würde ihr eigner Verräther seyn; denn bey der mindesten Berührung der Tafel läßt sich so- gleich eine sanfte liebliche Musik hören, deren Organe man an der Rückseite in dem Unterge- stell des Pults sehen kann. Mehrere kleine, zum Behuf der Schreibmaterialien u. s. w. ein- gerichteter Schubläden, springen ebenfalls bey dem Druck ihrer Federn auf, und schließen sich eben so schnell, ohne daß eine Spur ihres Da- seyns übrig bleibt. Wenn man den Schreibe- tisch in ein Lesepult verwandeln will, so drängt sich aus dem Obertheil eine Tafel hervor, aus welcher sich mit unglaublicher Geschwindigkeit alle Theile eines bequemen und wohleingerichte- ten Lesepults entwickeln. Doch der Mechanis- mus dieses Kunstprodukts, so wie seine äußern Verzierungen, müssen gesehen, nicht beschrieben werden. Der Erfinder bot dieses seltne und merkwürdige Stück der Kaiserinn für zwanzig- tausend Rubel an; aber diese großmüthige Ken- nerinn und Schätzerinn aller Verdienste glaubte mit einer solchen Summe nur die Arbeit be- zahlen zu können: sie bestimmte dem Talent noch ein außerordentliches Geschenk von fünf- tausend Rubeln.
Unter
wuͤrde ihr eigner Verraͤther ſeyn; denn bey der mindeſten Beruͤhrung der Tafel laͤßt ſich ſo- gleich eine ſanfte liebliche Muſik hoͤren, deren Organe man an der Ruͤckſeite in dem Unterge- ſtell des Pults ſehen kann. Mehrere kleine, zum Behuf der Schreibmaterialien u. ſ. w. ein- gerichteter Schublaͤden, ſpringen ebenfalls bey dem Druck ihrer Federn auf, und ſchließen ſich eben ſo ſchnell, ohne daß eine Spur ihres Da- ſeyns uͤbrig bleibt. Wenn man den Schreibe- tiſch in ein Leſepult verwandeln will, ſo draͤngt ſich aus dem Obertheil eine Tafel hervor, aus welcher ſich mit unglaublicher Geſchwindigkeit alle Theile eines bequemen und wohleingerichte- ten Leſepults entwickeln. Doch der Mechanis- mus dieſes Kunſtprodukts, ſo wie ſeine aͤußern Verzierungen, muͤſſen geſehen, nicht beſchrieben werden. Der Erfinder bot dieſes ſeltne und merkwuͤrdige Stuͤck der Kaiſerinn fuͤr zwanzig- tauſend Rubel an; aber dieſe großmuͤthige Ken- nerinn und Schaͤtzerinn aller Verdienſte glaubte mit einer ſolchen Summe nur die Arbeit be- zahlen zu koͤnnen: ſie beſtimmte dem Talent noch ein außerordentliches Geſchenk von fuͤnf- tauſend Rubeln.
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wuͤrde ihr eigner Verraͤther ſeyn; denn bey
der mindeſten Beruͤhrung der Tafel laͤßt ſich ſo-
gleich eine ſanfte liebliche Muſik hoͤren, deren
Organe man an der Ruͤckſeite in dem Unterge-
ſtell des Pults ſehen kann. Mehrere kleine,
zum Behuf der Schreibmaterialien u. ſ. w. ein-
gerichteter Schublaͤden, ſpringen ebenfalls bey
dem Druck ihrer Federn auf, und ſchließen ſich
eben ſo ſchnell, ohne daß eine Spur ihres Da-
ſeyns uͤbrig bleibt. Wenn man den Schreibe-
tiſch in ein Leſepult verwandeln will, ſo draͤngt
ſich aus dem Obertheil eine Tafel hervor, aus
welcher ſich mit unglaublicher Geſchwindigkeit
alle Theile eines bequemen und wohleingerichte-
ten Leſepults entwickeln. Doch der Mechanis-
mus dieſes Kunſtprodukts, ſo wie ſeine aͤußern
Verzierungen, muͤſſen geſehen, nicht beſchrieben
werden. Der Erfinder bot dieſes ſeltne und
merkwuͤrdige Stuͤck der Kaiſerinn fuͤr zwanzig-
tauſend Rubel an; aber dieſe großmuͤthige Ken-
nerinn und Schaͤtzerinn aller Verdienſte glaubte
mit einer ſolchen Summe nur die Arbeit be-
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noch ein außerordentliches Geſchenk von fuͤnf-
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/80>, abgerufen am 03.05.2024.
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