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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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den Holländern in die Schule gegangen war;
aber die Schwere meines Gemüthes machte das
bunte Bild mir trübe. Doch war es keine Reu',
wie ich vorhin an mir erfahren hatte; ein seh¬
nend Leid kam immer gewaltiger über mich; es
zerfleischete mich mit wilden Krallen und sah mich
gleichwol mit holden Augen an. Drunten lag
der helle Mittag auf dem wimmelnden Markte;
vor meinen Augen aber dämmerte silberne Mond¬
nacht, wie Schatten stiegen ein paar Zacken¬
giebel auf, ein Fenster klirrte, und gleich wie aus
Träumen schlugen leis und fern die Nachtigallen.
O du mein Gott und mein Erlöser, der du die
Barmherzigkeit bist, wo war sie in dieser Stunde,
wo hatte meine Seele sie zu suchen? -- --

Da hörete ich draußen unter dem Fenster von
einer harten Stimme meinen Namen nennen,
und als ich hinausschaute, ersahe ich einen großen
hageren Mann in der üblichen Tracht eines
Predigers, obschon sein herrisch und finster Antlitz
mit dem schwarzen Haupthaar und dem tiefen
Einschnitt ob der Nase wol eher einem Kriegs¬

den Holländern in die Schule gegangen war;
aber die Schwere meines Gemüthes machte das
bunte Bild mir trübe. Doch war es keine Reu',
wie ich vorhin an mir erfahren hatte; ein ſeh¬
nend Leid kam immer gewaltiger über mich; es
zerfleiſchete mich mit wilden Krallen und ſah mich
gleichwol mit holden Augen an. Drunten lag
der helle Mittag auf dem wimmelnden Markte;
vor meinen Augen aber dämmerte ſilberne Mond¬
nacht, wie Schatten ſtiegen ein paar Zacken¬
giebel auf, ein Fenſter klirrte, und gleich wie aus
Träumen ſchlugen leis und fern die Nachtigallen.
O du mein Gott und mein Erlöſer, der du die
Barmherzigkeit biſt, wo war ſie in dieſer Stunde,
wo hatte meine Seele ſie zu ſuchen? — —

Da hörete ich draußen unter dem Fenſter von
einer harten Stimme meinen Namen nennen,
und als ich hinausſchaute, erſahe ich einen großen
hageren Mann in der üblichen Tracht eines
Predigers, obſchon ſein herriſch und finſter Antlitz
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[114/0128] den Holländern in die Schule gegangen war; aber die Schwere meines Gemüthes machte das bunte Bild mir trübe. Doch war es keine Reu', wie ich vorhin an mir erfahren hatte; ein ſeh¬ nend Leid kam immer gewaltiger über mich; es zerfleiſchete mich mit wilden Krallen und ſah mich gleichwol mit holden Augen an. Drunten lag der helle Mittag auf dem wimmelnden Markte; vor meinen Augen aber dämmerte ſilberne Mond¬ nacht, wie Schatten ſtiegen ein paar Zacken¬ giebel auf, ein Fenſter klirrte, und gleich wie aus Träumen ſchlugen leis und fern die Nachtigallen. O du mein Gott und mein Erlöſer, der du die Barmherzigkeit biſt, wo war ſie in dieſer Stunde, wo hatte meine Seele ſie zu ſuchen? — — Da hörete ich draußen unter dem Fenſter von einer harten Stimme meinen Namen nennen, und als ich hinausſchaute, erſahe ich einen großen hageren Mann in der üblichen Tracht eines Predigers, obſchon ſein herriſch und finſter Antlitz mit dem ſchwarzen Haupthaar und dem tiefen Einſchnitt ob der Naſe wol eher einem Kriegs¬

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/128>, abgerufen am 27.11.2024.