigers Ange&#x017F;icht. &#x201E;Da kommet Ihr zu &#x017F;pät,&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte er, &#x201E;es ging in Trümmer, da ich's aus der<lb/>
Kirche &#x017F;chaffen ließ.&#x201C;</p><lb/>
      <p>Ich &#x017F;ah ihn fa&#x017F;t er&#x017F;chrocken an. &#x201E;Und wolltet<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0136] war es Alles eben Pfennigmalerei, und ſollte demnach der Schüler van der Helſts hier in gar ſondere Geſellſchaft kommen. Da ich ſolches eben in meiner Eitelkeit be¬ dachte, ſprach die harte Stimme des Paſtors neben mir: „Es iſt nicht meines Sinnes, daß der Schein des Staubes dauere, wenn der Odem Gottes ihn verlaſſen; aber ich habe der Gemeine Wunſch nicht widerſtreben mögen; nur, Meiſter, machet es kurz; ich habe beſſeren Gebrauch für meine Zeit.“ Nachdem ich dem finſteren Manne, an deſſen Antlitz ich gleichwol für meine Kunſt Gefallen fand, meine beſte Bemühung zugeſaget, fragete ich einem geſchnitzten Bilde der Maria nach, ſo von meinem Bruder mir war gerühmet worden. Ein faſt verachtend Lächeln ging über des Predigers Angeſicht. „Da kommet Ihr zu ſpät,“ ſagte er, „es ging in Trümmer, da ich's aus der Kirche ſchaffen ließ.“ Ich ſah ihn faſt erſchrocken an. „Und wolltet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/136
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/136>, abgerufen am 02.05.2024.