Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.strecketen, wies der Küster auf die Wasserfläche, Ich dachte: "So stehet die Kirche wol am Der Knabe, welchen Letzterer auf den Arm Als wir in das Schiff der Kirche eingetreten ſtrecketen, wies der Küſter auf die Waſſerfläche, Ich dachte: „So ſtehet die Kirche wol am Der Knabe, welchen Letzterer auf den Arm Als wir in das Schiff der Kirche eingetreten <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0135" n="121"/> ſtrecketen, wies der Küſter auf die Waſſerfläche,<lb/> ſo dazwiſchen liegt. „Dort,“ ſagte er, „hat einſt<lb/> meiner Eltern Haus geſtanden; aber <hi rendition="#aq">anno</hi> 34 bei<lb/> der großen Fluth trieb es gleich hundert anderen<lb/> in den grimmen Waſſern; auf der einen Hälfte<lb/> des Daches ward ich an dieſen Strand geworfen,<lb/> auf der anderen fuhren Vater und Bruder in<lb/> die Ewigkeit hinaus.“</p><lb/> <p>Ich dachte: „So ſtehet die Kirche wol am<lb/> rechten Ort; auch ohne den Paſtor wird hier<lb/> vernehmentlich Gottes Wort geprediget.“</p><lb/> <p>Der Knabe, welchen Letzterer auf den Arm<lb/> genommen hatte, hielt deſſen Nacken mit beiden<lb/> Aermchen feſt umſchlungen und drückte die zarte<lb/> Wange an das ſchwarze bärtige Geſicht des<lb/> Mannes, als finde er ſo den Schutz vor der ihn<lb/> ſchreckenden Unendlichkeit, die dort vor unſeren<lb/> Augen ausgebreitet lag.</p><lb/> <p>Als wir in das Schiff der Kirche eingetreten<lb/> waren, betrachtete ich mir die alten Bildniſſe und<lb/> ſahe auch einen Kopf darunter, der wol eines<lb/> guten Pinſels werth geweſen wäre; jedennoch<lb/></p> </body> </text> </TEI> [121/0135]
ſtrecketen, wies der Küſter auf die Waſſerfläche,
ſo dazwiſchen liegt. „Dort,“ ſagte er, „hat einſt
meiner Eltern Haus geſtanden; aber anno 34 bei
der großen Fluth trieb es gleich hundert anderen
in den grimmen Waſſern; auf der einen Hälfte
des Daches ward ich an dieſen Strand geworfen,
auf der anderen fuhren Vater und Bruder in
die Ewigkeit hinaus.“
Ich dachte: „So ſtehet die Kirche wol am
rechten Ort; auch ohne den Paſtor wird hier
vernehmentlich Gottes Wort geprediget.“
Der Knabe, welchen Letzterer auf den Arm
genommen hatte, hielt deſſen Nacken mit beiden
Aermchen feſt umſchlungen und drückte die zarte
Wange an das ſchwarze bärtige Geſicht des
Mannes, als finde er ſo den Schutz vor der ihn
ſchreckenden Unendlichkeit, die dort vor unſeren
Augen ausgebreitet lag.
Als wir in das Schiff der Kirche eingetreten
waren, betrachtete ich mir die alten Bildniſſe und
ſahe auch einen Kopf darunter, der wol eines
guten Pinſels werth geweſen wäre; jedennoch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |